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Neun Monate ohne Strom und Gas: Stiftung Lichtblick hilft

Nach dem Tod seiner Eltern stürzt ein Mann aus Neschwitz in ein tiefes Loch. Er verliert die Kontrolle über sein Leben. Als es fast zu spät ist, naht Hilfe.

Von Ina Förster
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Ralph Hüttner aus Neschwitz lebte zeitweise in seiner Gartenlaube, denn in der Wohnung waren Gas und Strom monatelang abgestellt. Nun ist er dabei, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Auch dank Lichtblick!
Ralph Hüttner aus Neschwitz lebte zeitweise in seiner Gartenlaube, denn in der Wohnung waren Gas und Strom monatelang abgestellt. Nun ist er dabei, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Auch dank Lichtblick! © SZ/Uwe Soeder

Neschwitz. Ralph Hüttner aus Neschwitz ist ein guter Kerl! Er hilft anderen, wo es nur geht. Packt mit an, wenn er gebraucht wird. Ein bisschen ein Mann fürs Grobe, aber gutmütig und voller Wärme. Nur sein eigenes Leben, das hatte er vor einiger Zeit nicht gut im Griff. Aber selbst um Hilfe zu bitten - das kam für ihn nicht infrage. "Ich habe meinen Stolz, vielleicht war das bisschen falsch", sagt er leise.

Hüttner wohnte schon immer mit seinen Eltern in einer Wohnung zusammen. Sie unterstützten sich gegenseitig. Viel Geld war nie da, es reichte aber, um zufrieden zu sein. Doch vor ein paar Jahren nahm das Unglück seinen Lauf. "Erst starb meine Mutter an Krebs, ein Jahr später mein Vater. Auch Krebs. Weg waren sie beide", sagt der 57-Jährige traurig.

Der gestandene Mann verlor den Boden unter den Füßen. "Mein Leben ging im wahrsten Sinne des Wortes den Bach runter, wie man so schön sagt. Ich war mit allem überfordert!" Mietverträge, Daueraufträge, Strom, Gas - darum hatten sich immer die Eltern gekümmert.

Alte Wohnng vergessen, zu kündigen

Nach einer gewissen Zeit merkte Hüttner, dass er nicht mehr in der Wohnung weiterleben konnte und wollte. Zu viel erinnerte ihn an die Verstorbenen. Hier hatte er ihre Krankheit miterlebt. Hier hatte er sie gepflegt. Außerdem sei die Wohnung nun zu groß gewesen. "Ich habe mir in der Nachbarschaft etwas kleineres gesucht", erzählt Ralph Hüttner. So weit, so gut.

Allerdings: Die alte Wohnung wurde nie gekündigt. Oder der Brief kam nicht ordnungsgemäß an. Und so fielen im Laufe der Jahre jede Menge Schulden an. "Das habe ich verdrängt", sagt er. Rechnungen ignorierte er, Briefe machte er gar nicht mehr auf.

Seine Gutgläubigkeit und Gutmütigkeit hatten ihm zudem im Laufe der Zeit allerhand unnütze Versicherungsverträge eingebracht. Ebenso mehrfach abgeschlossene Handyverträge, obwohl er nur ein einziges Telefon nutzte. Irgendwann ging nichts mehr.

"Ich wusste mir einfach nicht zu helfen"

Ralph Hüttner ist gelernter Landwirt. Sein Traumberuf, wie er sagt. Bei einem privaten Bauern in der Nähe hat er sein Auskommen. Früher arbeitete er bei der LPG. "Man wird nicht reich, aber man hat alles, was man zum Leben benötigt", meint der 57-Jährige. Aktuell ist er ganztags zum "Holzmachen im Busch".

Hüttner arbeitet gern und hart. Braucht nicht viel zum Leben. Keinen Luxus, keine Urlaube. Und trotzdem reichte es zwischendurch nicht mal mehr fürs Nötigste. Die unzähligen Zahlungsaufforderungen und Mahnungen hatten Konsequenzen. Als ihm Strom und Gas abgestellt wurden, ertrug er selbst das. "Ich wusste mir einfach nicht zu helfen, hatte den Überblick verloren. War alles so sinnlos", sagt er.

