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Begeisterte Fanatiker

Wenn einheimische Athleten antreten, flippen die Brasilianer völlig aus – und machen den Gegner nieder. Ist das fair?

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Haben Sie das auch gesehen, das Spiel der deutschen Handballer gegen Brasilien? Sportlich ganz sicher nicht hochkarätig. Dafür war das, was auf den Tribünen abging, umso krasser. Solche ekstatisch-fanatischen Zuschauer – unglaublich und vor allem: unglaublich unfair. War das noch pure Begeisterung oder schon übersteigerter Nationalismus?

Mit leidenschaftlicher Freude über die unerwartet starke Leistung der eigenen Mannschaft hatte das Verhalten nichts mehr zu tun. Und erst recht nicht mit den viel gepriesenen, bei der Eröffnungsfeier erst wieder beschworenen Werten der olympischen Bewegung. Freundschaft, Höchstleistung und Respekt lauten die. Nun muss man Ersteres wohl etwas vernachlässigen, wenn Zweites gelingen soll.

Respektlosigkeit aber und damit mangelnde Fairness geht gar nicht, Stichwort Vorbildwirkung. Weshalb sich nun das Internationale Olympische Komitee eingeschaltet hat. Szenen wie beim Handball gibt es schließlich auch regelmäßig beim Beachvolleyball, Judo, Tischtennis, eigentlich immer dann, wenn sich brasilianische Sportler im direkten Duell befinden – nicht aber beispielsweise beim Schwimmen. Und fairerweise muss man auch sagen, dass Außenseiter gern bejubelt werden.

Man wolle trotzdem versuchen, mit den Menschen über die sozialen Netzwerke ins Gespräch zu kommen und Leidenschaft und gutes Benehmen in ein Gleichgewicht zu bringen, teilten die Gralshüter der fünf Ringe jetzt mit und sprechen von einem Prozess der Annäherung. Da haben sie sich mal ordentlich was vorgenommen.

Andererseits muss man irgendwie Verständnis haben – wenn südamerikanisches Temperament, Sportbegeisterung und das weltweit wichtigste Sportereignis aufeinandertreffen, noch dazu erstmals auf dem eigenen Kontinent. Immer nur den Erzfeind Argentinien auszupfeifen, wird auf Dauer ja auch langweilig.