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„Besser Schießsport als Komasaufen“

Der SZ-Beitrag über die Erfahrungen der jungen Sportschützin Lysann Günzel hat eine Flut von Reaktionen ausgelöst.

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© Peter Kuner

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Sportschützin wehrt sich gegen Diffamierung“, dieser Beitrag aus der Mittwochausgabe der Großenhainer SZ hat im Internet für große Diskussion gesorgt. Der auch auf sz-online publizierte Artikel rief viele Meinungsäußerungen hervor, die sich mit dem generellen Ansehen von Sportschützen und anderen Waffenbesitzern auseinandersetzen. So meldete sich Jäger Michael Thoma auf Facebook: „Danke, dass endlich mal die latente Angst vor Schusswaffen an den Pranger gestellt wird. Sportschießen ist ein Sport, der verantwortungsvoll ausgeübt werden muss, gar keine Frage. Aber wenn polizeilich überprüfte, gesetzestreue Bürger mit einer Mischung aus Unwissenheit und Populismus diskriminiert werden, habe ich dafür kein Verständnis.“ Da man sich sonst aus Angst um die Political Correctness nicht zu äußern traue, müsse man halt auf die „Amokschützen“ oder die „Waffenlobby“ eindreschen, beklagt Michael Thoma.

Offener Brief an den Schulleiter

Und schrieb dem Schulleiter einen offenen Brief, in dem es unter anderem heißt: „Sportschießen ist in der Tat ein Sport, der ein gewisses Gefahrenpotenzial birgt und deswegen sehr verantwortungsvoll ausgeübt werden muss. Das Waffengesetz sieht hierfür klare Vorgaben zu polizeilichen Überprüfungen, Wartezeiten, Trainingsfrequenz, medizinisch-psychologische Untersuchung, Aufbewahrung von Schusswaffen und viele andere Dinge vor. Sportordnungen sind klar ausgelegt, um eine Abgrenzung von polizeilichen und militärischen Trainingsarten abzugrenzen.“

Michael Thoma rät als sinnvolle Auseinandersetzung mit dem Thema zu einem Diskussionsforum in der Schule, in der auch ein Vertreter eines Schießsportverbandes oder ein Wettkampfschütze zu Wort kommen dürfen. „Egal, ob die Bemerkungen in der Weise gefallen sind, wie im Artikel beschrieben: Dies ist die Schule der Thematik und auch ihrer Schülerin schuldig.“ Dagobert Burns aus Halle äußert sich folgendermaßen: „Und unsere Olympiasieger, Landesmeister, deutschen Meister und, und, und sind dann also auch potenzielle Amokläufer? Wenn man den Schießsport ernsthaft betreibt, ist das Leistungssport! Der Schulleiter hat sich wahrscheinlich noch nie mit der Waffe auseinandergesetzt oder war selbst mal in einem Schützenverein, um zu sehen, wie es tatsächlich da abläuft. Rambos oder leichtsinnige Idioten sind da fehl am Platz. Lieber eine Schülerin, die Sportschützin ist, als ein Haufen Teenies, die nur Komasaufen und Blödsinn im Kopf haben.“

Kathia Fischer aus der Region Pirna schreibt: „Der Direktor mag den Schießsport nicht und ich finde es auch immer zweifelhaft, Teenager da heranzuführen. Wobei das besser ist, als gar keinem Sport oder Hobby nachzugehen. Allerdings diejenigen, die so ein Hobby ausüben, gleich alle als potenzielle Attentäter abzustempeln und regelmäßig dumme Sprüche gegen diese Schüler herauszuwerfen, statt die Leistungen zu würdigen, ist absolut daneben.“ Dirk Hummel aus Metzingen findet: „Man muss den Waffenbesitz nicht mögen, es bleibt jedem Menschen frei, diesen sogar zu verabscheuen – keiner wird gezwungen, sich eine Waffe zu beschaffen, denn glücklicherweise sind die Zeiten des Volkssturmes längst Vergangenheit.“

Hans-Jörg Krutzki, Vorsitzender der Freischützengesellschaft Großenhain, schreibt in einem Leserbrief: „Es ist schon erstaunlich, was über den Schießsport bzw. die Sportschützen so alles abgelassen wurde und wird. Der Schulleiter Backen sollte, wenn er den Begriff Amokschützin gebraucht, die Herkunft und Bedeutung des Wortes Amok kennen! Nur kurz: Ein Amoklauf geschieht durch eine psychische Erkrankung mit tollwutähnlichen Ausbrüchen. Dies nachzulesen erfordert keine große Mühe. Der Schulleiter unterstellt hier nicht nur einer Schülerin seiner Schule, sondern allen Sportschützen indirekt eine psychische Erkrankung. Der erwähnte, frühere Vergleich mit einer „Che Guevara-Pose“ ist nicht weniger unsinnig. Eigenartig, denn die deutsche Unesco-Kommission, die Kulturministerkonferenz und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien haben sieben Formen des immateriellen Kulturerbes ausgezeichnet, darunter auch das deutsche Schützenwesen. Der Präsident des Deutschen Schützenbundes, Heinz-Helmut Fischer, und der Generalsekretär der Europäischen Gemeinschaft Historischer Schützen, Peter-Olaf Hoffmann, nahmen die Urkunde am 11. März 2016 entgegen.“

Es gibt auch Verständnis

Es gibt auf Facebook auch Befürworter der Haltung des Schulleiters. Mirko  Thomas, Großenhain,  meint: „Lächerlich! `Für dessen vermeintliche Aussage gibt es keine Zeugen` (sofern der Spruch wirklich so ausgesprochen wurde). Aber im Zweifelsfall glauben wir dem in die Kamera lächelnden Mädchen mit ner Waffe in der Hand. Mit etwas mehr Lebenserfahrung hätte man mit einem Spruch `zurückgeschossen` und fertig. Aber man muss sich ja heutzutage immer gleich beschweren und der Gegenüber angeklagt werden. Vielleicht könnte man sich einfach mal vorher Gedanken über die Tragweite einer solchen Beschwerde machen und abwägen, ob es im Verhältnis steht.“ Ähnlich sieht es André Sichting: „Ein Teenager, der seinen Direktor nicht leiden kann und sich durch einen Satz direkt beleidigt fühlt, und natürlich ein Schulleiter, der blöde Sprüche macht, statt sich zurückzuhalten. Nachvollziehen kann ich beide Standpunkte, und jeder kennt solche Situationen und Charaktere. Das Einzige, was ich nicht verstehe, ist das Aufheben, welches umso eine völlig irrelevante Lappalie gemacht wird. Am besten regen wir uns alle noch mal ne Runde auf, sobald jemand mal einen Furz lässt, und verklagen uns alle gegenseitig ... das macht Sinn.“ Jane Doeh, Dresden, meint: „Ich finde den Sport klasse. Würde ich am liebsten selbst machen. Ich bin auch Pädagogin.“