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Bei Riesenkröten und Söldnern

Den Kamenzern wurde bei der Museumsnacht einiges geboten. Die unerwarteten Einblicke in die Natur wie in die Geschichte konnten durchaus faszinieren.

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© Julemarie Vollhardt

Von Julemarie Vollhardt

Kamenz. Am vergangenen Samstag war die Nacht der Kirchen und Museen. Ab 18 Uhr wurde den Besuchern einiges geboten, wozu man nur selten die Chance bekommt. Auch ich habe diese außergewöhnliche Gelegenheit genutzt, und mich in die Stadt auf die Suche nach einmaligen Gelegenheiten begeben.

So schwer war der Frosch

Bereits im Museum der Westlausitz, wurde ich fündig. Anzutreffen war der Amphibienexperte Holger Wrzesinsky mit seinen Riesenkröten, Molchen und Unken. Der freundliche Mann mit der ungewöhnlichen Leidenschaft zeigte seinen Gästen wahre Naturwunder. Zum Beispiel einen Spanischen Rippenmolch, dessen Rippenspitzen sich wie Stacheln bis an – und manchmal sogar durch die Haut bohren. Auch mit seinem nächsten Exemplar führte uns Holger Wrzesinsky die Genialität und den Einfallsreichtum der Natur vor Augen. Er zeigte uns einen Schmuckhornfrosch. Als das Tier bei dem Versuch, nach außen zu gelangen, gegen die Scheibe des Terrariums sprang, hörte man nur ein dumpfes Geräusch – so schwer war der Frosch. Dieses Prachtexemplar wird nicht mit Heuschrecken oder Regenwürmern gefüttert, sondern mit Mäusen und jungen Ratten. Manche Besucher ekelten sich und mussten sich abwenden, ein älterer Herr fand den Frosch wunderschön und wollte sich am liebsten sofort einen Eigenen zulegen.

Nach einer Stunde des faszinierten Zuhörens und Staunens ging ich weiter zum Roten Turm. Davor hatten sich ein Dutzend Mitglieder des Vereins der Oberlausitzer Landsknechte versammelt. Diese Woche war für sie etwas ganz Besonderes, denn 400 Jahre zuvor, am 23. Mai 1618, begann der Dreißigjährige Krieg und damit die Epoche, die die Vereinsmitglieder verkörpern. Die 25 Frauen, Männer und Kinder leben die Geschichte noch einmal. „Diese Einfachheit, auf Stroh in Zelten zu schlafen, auf dem Feuer zu kochen, mit wenig auszukommen, das fasziniert uns“, sagt Stephan Seibt, eines der Gründungsmitglieder. Sein Vater erschuf vor 20 Jahren die Stadt- und Turmwache zu Camenz, welche die Geschichte der Stadt in der heutigen Zeit repräsentieren sollte. 2008 entstand dann aus mehrerer kleiner regionaler Gruppen dieser Art der Verein der Oberlausitzer Landsknechte.

Mit dem Stadtarchiv in Kontakt

Damit nicht nur die Lebensweise, sondern auch die tatsächliche Vergangenheit nachgestellt wird, arbeiten die Landsknechte eng mit dem Stadtarchivar Thomas Binder zusammen. Der Verein organisierte bereits einen historischen Marsch, wirkte bei Stadtführungen mit und hat für die nahe Zukunft sogar ein Projekt mit der Festung Königstein geplant. Dass ich an diesem Samstagabend noch so viel über die Genialität der Natur und die Vergangenheit von Kamenz erfahren würde, hätte ich nicht erwartet. Und umso mehr freue ich mich auf nächstes Jahr, wenn die Nacht der Kirchen und Museen wieder unerwartete Einblicke in die Stadt gibt.