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Bautzner diskutieren über das Bürgerforum

Das Forum „Zurück zur Sachlichkeit“ liegt schon mehrere Tage zurück. Doch es bewegt Bürgerinnen und Bürger nach wie vor.

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Hunderte Menschen waren am 8. Februar in die Maria-Martha-Kirche gekommen.
Hunderte Menschen waren am 8. Februar in die Maria-Martha-Kirche gekommen. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Hunderte Bautzener verfolgten am 8. Februar das Bürgerforum in der Maria-und-Martha-Kirche.  Bloggerin Annalena Schmitdt und Bauunternehmer Jörg Drews wollten hier miteinander, aber auch mit Bautzenern sprechen. Und nach wie vor diskutieren Leser auf Facebook oder teilen uns ihre Meinungen per E-Mail mit. 

Demokratie lebt vom Kompromiss

Cornelia Böttner, Bautzen. Vieles wurde schon geschrieben, doch eine Reflexion einer zugezogenen Bautzenerin, die in der Maria-Martha-Kirche war, möge noch erlaubt sein. Zunächst war viel Hoffnung auf einen Abend des Dialogs beim Anblick der vielen Mitmenschen. Doch die Reaktionen beim Zitat des Grundgesetzes zu Meinungs- und Pressefreiheit machten sichtbar, was auch im Laufe des Abends bei einigen „Dialogsuchenden“ am Tisch und in den Sitzreihen deutlich wurde. Empathie und Wertschätzung dem Andersdenkenden gegenüber sind augenscheinlich für einige Mitmenschen Fremdwörter. Sie sind weder bereit noch willens, dem Gegenüber zumindest diese beiden Grundvoraussetzungen für einen vernünftigen Dialog entgegenzubringen.

Zurück zur Sachlichkeit: Es waren Tatsachen, die zur „braunen“, problematischen Außenwahrnehmung von Bautzen geführt haben. Menschen anderer kultureller oder örtlicher Herkunft oder mit einer anderen Meinung wurden zu Adressaten von Herabwürdigungen. Eigentum und körperliche Unversehrtheit wurden in Mitleidenschaft gezogen. Erinnert sei an den Dachstuhlbrand am Husarenhof, die Molotow-Cocktails auf das Spreehotel, die Hetzjagd vom Kornmarkt. Es waren Bautzener Bürger, die in großer Mehrheit dagegen aufstanden unter dem Motto: „Vielfalt statt Einfalt“ oder „Bautzen bleibt bunt!“

Ich lebe erst oder schon seit über 25 Jahren in Bautzen, habe zwei Kinder groß gezogen und bin seit meinem Zuzug für das Gemeinwesen aktiv. Aber ist das von irgendeiner Bedeutung für irgendwelche Tatsachen oder Meinungen? Sein Gegenüber auf seine Leistung für die Gesellschaft zu reduzieren, zeugt von einem, für mich jedenfalls, einseitigen und oberflächlichen Menschenbild. Jeder Mensch ist wertvoll und wichtig, und jeder hat das Recht und die Pflicht, sich in die Gemeinschaft einzubringen.

Annalena Schmidt war mutiger als viele der Zwischenrufer aus der anonymen Masse. Sie hielt den Bautzenern an diesem Abend einen Spiegel vor: Die Sicht von Bautzen wird geprägt von uns allen! Können wir nicht einfach dankbar sein für das mitunter unterschätzte Glück, in einem auf die Würde eines jeden einzelnen Menschen gegründeten, freiheitlich demokratischen, sozialen Rechtsstaat in Frieden zu leben und dafür etwas tun zu dürfen?

Ohne den Einfluss von außen ist eine Gesellschaft auf Dauer nicht überlebensfähig. Wir haben es in der Hand, jeder Einzelne. Die Welt verändert sich auch ohne uns. Lassen Sie uns doch bitte daran positiv mitarbeiten, dass jeder in ihr leben kann! Das sind wir unseren Kindern schuldig. Demokratie lebt vom größtmöglichen gemeinsamen Nenner, das heißt vom Kompromiss. Das gelingt nur im Dialog, dazu brauchen wir gegenseitige Wertschätzung und Empathie. 

