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Berlin wirft Ländern Schludrigkeit vor

Lebensmittel. Minister Seehofer will die Kontrolle reformieren. Doch seine Kritiker bleiben skeptisch.

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Berlin. Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) hält die Lebensmittelkontrollen auch nach den Gammelfleischskandalen für mangelhaft und hat eine grundlegende Reform angekündigt. Einen Monat nach dem Bund-Länder-Beschluss zu einheitlichen Standards legte er gestern Pläne für ein neues Qualitätsmanagement vor.

„Kein Kompetenzgerangel“

Seehofer sagte, die bisherigen Bemühungen der Länder zur Verbesserung ihrer Lebensmittelkontrolle seien nicht ausreichend: „So können wir nicht weitermachen.“ Die Kontrollen müssten mit dem Vier-Augen-Prinzip, dem regelmäßigen Wechsel per Rotation und Schwerpunkteinsätzen effektiver werden.

Auch der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure zog eine negative Bilanz. Interessant sei, „dass die Tierbeseitigungsanstalten nach dem letzten Skandal plötzlich jede Menge Arbeit hatten: Da wollte wohl so mancher Unternehmer ein paar Tonnen Fleisch loswerden“, sagte Verbandschef Martin Müller in einem gestern erschienenen Interview mit der SZ.

Seehofer forderte ein bundesweites Frühwarnsystem und die Einbeziehung des Bundes. Die Lebensmittelkontrolle ist in Deutschland Aufgabe der Kommunen. Sollte keine Einigung gelingen, drohte Seehofer mit Verwaltungsvorschriften des Bundes. „Es geht nicht um Kompetenzgerangel“, so der Minister. Der Bund wolle gemeinsam mit den Ländern die notwendige Reform der Lebensmittelüberwachung erarbeiten. „Ich lasse jedoch keine Zweifel offen, dass ich diesen Prozess vorantreiben will.“

Über seine „Unterstützung“ will Seehofer mit den Ländern auch auf der Verbraucherministerkonferenz am 1. Dezember diskutieren. „Sowohl die Praktiker als auch die Kontrolleure wollen, dass sich etwas ändert“, sagte Seehofer. Der Bund wolle nicht die Zuständigkeit der Länder in Frage stellen, sondern koordinieren und unterstützen. „Alles, was wir einvernehmlich hinkriegen, ist mir lieber“, sagte der CSU-Politiker. Nach Problemen in den vergangenen Monaten bei Kontrollen besonders im Handel müssten personelle Ausstattung, Dichte und Häufigkeit nun verbindlich festgelegt werden. Nötig sei eine Aufstockung der Zahl der Kontrolleure.

Ablenkungsmanöver

Die Vorsitzende der Verbraucherministerkonferenz der Länder, Margit Conrad (SPD), sprach von einem Ablenkungsmanöver. Seehofer stütze sich auf Vorarbeiten der Länder und lenke von Aufgaben des Bundes ab. Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn sagte, strukturelle Probleme blieben ungelöst. „Die Kontrollen bleiben in kommunaler Hand, wo eine besondere Nähe zu den kontrollierten Unternehmen besteht.“ (SZ/mh/dpa/AP)S.4