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Bereit für eine neue Familie

Elisabeth Havenstein ist frisch aus Texas zurück und will in Görlitz als Babysitter jobben. Immer mehr Eltern fragen danach.

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© nikolaischmidt.de

Von Daniela Pfeiffer

Da schwingt schon noch eine ordentliche Portion Wehmut mit. Wenn Elisabeth Havenstein von Texas erzählt, ist ihr anzumerken, dass es wohl die bislang schönsten eineinhalb Jahre ihres jungen Lebens waren. Die 20-Jährige gibt auch unumwunden zu, sofort zurückkehren zu wollen, wenn sich die Chance bieten würde. Doch erst einmal ist sie in Görlitz angekommen. Aus Rietschen stammend hat sie nach den 18 Monaten als Au-pair in den USA nun ein Studium für Kultur und Management aufgenommen.

Die Arbeit mit Kindern möchte sie dabei auf keinen Fall aufgeben. Schon als Schulmädchen jobbte sie im Kindergarten, betreute in den USA die drei Jungs ihrer Gastfamilie – machte ihnen essen, brachte sie zur Schule, ging mit ihnen auf den Spielplatz. „Direkt Erzieherin werden möchte ich nicht, ich muss etwas entwickeln, was anderen Freude macht“, sagt sie. Aber „Ich mag den Umgang mit Kindern“, sagt sie. Deshalb hat sie sich umgehört, welche Möglichkeiten es für sie neben dem Studium nun in Görlitz gibt, auf Kinder aufzupassen. Und landete im Familienbüro am Demianiplatz.

Das kümmert sich im Auftrag der Stadt seit Mai 2015 darum, die Stadt familienfreundlicher zu gestalten, auf die Wünsche und Bedürfnisse von Familien einzugehen. Seit März vermitteln Lisa Bail und ihre Kollegen auch Babysitter. Es fragten immer wieder Eltern nach, deshalb richtete das Familienbüro diesen Dienst ein. Zumindest die Vermittlung von Kontakten zwischen Leuten, die in ihrer Freizeit auf Kinder aufpassen würden und Eltern.

Inzwischen gibt es im Büro eine Mappe mit Personalbögen unterschiedlichster Menschen – jüngere, ältere, Frauen, Männer, Studenten, Rentner, Schüler. Sie alle haben etwas Zeit und bieten Babysitterdienste an. Aufgeführt sind auch Zeiten, wo es möglich ist, sowie das ungefähre Alter der Kinder, die man sich zutraut, zu beaufsichtigen. „Wir hätten gern, dass sich auch die Eltern bei uns registrieren“, sagt Lisa Bail. Es gehe eher um längerfristige Zusammenarbeit, damit eine Beziehung aufgebaut werden kann.

Einen solchen Babysitting-Dienst gibt es in Görlitz bislang nicht. Zwar bietet das DRK Babysitterschulungen an, aber keine Vermittlung. Der ASB hat den Wunsch-Großeltern-Dienst, Caritas und Kinderschutzbund das Patenprojekt. Das sind aber weniger Serviceangebote als vielmehr Betreuungsmodelle, wo beide Seiten voneinander profitieren sollen. Neben dem Babysitterservice plant das Familiebüro, dessen Förderung der Stadtrat vor einigen Wochen verlängert hatte, weitere neue Projekte, die die Stadt familienfreundlicher machen sollen. So wolle man Unternehmen in der Stadt auf den Zahn fühlen und herausfinden, ob sie für Eltern flexible Arbeitszeiten anbieten, wie kurzfristig Dienstpläne erstellt werden, oder ob man im Notfall das Kind auch mal mitbringen darf.

Das Görlitzer Familienbüro laufe sehr gut, so Lisa Bail. Es gebe viele Anfragen, oft sehr individuelle, manchmal auch nicht so einfach zu lösen, wie es die Nachfragen nach Babysitting-Diensten sind. Auch Elisabeth Havenstein ist froh, dass es dieses Angebot gibt. Noch hat sich zwar keine Familie gemeldet, die sie gern als Betreuung für ihre Kinder buchen würde, aber da sind Lisa Bail und Elisabeth Havenstein beide zuversichtlich. „Als ich mich als Au-pair beworben hatte, dauerte es auch mehrere Monate. bis ich die Anfrage einer Familie hatte“, erzählt die 20-Jährige. Und sie ist sicher: So wie sich damals das Warten auf ihre USA-Familie gelohnt hat, wird es auch mit einer künftigen Görlitz-Familie sein.