Wer sich nicht an Regeln hält, kann nicht mitspielen

Bernd Ringhof, per Mail: Ja, selbstverständlich sollen in einem Diskurs verschiedene Meinungen vertreten werden – sonst ist es ja keiner. Aber für diesen Diskurs gibt’s eben auch Regeln. Sachlichkeit ist eine davon. Und da gehören eben Pöbeleien, Schreierei und das beliebte „Dann geh’ doch wieder dahin, wo Du her gekommen bist!“ einfach nicht dazu. Denn wer von uns die Weisheit mit dem Löffel gefressen hat, wissen wir frühestens in Jahrzehnten. Und das gilt für alle Beteiligten. Sicher fällt es manchmal schwer, in einer Diskussion sachlich zu bleiben – unbeschadet des politischen Standpunktes. Aber wer sich an die Regeln nicht halten kann oder das nicht will, kann eben nicht weiter mitspielen. Beim Fußball gibt’s dafür den Schiedsrichter. 

Hass, Neid und Geld – nein danke

Thomas Fiebiger, Bautzen: Für den Beitrag „Alles braun oder was?“ möchte ich Anna Veronika Wendland ganz besonders danken. Sie schrieb mir aus meinem tiefsten Herzen. Die Zeitschrift „Denkste mit“ ist in jeder Form hinterhältig, von Herrn Drews finanziert und hat eine sehr AfD-freundliche Redaktion. Als Inhaber des Kontrapunkt Satzstudios möchte ich hiermit einem Gerücht entgegentreten: Ich habe nichts mit der Printausgabe von „Denkste mit“ zu tun. Darin geht es um Neid, Hass und Geld. Nein danke! Herrn Karsten Vogt danke ich für seine besonnenen Worte in der Maria-und-Martha-Kirche. 

Ist das Eintreten für Demokratie Besser-Wessi-Propaganda?

Birgit Kieschnick, Bautzen: Annalena Schmidt ist Aktivistin. Für sie ist das Eintreten für die freiheitlich demokratische Grundordnung eine normale und logische Sache. Auch das Anmelden von Demonstrationen gehört dazu. Dies wird von denen, die das „Volk“ vertreten als Besser-Wessi-Propaganda angeprangert, obwohl sie das Recht auf Meinungsfreiheit in Form von Demonstrationen für sich auch nutzen. Ja, gerade wir im Osten sind da leicht empfindlich und fallen auf diese Art des Madigmachens der Demokratie herein, weil wir damals gezwungen wurden, an Demos teilzunehmen, sonst stand das nämlich im Zeugnis. Zwei Seiten stehen sich gegenüber, und jede beschuldigt die Gegenseite der „Propaganda“. Für mich ist aber klar, dass die Seite, welche die „jüdische Weltverschwörung“ in die Welt posaunt, die für unsere Stadt gefährlichere ist. Dieses Gedankengut führte einst zum Zivilisationsbruch, in den Holocaust.

Im Artikel von Frau Wendland steht auch dieser Satz: „Mutig ist es, als Oberbürgermeister entgegen einer bizarren Frieden-mit-Russland-Stimmung (als ob wir 2014 in Russland einmarschiert wären, und nicht Russland in der Ukraine) zu entscheiden, den Verschwörungs-Schwurbler Wimmer nicht noch durch amtliche Anwesenheit bei einer Preisverleihung aufzuwerten.“ Doch da fehlt einfach Hintergrundwissen. Und auch der Aussage von SPD-Stadtrat Roland Fleischer, dass der OB den Finger in die Wunde gelegt hat, seit er im Amt ist, kann ich keinesfalls zustimmen. Der OB selbst war durch seine zurückliegenden Auftritte Teil der Veranstaltungen der Initiative „Bautzner Frieden“. Er hat die Szene, welche antisemitische Verschwörungsideologien verbreitet, also selbst aufgewertet und über Jahre erstarken lassen.

Ein Hoffnungszeichen in der Maria-und-Martha-Kirche

Steffi Hoffmann, Bautzen: Maria Montessori denkt das Kleine groß. Für sie steht und fällt die Geschichte der Menschheit damit, wie es uns gelingt, in Frieden miteinander zu leben. Als bischöfliche Schule, die nicht nur Montessoris Namen trägt, sondern auch in ihrem Sinne lehren und handeln möchte, sehen wir uns in der Verantwortung, dass unsere Schule ein „Haus des Friedens“ ist. Wer von klein auf lernt, Konflikte miteinander zu lösen, dem fällt es auch als Erwachsenem leichter, anderen mit Respekt zu begegnen und ihre Würde zu achten.

