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Bebauungsplan zur Friedensburg gekippt

Das Oberverwaltungsgericht in Bautzen hat ein Urteil gefällt – aber letztlich das Wesentliche umgangen.

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© Norbert Millauer

Von Peter Redlich

Radebeul. Die Widersprüche könnten nicht größer sein an der Oberen Burgstraße 6. Drinnen in der Friedensburg der pure Luxus. Am Eingang das Bauzauntor. Das eine wie das andere drückt die derzeitige Situation aus. Der Luxus steht für den Willen des Besitzers, hier Wohnen für gut Betuchte zu verwirklichen. Der Bauzaun steht für die unentschiedene Lage im Streit zwischen der Stadt Radebeul und Oliver Kreider, dem Besitzer des Gebäudeensembles über den Radebeuler Weinbergen in Niederlößnitz.

Drinnen hat sich der Besitzer luxuriös eingerichtet.
Drinnen hat sich der Besitzer luxuriös eingerichtet. © Archiv/Arvid Müller
Draußen zeigt das Eingangstor aus Bauzäunen an der Oberen Burgstraße an, dass hier noch der Streit mit der Stadt offen ist, weshalb hier nicht zu Ende gebaut wurde.
Draußen zeigt das Eingangstor aus Bauzäunen an der Oberen Burgstraße an, dass hier noch der Streit mit der Stadt offen ist, weshalb hier nicht zu Ende gebaut wurde. © Norbert Millauer

Am gestrigen Donnerstag bekam der Streit, ob es denn nun die Edelwohnanlage sein soll oder eine Gaststätte, neue Seiten in die seit über zehn Jahren anwachsende Aktenordnerzahl geschrieben. Am Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen saßen die Richter wieder einmal über den Gutachten, die in den letzten Jahren angefertigt worden sind.

Letztlich sollen sie entscheiden, ob dem Besitzer, so der Wille der Stadtverwaltung und des Stadtrates, ein gastronomisches Betreiben der Friedensburg wirtschaftlich zuzumuten ist oder nicht. Vorgeschrieben wird das über einen Bebauungsplan der Stadt, der für diesen Bereich Gastronomienutzung anzeigt. Das Kuriose an der Geschichte: Der Besitzer vor Oliver Kreider hatte seinen Bauantrag einst damit begründet, hier eine Gaststätte zu etablieren. Zwar nur mit 24 Plätzen im Bauantrag aufgeschrieben, aber eben Gastronomie. Ziemlich schnell hatte er es sich aber anders überlegt. Vor allem, weil er das von ihm sanierte und modernisierte Ensemble eigentlich wieder verkaufen wollte. Für über drei Millionen Euro stand das Anwesen damals auf einem Angebotsportal im Internet. Für wesentlich weniger hat es Kreider erworben, als der vorherige Eigner in finanzielle Nöte gekommen war.

Der Unterschied im Wert zwischen Gasthaus und Edelwohnungen mit Elbtalblick macht mindestens zwei Millionen Euro aus. Eins der letzten Gutachten bestätigt das. Lediglich 500 000 Euro seien zu erzielen, wenn die Friedensburg als Gasthaus auf den Markt käme.

Illuster sind auch die Ergebnisse, welche aus den Gutachten zu lesen sind. Weil ein Gutachter anfangs lediglich die im damaligen Bauantrag aufgeführten 24 Restaurantplätze zur Berechnungsgrundlage für das Haus nahm, kam er freilich zu dem Ergebnis: Aufwand und Nutzen lohnen sich nicht. Das letzte Gutachten, vom Gericht bestellt, legte 75 Plätze zugrunde. Auch da kam noch das Ergebnis unwirtschaftlich heraus. Radebeuls OB Bert Wendsche (parteilos) dazu: „Wir bezweifeln dieses Gutachten.“

Die Stadt hält mit einem eigenen Gutachten dagegen und führt einen Vergleich mit dem Spitzhaus in ähnlicher Lage an. Rund 150 Plätze sind es dort. Und der Betreiber zählt obendrein Pacht an die Stadt, so Wendsche bereits vor dem gestrigen Verhandlungstag.

Am Vorabend zum gestrigen Verhandlungstag wurde dann auch die Sicht der Stadt als neuerliches Papier eingereicht. Wendsche sagt, man sehe sich in der Ansicht bestärkt, weil der Stadt von einer Fachfrau, auf deren Erkenntnisse sich der Gutachter des Gerichts gestützt hatte, zu verstehen gegeben worden war, dass die Methode des Herangehens nicht richtig gewesen sei.

Das wiederum sieht die Anwältin des Friedensburgbesitzers, Jana Neumann, freilich anders. „Die Stadt rechnet unter anderem vor, dass hier 365 Tage im Jahr täglich 142 Gäste vorfahren und konsumieren müssten, damit eine Gaststätte wirtschaftlich ist. Hier sind aber allenfalls nur 22 Stellplätze vorhanden“, so Neumann. Außerdem nennt die Anwältin Ausführungen des Gerichts, wonach darauf verwiesen worden sei, dass das Areal im Landschaftsschutzgebiet liegt und dort ein solcher Verkehr ohnehin zu mehr Belastung führe.

Am Ende entschied das Gericht jedoch gar nicht zu den Argumenten zur Wirtschaftlichkeit. Und fällte dennoch ein Urteil. Gerichtssprecher Thomas Ranft: „Der Bebauungsplan der Stadt Radebeul ist für unwirksam erklärt worden.“ Und zwar deshalb, weil der B-Plan mit Angaben zu Stellplätzen neben der Gaststätte fortgeschrieben, dies aber noch nicht per Auslegung, wie nötig, den Bürgern der Stadt zur Kenntnis gegeben wurde.

Ranft bestätigt, dass das Thema Landschaftsschutzgebiet vom Gericht erörtert wurde, aber auf den Entscheid keinen Einfluss hatte. Jetzt, so der OVG-Richter, gibt es drei Möglichkeiten: Die Stadt Radebeul akzeptiert das Urteil. Sie geht dagegen beim Bundesverwaltungsgericht in Revision. Oder, sie stellt einen neuen Bebauungsplan auf. Gegen den dann wieder geklagt werden könnte.

OB Wendsche sagte als erste Reaktion nur: „Wir warten jetzt die Begründung des Gerichts zum Urteil ab und werden dann entscheiden.“