Dresden. Der Aufschwung am Arbeitsmarkt in Sachsen kommt jetzt zunehmend auch Menschen mit schwerer Behinderung zugute. Nach Angaben der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit in Chemnitz waren im Oktober landesweit 8926 schwerbehinderte Menschen ohne Job. Das sind 964 weniger als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres - ein Minus von fast zehn Prozent. In den vergangenen zwölf Monaten habe sich die Situation für diese Menschen deutlich verbessert, sagt Agenturchef Klaus-Peter Hansen. „Der Rückgang ist auf den guten Arbeitsmarkt, wirksame Fördermaßnahmen, aber auch demografische Effekte zurückzuführen.“ Bis Oktober 2015 war die Zahl bei mehr als 10 000 lange nahezu konstant geblieben.
2015 gab es laut Arbeitsagentur 115 844 schwerbehinderte Frauen und Männern in Sachsen im arbeitsfähigen Alter. Vom allgemeinen Rückgang der Arbeitslosigkeit hätten diese bisher kaum profitiert, hieß es. Im vergangenen Jahr aber seien viele von ihnen bei Zeitarbeitsfirmen, dem Handel, in wirtschaftsnahen Dienstleistungen, im verarbeitendem Gewerbe, in Pflege- und Sozialberufen, in der Logistikbranche oder auch im öffentlichen Dienst untergekommen.
Dennoch beschäftigen die Unternehmen laut Hansen noch zu wenige behinderte Menschen. Dabei seien sie gut ausgebildet und in fast allen Branchen einsetzbar von Objektschutz, Büro- oder Sekretariatsberufen über Hausmeisterdienste und Fahrzeugführer bis zu Sozialarbeits- und Heilerziehungsberufen oder der Hotellerie. Etwa 80 Prozent von ihnen hätten einen Berufsabschluss oder eine akademische Ausbildung.
Laut Gesetz sind Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigten verpflichtet, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit behinderten Menschen zu besetzen. In Sachsen wären das 2014 insgesamt 40 902 Stellen gewesen, tatsächlich waren es aber nur 35 995. Das entsprach einer Quote von 4,2 Prozent. Damit lag Sachsen zusammen mit Sachsen-Anhalt (3,6 Prozent), Rheinland-Pfalz (4,1 Prozent) und Hamburg (4,2 Prozent) im bundesweiten Vergleich auf einem der hinteren Plätze. Nur die Arbeitgeber aus Berlin (5,5 Prozent), Hessen (5,3 Prozent), Nordrhein-Westfalen (5,2 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (5,1 Prozent) erfüllten die Beschäftigungspflicht.
Um mehr Menschen mit Behinderung in Arbeit zu bringen, hat das Sozialministerium im Frühjahr ein spezielles Programm aufgelegt. Prämien bis zu 5000 Euro gibt es demnach für Arbeitgeber, die Menschen mit Behinderung einstellen oder ausbilden. „Das Programm ist gut angelaufen“, hieß es im Ministerium. Bis Ende September seien 22 Ausbildungs- und 80 Arbeitsplätze in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes geschaffen worden. Laut Sozialministerin Barbara Klepsch (CDU) müssten noch Barrieren abgebaut werden. „Vor allem in den Köpfen.“ Behinderte Menschen seien nicht nur gut ausgebildet, sondern auch hochmotiviert.
Speziell für Menschen mit Behinderung gibt es in Sachsen 60 Werkstätten, in denen Ende 2015 laut Landesarbeitsgemeinschaft 17 669 Männer und Frauen beschäftigt waren. „Die Auslastung liegt zwischen 96 Prozent und 100 Prozent“, sagt Geschäftsführerin Jacqueline Drechsler. „Wartelisten gibt es nur in Ausnahmefällen.“ Angeboten würden Tätigkeiten von Wäscherei über Küche, Tischlerei und Pulverbeschichtung bis zum Garten- und Landschaftsbau. Es gebe auch einfachere Konfektionierungs- und Montagearbeiten. Der Übergang von einer Werkstatt in den regulären ersten Arbeitsmarkt gelinge den Menschen jedoch nur sehr selten.
Der Lebenshilfe-Verein in Stollberg will anbauen, eine neue Werkstatt für 120 Arbeitsplätze soll entstehen. In den jetzigen Werkstätten arbeiten schon 350 Menschen in Bereichen wie Elektromontage, Metall, Holz, Hauswirtschaft, Landschafts- und Gartenbau, Textilverarbeitung, der Logistik. Die Aufträge kämen unter anderem von Autozulieferern aus der Region, berichtet eine Mitarbeiterin. „Die Nachfrage hat immer mehr zugenommen. Deshalb jetzt der Neubau.“ 2018 soll alles fertig sein.(dpa)