So war es für uns ein besonderer Moment, als wir vergangenen Freitag in der Maria-und-Martha-Kirche traditionell unseren Halbjahresgottesdienst gefeiert haben. Genau an dem Ort, an dem es eine Woche zuvor so schwierig war, „zurück zur Sachlichkeit“ zu kommen, ein Abend, der für viele in unserer Stadt aufwühlend und auch verstörend war. Nun also kamen 200 Schüler, Lehrer und einige Eltern zusammen, um „den Frieden zu suchen und ihm nachzujagen“, wie es die evangelische Jahreslosung weist. Die Streitschlichter unserer Schule haben diese Feier wesentlich mitgestaltet. Das war ein Hoffnungszeichen: Seit 20 Jahren können Kleine an unserer Schule lernen, und wir setzen darauf, dass diese Arbeit Frucht trägt und sie auch als Große fähig sind, unser gesellschaftliches Miteinander positiv zu gestalten und eine würdige, konstruktive Streit- und Debattenkultur zu pflegen. 

Diskussionskultur ist erlernbar

Wilfried Rosenberg, Bautzen: Ja, dieses Forum war ein weiterer Baustein zum Negativimage von Bautzen. Das ist auch für mittelständische Unternehmer im gesamten Umland verheerend. Ich meine: Eine Gesellschaft ist immer inhomogen – nur, dass das heute über die sozialen Medien an die Öffentlichkeit tritt, was früher an den Stammtischen stattfand. Das kann schon erschrecken und löst auch Betroffenheit aus. Wirkliche Demokratie hält das aus! Aber vielleicht braucht es diese Betroffenheit, braucht es das Luftablassen, worauf jetzt endlich ein wirklicher Dialog bauen kann, den ich schon seit Jahren anmahne! Die Fish-Bowl-Methode ist eigentlich geeignet, nur die am Abend vorgegebenen Spielregeln konnten nicht funktionieren, wenn da nicht wirklich die Diskutanten zusammen kommen. Aber das ist erlernbar! Wir dürfen auch nicht die Augen vor den wirklichen Ursachen verschließen und diese liegen nicht bei Frau Schmidt und Herrn Drews. Das „Wie miteinander umgehen“, muss an konkreten Themen festgemacht werden; von: Was heißt Rechtsstaat? Aber auch bei den Themen Krone, Spreebrücke oder Leitbild? Oder: Warum sind in unserer heutigen Gesellschaft die Gewinne der Unternehmer verantwortlich für den Wohlstand der Gesellschaft, der Region? Es braucht einen vorparlamentarischen Dialog, der verschiedenste gesellschaftliche Gruppen, ohne Ausschluss der Öffentlichkeit, an den Tisch bringt, die sich aber nicht an den Parteien festmachen darf, sonst sind wir wieder im Rechts-Links-Schema. Aus großen Debatten (Kornmarktcenter/Westtangente ) ist Bautzen immer gestärkt herausgekommen. Wir müssen den Mut haben zügig weiterzumachen! Dann entsteht ein Prozess zum Guten und das wird unseren Stolz auf Bautzen entwickeln, uns Lorbeeren einbringen und zeigen, wir haben gelernt; unsere Leistungsfähigkeit ist besser als unser Ruf!

Keiner weiß Bescheid, aber alle haben Recht

Edith von Wolffersdorff, Bautzen: Ich wollte Frau Schmidt und Herrn Drews kennenlernen. Das Interesse war nicht nur bei mir groß, deshalb vielen Dank, dass die Kirche zur Verfügung gestellt wurde. Der Moderator und OB Ahrens haben es erreicht, dass die Veranstaltung mehr und mehr geordnet verlaufen konnte und viele zu Wort kommen konnten. Solche Diskussionen sollten in Vorbereitung der Wahlen öfter stattfinden. Bautzen ist keine Ausnahme, die Stimmung entspricht dem Motto des Kabaretts „Herkuleskeule“: „Allen geht es gut, aber allen geht es schlecht, keiner weiß Bescheid, aber alle haben Recht!“ 

Meinung der Bevölkerung zählt sowieso nicht

Wolfgang Hentschel, per E-Mail: Dem Beitrag von Manuela Kiupel (weiter unten) kann ich in vollem Umfang zustimmen, und er spricht wohl einem sehr großen Teil der Bevölkerung aus dem Herzen. Jetzt, kurz vor einigen Wahlen, werden große Änderungen in Aussicht gestellt, um sich in den Vordergrund zu schieben. Und die Herren Schilling und Fleischer sollten sich erst mal für die Politiker schämen, die bei Fernsehgesprächsrunden anderen ins Wort fallen und deren Ausführungen damit beenden. Aber lieber soll ja die Bevölkerung ausgeschlossen werden, denn ihre Meinung zählt ja sowieso nicht! In dem Zusammenhang muss ich sogar den Aussagen der AfD auf der gleichen Seite der SZ zustimmen.

