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Bescheidener Lebensretter

Jörg Neidert hatte die Bewohner des Brandhauses aus den Betten geholt. Die wahren Helden sind für ihn aber andere.

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© André Braun

Von Tina Soltysiak

Döbeln. Als Held oder Lebensretter möchte Jörg Neidert nicht bezeichnet werden. Doch genau das ist er. Der 40-Jährige hat maßgeblich dazu beigetragen, dass bei dem Brand vor einer Woche in Döbeln alle Bewohner unversehrt aus dem Haus gekommen sind.

Feuerwehr löscht Wohnungsbrand in Döbeln

In einem Wohnhaus ist am Freitagmorgen ein Feuer ausgebrochen. Die Rauchsäulen sind überall in Döbeln zu sehen.
In einem Wohnhaus ist am Freitagmorgen ein Feuer ausgebrochen. Die Rauchsäulen sind überall in Döbeln zu sehen.
Der Hubsteiger der Feuerwehr Waldheim löscht vom Hinterhof aus.
Der Hubsteiger der Feuerwehr Waldheim löscht vom Hinterhof aus.
Der Hubsteiger der Feuerwehr Waldheim löscht vom Hinterhof aus.
Der Hubsteiger der Feuerwehr Waldheim löscht vom Hinterhof aus.
Die Feuerwehr Limmritz bereitet den nächsten Atemschutzträger für den Einsatz vor.
Die Feuerwehr Limmritz bereitet den nächsten Atemschutzträger für den Einsatz vor.
Die Roßweiner Straße ist halbseitig gesperrt, die Polzei regelt den Verkehr.
Die Roßweiner Straße ist halbseitig gesperrt, die Polzei regelt den Verkehr.
Die Straße des Friedens ist während des Einsatzes voll gesperrt.
Die Straße des Friedens ist während des Einsatzes voll gesperrt.
Die Rauchsäulen sind überall in Döbeln zu sehen.
Die Rauchsäulen sind überall in Döbeln zu sehen.
Da die Feuerwehr nur mit Atemschutz arbeiten kann, sammeln sich innrhalb kürzester Zeit zahlreiche verbrauchte Atemluft-Flaschen an.
Da die Feuerwehr nur mit Atemschutz arbeiten kann, sammeln sich innrhalb kürzester Zeit zahlreiche verbrauchte Atemluft-Flaschen an.
Immer wieder schießen neue Flammen aus dem Dach.
Immer wieder schießen neue Flammen aus dem Dach.
Die Einsatzkräfte auf der Straße des Friedens.
Die Einsatzkräfte auf der Straße des Friedens.
Die Feuerwehr Waldheim bugsiert den Hubsteiger über eine schmale Zufahrt in den Hinterhof, damit von beiden Seiten gelöscht werden kann.
Die Feuerwehr Waldheim bugsiert den Hubsteiger über eine schmale Zufahrt in den Hinterhof, damit von beiden Seiten gelöscht werden kann.
Verletzt wurde beim Großkampf niemand - auch dieser tierische Bewohner des Hauses nicht.
Verletzt wurde beim Großkampf niemand - auch dieser tierische Bewohner des Hauses nicht.

Um kurz nach 7 Uhr hatte er seine „Teilerunde“, wie er sie nennt, gestartet, erzählt der Mitinhaber einer Autowerkstatt. Er kam an der Straße des Friedens vorbei. „Da sah ich Qualm und den Balkon in Flammen stehen.“ Um 7.07 Uhr wählte er die 112. „Ich wusste gleich gar nicht die genaue Adresse. Man steht kurz neben sich. Die Frau von der Leitstelle sagte mir, dass wir die Bewohner rausholen sollen“, so Neidert. Gesagt, getan. Vom Landratsamt und von Matec seien auch Helfer hinzu gekommen. Er rannte ins Haus, hämmerte gegen jede Wohnungstür. „Ich habe so lange geklopft und gerufen, bis jemand geöffnet hat“, erzählt Jörg Neidert. Ein Mann zum Beispiel sei oberkörperfrei gewesen, hatte nur eine Hose an und war noch nicht richtig wach. „Die anderen Helfer haben die Bewohner dann betreut und nach draußen gebracht“, sagt der Döbelner.

