Merken

Besatzungskinder suchen ihre Väter

Tausende Kinder alliierter Soldaten und deutscher Mütter kamen in der Nachkriegszeit zur Welt. Viele möchten heute einfach wissen: „Wer war er?“

Teilen
Folgen
© dpa

Von Gioia Forster, Berlin

Helmut Bauer war immer schon ein Fan von Country-Musik. Vor allem vom US-Sänger Little Jimmy Dickens. „Ich hab nicht gewusst, wieso mir das so gefällt“, sagt der gebürtige Österreicher. Als er Jahrzehnte später die Familie seines biologischen Vaters kennenlernte, wusste er warum: Sein amerikanischer Vater liebte auch Country-Musik, zog sogar mit Little Jimmy Dickens durch die Bars. „Vielleicht habe ich da ein Gen mitgekriegt“, sagt Bauer lachend.

Helmut Stanley Bauer ist ein sogenanntes Besatzungskind. Als Kind einer österreichischen Mutter und eines US-Soldaten wurde er 1949 in Linz geboren. Seinen leiblichen Vater hat er nie kennengelernt.

Allein in Deutschland gibt es nach Schätzungen der Universität Leipzig zufolge rund 200 000 Besatzungskinder. Und viele lässt die Frage nach ihrer Herkunft ihr Leben lang nicht los.

Am Sonnabend nahm Bauer mit rund 40 anderen Besatzungskindern im Reichstag am ersten Deutschlandtreffen der ehrenamtlichen Organisation GI Trace teil. Die Organisation ist eine der wenigen, die Besatzungskindern von US-Soldaten durch Kontakte und Rat hilft, ihre biologischen Väter aufzuspüren.

Gudrun Albrecht, kurz nach dem Krieg 1946 in Oberbayern geboren, begann 1988 mit ihrer Suche nach ihrem GI-Vater. Als Kind hatte sie den Namen und den Geburtsort einmal aufgeschnappt. „Später hat meine Mutter nichts mehr zu der Sache gesagt“. Das macht die Suche fast unmöglich, also gab sie vorerst auf.

Erst in den letzten Jahren wurde die Einsicht in die US-Militärpersonalakten vereinfacht. Niels Zussblatt, Archivar im National Personnel Records Center in St.  Louis kann schon allein mit dem Namen des Soldaten die richtige Akte finden. Doch bei tausend „War babes“-Anfragen pro Jahr und 55 Millionen Akten – fast alle auf Papier und Mikrofilm – koste das viel Zeit. Große Hindernisse sind aber Lügen, Schweigen und Angst. Man hat ein Lügengebäude um sich, auch von den Müttern.

Helmut Bauer hat erst von seinem biologischen Vater erfahren, als er auf seiner Geburtsurkunde das leere Feld neben „Name des Vaters“ entdeckte. Jahrzehnte später hat ihn seine Tochter ermutigt, nachzuforschen. Sein Vater war leider schon gestorben, doch er hatte das Glück, die Familie zu finden. Die Frage sei immer: „Ich möchte einfach wissen: Wer war er?“ (dpa)