Mehr inhaltlicher Austausch über Gräben hinweg

Reinhard Schade, Bautzen: Zurück zur Sachlichkeit bedeutet für mich, dass jemand offen und ehrlich seine Positionen darstellt und erläutert und darüber diskutiert wird. Damit meine ich nicht mitzuteilen, wie man über jemand anderen denkt und was man von ihm hält, sondern die argumentative Auseinandersetzung über ein Thema ohne gegenseitige Schuldzuweisungen. Wie schwer das ist, konnte man am 8. Februar erleben. Dadurch sollten sich die Bautzener nicht entmutigen lassen. Mir erscheint es sinnvoll, wie angekündigt, weitere Diskussionsveranstaltungen durchzuführen, und zwar - wie vorgesehen - zu verschiedenen Themen. Fronten auflösen und Gräben überwinden ist nur möglich, wenn man sich inhaltlich austauscht über die gegenseitigen Positionen, ohne sein Gegenüber für seine andere Vorstellung zu schelten. Ein Versuch ist es wert.

Ein richtiges Gespräch braucht Mut und Disziplin

Jonas Weiß, Bautzen: Ich finde es wichtig, dass unser Oberbürgermeister die Veranstaltung initiiert und dass die Kirche einen Raum dafür zur Verfügung gestellt hat. Freilich ist das Ergebnis eher ernüchternd. Zumindest war das keine Diskussion. Es wurden Statements abgegeben, die allesamt das Auditorium in der Kirche nutzten und entsprechend emotionale Wirkung erzielten. Ein Gespräch geht anders. Warum fällt es so schwer, Fragen zu stellen, auf Antworten zu hören, sich selbst infrage stellen zu lassen? Die Veranstaltung hatte das Potenzial dafür. Aber gerade bei undisziplinierten Rednern braucht es eine feinfühlige, aber stringente Gesprächsführung. Es ist zwar nicht sportlich fair, auf den Schiedsrichter zu schimpfen, aber der hat eben doch einen großen Anteil am Spielverlauf. Bei der Rolle des Moderators war viel Luft nach oben. Vielleicht muss man auch die Regeln überdenken. Jedenfalls wird ein Gespräch unmöglich gemacht, wenn Teilnehmer das Mikrofon nehmen, Frust ablassen und sich danach gleich wieder zurückziehen. Mein Fazit: Die Veranstaltung war gut und richtig. Aber für ein wirkliches Gespräch braucht es bei allen Beteiligten noch mehr Mut und Disziplin.

Einer zivilisierten Gesellschaft einfach unwürdig

Hans-Eberhard Kaulfürst, Sohland: Als ehemaligem Bautzener ist es mir Leid um meine Stadt. Ein Teil der Leute in der Kirche wähnte sich, scheint´s, bei einem Gladiatorenkampf. Entsprechend war das Verhalten: einer zivilisierten Gesellschaft unwürdig. „Miteinander reden“ hört sich anders an. Die Betroffenheit derer, die nahezu ohnmächtig den offenkundigen Beweis für den Verfall der Sitten miterlebten und darüber schreiben oder erzählen, verstehe ich absolut. Gegen Respekt- und Herzlosigkeit, verbunden mit einer Heckenschützenmentalität, ist auch Bautzen nicht immun. Zeigt sich hier schon jenes alternative Deutschland, das wir sein oder werden sollen – oder gar wollen? Aber: Wer kennt die Therapie? Reflexartig dem politischen Gegner die Schuld zu geben, ist irrig. Für den Wahlkampf taugt das Thema hervorragend – als Gift! Mein Appell an uns, die christlichen Abendländer und an die, die sich an Häme und Johlen nicht stören: Ein Grundsatz unseres Zusammenlebens lautet: Was du nicht willst, das man dir tu´, das füg´ auch keinem andern zu!