An alle Türen konnte er jedoch nicht klopfen. „Vorm letzten Treppenabsatz zum Dachgeschoss bin ich stehengeblieben. Da war so viel Qualm, da konnte ich nicht weiter“, erzählt er. Erst in diesem Bereich habe er den typischen Brandgeruch wahrgenommen. „Die unten hätten anfangs nichts von dem Feuer im Dachgeschoss mitbekommen“, meint Neidert.

Spendenmöglichkeiten

Spendenkonto Stadtverwaltung: Kreissparkasse Döbeln, BIC: SOLADES1DLN, IBAN: DE29 8605 5462 00 3001 0000, Zahlungsgrund: Spende Wohnungsbrand Straße des Friedens

Spendenkonto Second Straits: DAB Bank, Frank Morgenstern 2ndSTRAITS; BIC: DABBDEMMXXX; IBAN: DE95701204008390544008, Zahlungsgrund: Wohnungsbrand 30.09.16, Anschrift

Sachspenden werden täglich von 10 bis 18 Uhr am Körnerplatz 17 entgegengenommen. Helfer können sich unter Tel.015780211682 melden oder sich im Internet unter www.facebook.com/doebelnhilft informieren.

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Als er wusste, dass alle Bewohner informiert und im Begriff sind, das Haus zu verlassen, rannte er auf die Straße. „Ich habe mich hingestellt und die Kreuzung Roßweiner Straße/Straße des Friedens abgesperrt“, sagt er. Schließlich habe er gewusst, dass um diese Uhrzeit dort viel Verkehr ist und viele Leute halten oder parken. Er wollte mit seiner Aktion Platz für die Einsatzkräfte schaffen. Die Polizei war schnell da. „Bis die Feuerwehr kam, hat es gedauert. Doch wahrscheinlich auch nur fünf Minuten. In dieser Situation kommt einem aber jede Minute wie eine Ewigkeit vor“, sagt Jörg Neidert.

Von den Einsatzkräften habe er noch eine Warnweste erhalten. „Man hat zwar eine im Auto, denkt in dem Moment aber nicht daran, sie anzuziehen“, so Neidert. Etwa eine Stunde sei er vor Ort gewesen. Den brennenden Balkon hatte er immer im Blick. „Das Feuer hat sich rasend schnell ausgebreitet.“ Bis heute ist er fasziniert davon, wie die Feuerwehr das Fahrzeug mit der Drehleiter in den schmalen Hinterhof manövriert hat. „Die Kameraden sind für mich die wahren Helden. Sie gehen in das brennende Haus, um zu schauen, ob im Dachgeschoss noch Leute sind und um zu löschen“, sagt er.

Jörg Neidert lobt das Zusammenspiel der vielen Helfer, die zu erst vor Ort eingetroffen sind. „Wir kannten uns nicht, aber es hat alles super funktioniert.“ Die Hilfs- und Spendenbereitschaft ist seit einer Woche ungebrochen. Frank Morgenstern von der Band Second Straits sagt, dass bisher 300 Euro auf dem Spendenkonto eingegangen sind. Am Wochenende gibt die Kombo im Ratskeller von Hainichen ein Konzert. Dort will sie ihren Gästen von dem Unglück erzählen und erhofft sich dadurch weitere Spenden. Er möchte klarstellen, „dass wir nicht nur für die Familie unseres Gitarristen und Freund Maik Pönitz sammeln, sondern auch für alle anderen Betroffenen“. Das sind insgesamt zwölf Frauen und Männer sowie drei Kinder.