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Besuchermagnet Hofewiese

Die ersten 100 Tage seit Eröffnung sind um. Es kam schöner, aufregender und schlimmer als Chef Holger Zastrow dachte.

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© Thorsten Eckert

Von Thomas Drendel

Langebrück. Ein Knall, die Lampen gehen aus, Würstchenkocher und Kaffeeautomat blubbern noch kurz, dann ist Ruhe. Die Schlange vor dem Kiosk scharrt mit den Füßen. Hektik beim Personal. „Die Leitungen reichten nicht aus. Immer wieder schmort die Sicherung durch. Dann ist hier alles tot“, sagt Holger Zastrow. Für einige Minuten geht im Landgut Hofewiese wirklich nichts mehr. „Und das bei Hunderten Menschen, die etwas essen und trinken wollen.“ Seit 100 Tagen ist die Hofewiese wieder offen. Die Bilanz fällt schlimmer aber auch viel schöner aus als vermutet, sagt der Besitzer. Schon der Start war schwierig, wie Zastrow heute einräumt. „Die Banken hatten Bedenken. Das läuft nie. Die Hofewiese ist ein Fass ohne Boden. Kredit? Nein, sagten mir die Banker.“ Selbst Fachleute aus der Dresdner Gastronomie gaben nicht viel auf das seit Jahren geschlossene Traditionshaus in der Dresdner Heide.  „Ein Biergarten in den Ferien? Und dann noch so weit draußen? Keine Chance. Die Leute sind im Urlaub. In Dresden gibt es genug Angebote, hieß es.“

Entsprechend vorsichtig fiel der Start aus: Nur an den Wochenenden geöffnet, kleines Angebot. Doch die Besucher kamen. Der Start glückte. Die Probleme ließen aber ebenfalls nicht auf sich warten. Der versprochene Wasseranschluss kam nicht. „Eine Gastwirtschaft ohne Wasser das funktioniert normalerweise nicht.“ Zastrow wusste sich zu helfen. Er ließ Wasser in Tanks heranschaffen für Kaffee, Tee und andere Dinge. Für den Abwasch reichte das allerdings nicht. Kuchen mussten die Besucher von Papptellern löffeln, mit Plastebesteck. Außerdem wohin mit dem Abwasser? Eine Kanalisation wie sonst üblich, gibt es an der Hofewiese nicht und damit auch keine Toiletten. Das ist das nächste Problem, vielleicht das Größte. Was also, wenn die Besucher mal müssen? „Wir haben eine mobile WC-Anlage angeschafft. Das funktionierte zunächst auch ganz gut.“ An einem Wochenende jedoch, bei schönstem Biergartenwetter lief das Ding über. Die Besucher „mussten“ einfach zu oft. „Zur besten Kaffeezeit haben wir einen Jauchewagen bestellt, der hat dann alles abgepumpt. Mir war zum Heulen.“

2000 Besucher am Tag

Pannen hin oder her: Die Besucher kommen zunehmend in Scharen. „Es war fast ein Gaudi, als der Fäkalienwagen kam. Auch das Einweggeschirr schien niemanden zu stören. Der Andrang überstieg all unsere Erwartungen.“ An schönen Tagen ist die Wiese mit den Liegestühlen voll, mitunter sind 2 000 Menschen an einem Tag da. „Das ist überwältigend.“ Da wurden die weiteren Probleme fast zur Nebensache. Telefonieren an der Hofewiese ist fast unmöglich, der Handyempfang ist einfach zu schwach. Ein Telefonkabel gibt es nicht. Autofahrer irren durch Langebrück, da es noch keine Hinweisschilder zur Hofewiese gibt. Auch der Rasen und mit ihm jede Menge Unkraut wächst immer höher, der Rasentraktor stellt nämlich ab und zu seine Arbeit ein. Mitunter fehlen auch Sitzplätze.

Seit Jahrzehnten wieder Tanz

Doch die Besucher ließen sich nicht abhalten. Holger Zastrow und seine Frau glaubten zunächst, wochentags mit verschlossener Tür und einem Schild „Sind im Garten“ und einer Kasse des Vertrauens die durstigen Wanderer und Radfahrer bändigen zu können. „Doch wir sind nicht zum Arbeiten auf dem Grundstück gekommen, so viele Menschen wollten rein.“ Wenig später hat der Biergarten dann auch die Woche über richtig geöffnet.

Holger Zastrow erklärt sich den Andrang mit den Erinnerungen die viele Dresdner an die Hofewiese haben. „Aus Gesprächen wissen wir, dass viele früher mit ihren Eltern hier waren, zum Teil auch Familienfeiern hier erlebt haben.“ Erst vor Kurzem waren zwei ältere Männer bei ihm und haben lange gebeten, mal einen Blick in die eigentliche Gaststätte werfen zu können. „Ich lasse wegen des Zustandes eigentlich niemanden rein. Da machte ich aber eine Ausnahme. Den beiden standen die Tränen in den Augen. Sie kannten die Gasträume von früher und sahen wie heruntergekommen sie sind.“ Immer wieder werden die Zastrows auf die alten Zeiten angesprochen, dass es so schöne Tanzabende gab. Genau an diese Tradition will der Neu-Gastwirt jetzt anknüpfen. „Wir laden für Sonnabend zu einem Weinfest ein. Ab 17 Uhr spielt die Band „Casablanca“. Wir legen extra einen Tanzboden aus. Bis gegen 22 Uhr kann hier jeder nach Herzenslust loslegen.“ Am Sonntag beginnt um 10 Uhr ein Frühschoppen.

Die bisherige Besucherresonanz kann nicht darüber hinweg täuschen, dass die wirklich schwierigen Aufgaben noch warten. Das Haus muss eine ordentliche Abwasseranlage bekommen. Außerdem muss der Gasthof saniert werden. Beides wird teuer. Außerdem endet nach 100 Tagen bekanntlich die Einarbeitungsphase.