Von Meinungsaustausch und Offenheit keine Spur

Bernd Jänichen, per E-Mail: Ich bin entsetzt, was sich in meiner Geburtsstadt, in der ich auch aufgewachsen bin, abspielt. Der Hass, die Unerzogenheit, das mangelnde Benehmen, der mangelnde Anstand sind schier grenzenlos. Was ist da nur los? Auf den Hinweis auf Pressefreiheit wird johlend gegrölt. Welchen Verschwörungstheorien sind die Sachsen da nur aufgesessen? Abweichende Meinungen werden niedergebrüllt. Von Offenheit, Meinungsaustausch mit Andersdenkenden, ja nur Respektieren anderer Meinungen keine Spur. Es ist entsetzlich, auch wenn es - hoffentlich! - keine repräsentative Mehrheit der Bautzener war. Das kann nichts damit zu tun haben, dass es Meinungsverschiedenheiten zwischen Stadtrat und Stadtspitze gibt. Das gibt es deutschlandweit. Das gehört zur demokratischen Meinungsbildung. Besonders schlimm empfinde ich die Aufforderung „Geh weg!“ Haben nur Alteingesessene oder am besten nur in Bautzen Geborene das Recht zu diskutieren? Schon vor 60 Jahren hat mein Vater darüber geschimpft, dass eigentlich nur in Bautzen Geborene angesehen und anerkannt werden. Hat sich da nichts geändert? Sind diese Jahre an den Ewiggestrigen spurlos vorbeigegangen? In kleinen abgeschiedenen Dörfern in Niedersachsen oder Bayern mag das vielleicht angehen, aber doch nicht in einer Stadt wie Bautzen! Wie provinziell ist das denn? Dieses völlig anstandslose Benehmen kann auch nicht mit DDR-Zeit erklärt werden. In DDR-Zeiten wurde mir schon in der Schule Anstand und Benehmen beigebracht. Das Grölen, Ausbuhen, Niederbrüllen hat nichts mit freier Meinungsäußerung zu tun. Es ist einfach nur primitiv und niveaulos und ohne Achtung vor dem Gegenüber. Dem Renommee von Bautzen kann auch durch „westliche“ Medien nicht mehr geschadet werden angesichts dieser Haltung und dieses Verhaltens Bautzener Bürger.

Primitives Schwarz-Weiß-Bild von Bautzen

Jens Reime, Bautzen: In der Kirche am 8.2. wurde überdeutlich, welche Wut und welcher Hass sich seit Jahren gegen die Wissenschaftlerin aus vielen Gründen aufgestaut haben müssen! Liest man ihre Tweets, wird deutlich, warum: Aus der ehemaligen Stasihochburg nach 40 Jahren DDR ist anscheinend ein braunes Nest geworden. Nazis und Rechtsextreme an jeder Ecke und die SED-Linken jubeln. Mit ihren beliebten Floskeln wie „stabile Menschen“ oder „schweigende Mitte“ zeichnen sie ein primitives Schwarz-Weiß-Bild von ihren Mitbürgern. Wer all das ignoriert, legt eine unfassbare Arroganz an den Tag und hat natürlich erst recht im Stadtrat nichts zu suchen. 

Und noch etwas: Geradezu bösartig und verächtlich machend ist der mediale Versuch zu unterstellen, es wurde von allen über Art. 5 Grundgesetz gelacht und gepfiffen. Vereinzelt und nicht durch alle ab der Lesung des Zensurverbotes wurde über ihr Zitat gelacht. Mit Sicherheit fühlten sich Einzelne von ihr seit Jahren zensiert und bevormundet. Offenbar hat sie Herrn Drews am Anfang auch nicht zugehört, als er kritisierte, dass sie bestimmte Personen aus Bautzen als „gesellschaftlich nicht anerkannt“ betitelte. Solch anmaßende gesellschaftliche Werturteile provozieren selbstverständlich Reaktionen.

Was bleibt nach diesem Abend ist die Erkenntnis, dass es für die Protagonisten in den sozialen Medien offenbar leichter ist, Kommentare abzusetzen, als im direkten Kontakt konkrete Themen anzusprechen und sich mit Argumenten inhaltlich auseinanderzusetzen. Mutig war es von Frau Schmidt, die aus ihrer Sicht wichtigen Dinge anzusprechen und vorzutragen. Leider kam hierüber aber kein Dialog zustande.

Ich bin der Überzeugung, dass man örtliche Probleme im direkten Gespräch mit bzw. nur mit den Bürgern von Bautzen lösen kann – gern auch mit Frau Schmidt und Herrn Drews. Lediglich ein untauglicher Versuch ist es aber, diese allein für sich überregional zu publizieren, undifferenziert zu bewerten, sich dafür Beifall von den Falschen abzuholen, ohne das Problem zu lösen und so eine ganze Stadtgesellschaft außen vor zu lassen, zu brüskieren und in Einzelfällen zu diffamieren.