Chemnitz. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz hat einen der größten Fälle von Wirtschaftskriminalität Sachsens mit einem Schaden von mehr als zehn Millionen Euro aufgedeckt. Wie Behördensprecher Bernd Vogel sagte, wird gegen sechs Hauptverdächtige aus Deutschland und Österreich im Alter zwischen 36 und 49 Jahren wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung, Insolvenzverschleppung, Betrug, Erpressung und Bankrott ermittelt.
Zwei von ihnen, ein 36 Jahre alter Ex-Ingenieur des österreichischen Baukonzerns Strabag und ein 49 Jahre alter Mann aus Chemnitz, sitzen in Untersuchungshaft, sagte der Oberstaatsanwalt. In dem Fall spiele auch ein Mord eine Rolle.
Vogel zufolge hatten die sechs Hauptverdächtigen im Zusammenhang mit dem Bau der Autobahn 72 Chemnitz-Hof mindestens 20 Firmen – Subunternehmer des Hauptauftraggebers Strabag – als GmbH gegründet und dort Strohmänner eingesetzt. Die bekamen von der Strabag Aufträge zum Autobahnbau, führten diese durch und meldeten danach sofort Insolvenz an.
Lieferantenrechnungen oder Löhne für die Bauarbeiter seien von den Firmen nicht beglichen worden, obwohl die Strabag ihrerseits gezahlt habe. Das Geld hätten die Hauptverdächtigen unter sich aufgeteilt, oder an andere weitergereicht, so Vogel. Die Ermittlungen reichten bis 1996 zurück. Nicht auszuschließen sei, dass zu den 20 Firmen weitere dazukommen. Neben den sechs Hauptverdächtigen werde gegen weitere 50 Tatverdächtige ermittelt. Ende 2005 hätten 200 Beamte und neun Staatsanwälte in 56 Städten Deutschlands und Österreichs Geschäftsräume und Privatwohnungen durchsucht.
Doppelmord in der Karibik
Laut Vogel sind die Ermittlungen sehr schwierig, da die Tatverdächtigen ihre Absprachen mündlich und unter vier Augen getroffen hatten. Im Zusammenhang mit den Aktivitäten der Hauptverdächtigen stehe auch der Mord an einem 50 Jahre alten Firmeninhaber aus dem sächsischen Plauen und dessen Freundin, die 2003 in der Dominikanischen Republik erschlagen und verbrannt wurden. Auch dieser Unternehmer war laut Vogel mit seiner Firma am Bau der A 72 beteiligt und in das Betrugskartell um die sechs Hauptverdächtigen verstrickt.
Der Mann habe sterben müssen, weil er sich weigerte, 135 000 Euro an drei frühere Geschäftspartner zu zahlen. Diese seien dem 50-Jährigen von Sachsen aus in die Dominikanische Republik nachgereist. Zwei der drei Tatverdächtigen wurden mittlerweile vom Landgericht Chemnitz zu Haftstrafen verurteilt. Das Verfahren gegen den wegen Mordes angeklagten Hauptverdächtigen laufe noch, so Vogel. (AP)