Dresden
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Lange Haft für Betrüger gefordert

Der Prozess um den Schwindel nicht existierender Messgeräte nähert sich dem Ende. Fast erleichtert hat das Dresdner Gericht die Beweisaufnahme geschlossen.

Von Alexander Schneider
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Nach mehr als fünf Monaten haben nun im Prozess gegen zwei mutmaßliche Betrüger am Landgericht Dresden die Plädoyers begonnen.
Nach mehr als fünf Monaten haben nun im Prozess gegen zwei mutmaßliche Betrüger am Landgericht Dresden die Plädoyers begonnen. © René Meinig

Dresden. Die Angeklagten sind nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft ausgebuffte Betrüger. Der eine, Mario M., ein 49-jähriger Wirtschaftsingenieur aus Dresden, wohl etwas mehr. Der andere, Gregor T., ebenfalls 49 und Ingenieur aus der Nähe von Heidelberg, wohl etwas weniger. 

Die beiden haben viele Jahre lang Kasse gemacht mit sogenannten Koordinatenmessgeräten, die es offenbar nie gegeben hatte. Diese verkauften sie sich gegenseitig, um von Finanzierungen durch Banken und vor allem Leasing-Gesellschaften zu profitieren. Schon seit November läuft der Prozess vor dem Landgericht Dresden.

Am Montag hat der Vorsitzende Richter Karl Elser die Beweisaufnahme sichtlich erleichtert geschlossen. Denn Mario M., der mutmaßliche treibende Geist der Betrugsmasche hat nach Nummer 93 überraschend keine weitere Erklärung mehr verlesen und nach mehr als 70 Beweisanträgen auch keinen weiteren mehr gestellt. Mehrfach hatte Elser M. zurechtgewiesen, dass seine Einlassungen schlicht gelogen gewesen seien.

Staatsanwalt sieht Vorwürfe erhärtet

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft haben sich alle Vorwürfe der Anklage bestätigt. Danach habe M. eine Art Schneeballsystem betrieben, er habe sich von Geldgebern den Kauf „seiner“ Messgeräte finanzieren lassen. Damit der Schwindel nicht aufflog, habe M. Leasingraten beglichen – und immer neue Geräte gekauft, um wieder Einnahmen zu generieren. Bei der Technik handelt es sich um Geräte, die Räume lasergestützt vermessen.

Es gab zwei unterschiedliche Versionen davon, die sich, wie erst zuletzt bekannt wurde, angeblich einzig durch die Einstellung von Bauteilen im Inneren unterschieden haben sollen. Der Unterschied liege in einer deutlich höheren Messgenauigkeit der teureren Geräte, die für mehr als 17.000 Euro vertrieben worden waren, während die baugleichen „ungenaueren“ Modelle 6.000 Euro kosteten. Das jedenfalls behauptete M. zuletzt – noch im März sprach er von „einem Schalter“, dann von „vier Schaltern“, diese Woche dann von „acht Mikroschaltern“. Kein Wunder, dass Prozessbeteiligte sichtlich genervt auf die immer neuen Versionen M.s angeblicher Eigenentwicklungen reagierten. Fakt ist jedoch auch: Es ist völlig unklar, ob jemals eines der teureren Geräte im Einsatz war.

Schwindel fliegt bei Versicherung auf

Das scheint die Leasinggeber auch nicht wirklich interessiert zu haben. Den Schaden, verursacht bei Leasing-Gesellschaften, Banken und dem Fiskus, beziffert die Justiz auf weit mehr als eine Million Euro. M. habe das Geld für die Leasingraten und seinen Lebensstil ausgegeben – und er kaufte sich Grundstücke in Wachwitz.

Aufgeflogen ist M. nach Angaben von Staatsanwalt Enrico Hofmann jedoch nicht mit seinem Schneeballsystem, sondern weil er drei Autoeinbrüche vorgetäuscht habe, bei denen mehr als 100 dieser hochwertigen Messgeräte entwendet worden seien. Angeblich. Die Versicherung, bei der M. seinen „Schaden“ habe geltend machen wollen, hatte die Ermittlungen ins Rollen gebracht.

Mario M. behauptet bis heute, dass die Einbrüche in Kroatien, Liverpool und London, bei denen von Mal zu Mal mehr Pakete mit Koordinatenmessgeräten gestohlen worden sein sollen, keine Erfindung gewesen seien. Offenbar hatte er tatsächlich bei der Polizei in Liverpool eine Anzeige erstattet. Erneute Nachprüfungen der Staatsanwaltschaft bestätigten das nun. Diesbezüglich scheinen sich M.s zahlreiche Stellungnahmen und Beweisanträge gelohnt zu haben. Eine Bestätigung für einen tatsächlichen Einbruch sei das jedoch auch nicht.

Am Montag plädieren die Verteidiger

Staatsanwaltschaft Hofmann fordert, M. als Haupttäter zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und zehn Monaten zu verurteilen – wegen Betruges in 22 Fällen und Bankrotts. Außerdem beantragte die Staatsanwaltschaft die Einziehung in Höhe der noch offenen Vermögensschäden von 1,1 Millionen Euro. Der Angeklagte sei über viele Jahre mit erheblicher krimineller Energie vorgegangen.

Für den Mitangeklagten Gregor T. forderte Hofmann eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten. Er habe zwar „nur“ jeweils 200 Euro für den Zusammenbau eines Gerätes bekommen, insgesamt mehr als 19.000 Euro – doch ohne T., den vermeintlichen Hersteller der Messgeräte, sei der Betrug nicht möglich gewesen. Er habe das viele Geld der Leasing-Gesellschaften nach Abzug seines kleinen Anteils stets an M. weitergeleitet. Am kommenden Montag werden die Verteidiger ihre Plädoyers halten.

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