In der Not in den Garten umgezogen

Ganze neun Monate lang lebte er ohne Strom und Gas. Zog in seinen Garten unweit der Wohnung. Hier hat er liebe Gartennachbarn, mit denen er reden kann. Auch sein einziger, aber bester Kumpel Heiko ist ihm geblieben. Die wenigen Menschen um ihn herum bemerkten seine Sorgen nach und nach. Sie waren es auch, die bei der Gemeinde um Hilfe für ihn baten. Denn Ralph Hüttner konnte es nicht. "Ich hatte mittlerweile aufgegeben", erzählt er.

Der Hilferuf landete letztendlich bei Manja Döcke vom Caritasverband Oberlausitz. "Es ging zuerst darum, uns gemeinsam eine Übersicht zu verschaffen, wo es überall im Argen lag", beschreibt sie die Situation. Verträge mussten gekündigt und Schuldnerfragen geklärt werden.

Stiftung Lichtblick half mit 1.000 Euro

Der Energieversorger habe zum Beispiel die komplette Schuldensumme von 1.108 Euro auf einen Schlag haben wollen, ehe Gas und Strom wieder angestellt werden sollten. "Und wir wollten nicht, dass Herr Hüttner in der kalten Wohnung sitzen muss. Nun, wo es Winter wurde", sagt Manja Döcke.

So stellte sie einen Antrag auf eine Zahlung über 1.000 Euro bei der Stiftung Lichtblick. "Ich bin allen so dankbar dafür", sagt Ralph Hüttner. "Diese Hilfe tat so gut. Dass es so etwas überhaupt gibt in der heutigen Zeit."

Weihnachten soll gemütlich werden

Noch liegt ein weiter Weg vor ihm. "Ich habe mein Leben gerade in den Griff bekommen, möchte nicht, dass so etwas noch einmal passiert", sagt Hüttner. So wird er weiter intensiv durch die Schuldnerberatung betreut, damit er nicht wieder in derartige Situationen schlittert.

Jetzt, kurz vor Weihnachten, wiegt die Einsamkeit in der Wohnung doppelt schwer. Verwandte hat der Neschwitzer kaum, einige leben in den alten Bundesländern, haben eigene Sorgen. Zu den Eltern geht er ab und an auf den Friedhof. Doch er schaut nach vorn: "Ich habe mir die Stube weihnachtlich dekoriert, einen Weihnachtsbaum stelle ich auf, und die Räuchermännel rauchen", sagt er. Dass es warm ist in der Wohnung, ist aber das Beste. Am Weihnachtsfeiertag gibt es Ente. Die liegt schon tiefgefroren in der Kühlung. "Mein Weihnachtsgeschenk!"

  • Die Stiftung Lichtblick startet dieses Jahr die 27. Spendensaison für in Not geratene Menschen in unserer Region, die keine andere Unterstützung finden.
  • Die Spenden können Sie mit dem in der heutigen SZ beiliegenden Überweisungsträger oder online überweisen: www.lichtblick-sachsen.de/jetztspenden
  • Der Überweisungsbeleg gilt bis 300 Euro als Spendenquittung. Für größere Überweisungen senden wir bei Angabe einer Adresse eine Quittung.
  • Hilfesuchende wenden sich bitte an Sozialeinrichtungen ihrer Region wie Diakonie, Caritas, DRK, Volkssolidarität, Jugend- und Sozialämter.
  • Die Sächsische Zeitung veröffentlicht automatisch die Namen der Spender. Wer anonym spenden will, vermerkt beim Verwendungszweck „Anonym“.
  • Erreichbar ist Lichtblick telefonisch dienstags und donnerstags von 10 bis 15 Uhr unter 0351/4864 2846, [email protected]; Stiftung Lichtblick, 01055 Dresden. Mehr Informationen: www.lichtblick-sachsen.de
  • Konto-Nummer: Ostsächsische Sparkasse Dresden, BIC: OSDDDE81, IBAN: DE88 8505 0300 3120 0017 74