Merken

Bewährungsstrafen nach Anschlägen

Zwei Männer wurden am Donnerstag angeklagt, da sie an dem NPD-Büro in Pirna-Copitz zündelten. Einer der beiden hatte das schon mal getan.

Teilen
Folgen
© Uwe Soeder

Von Stephan Klingbeil

Gerichtsbericht. Das Zellstoffpapier brannte hell. Die am Fenster des NPD-Büros in Pirna-Copitz befestigte Schutzfolie schmolz langsam dahin. Und die an dem Privatgebäude angebrachte Videokamera filmte alles mit. Der Sachverständige der Polizei konnte später Ruß ausmachen. Auf der Fensterbank hatte das Feuer Spuren hinterlassen. Am 12. Februar 2014 war es gegen 23.30 Uhr – zum wiederholten Male – zu einem Anschlag auf das sogenannte Haus Montag an der Hauptstraße gekommen. Das Feuer konnte nach wenigen Minuten gelöscht werden.

Schon zwei Monate zuvor hatte an selber Stelle eine mit Zeitungspapier vollgestopfte Cornflakes-Packung gebrannt. Der Brandsatz aus Papier fiel damals auf den Bürgersteig, das Feuer ging von selbst aus.

Am Amtsgericht Pirna wurden die Schäden insgesamt auf 150 Euro beziffert. Verantwortlich soll in beiden Fälle der zurzeit obdachlose Christian M. gewesen sein. Wobei er bei der zweiten Aktion im Februar 2014 mit dem Pirnaer Steven H. gezündelt habe. Die Staatsanwaltschaft klagte die Männer gestern am Amtsgericht Pirna wegen versuchter schwerer Brandstiftung an.

Weitere Straftaten begangen

Christian M. wurden zudem noch weitere Straftaten zur Last gelegt. Zum einen war er am 3. Oktober 2014 im Rausch mit einem Moped in Pirna unterwegs – ohne Fahrerlaubnis, aber dafür mit Drogen im Rucksack. Darüber hinaus erwischte ihn die Polizei nach dem Brandanschlag auf das NPD-Büro am 12. Dezember 2013 auf seinem Fahrrad. Der 28-jährige M. hatte 1,79 Promille Alkohol im Blut. Damit lag er über dem Grenzwert für Radfahrer von 1,7 Promille, hätte also nicht mehr radeln dürfen.

Schließlich ertappten ihn Zollbeamte im Mai dieses Jahres kurz vor der Grenze zu Tschechien. Sie stoppten den arbeitslosen Koch nahe dem Altenberger Ortsteil Rehefeld-Zaunhaus. 88 Gramm Marihuana hatte der gebürtige Pirnaer dabei. Ein Päckchen mit fast vier Gramm Crystal lag auch noch in seinem Rucksack. Der Angeklagte gibt sofort alles zu: „Ich habe das Zeug für mich gekauft, komme damit gut runter.“

Verurteilt wegen Sachbeschädigung

Die zwei Attacken auf das NPD-Büro gibt er auch zu, Steven H. leugnet seine eigene Tatbeteiligung am 12. Februar 2014 ebenso wenig. „Es war eine spontane Aktion, einfach nur dumm“, sagen sie. „Wir wollten unseren Protest gegen diese Leute ausdrücken, wissen, dass es der falsche Weg war.“ Nachdem sie mit anderen in Dresden gegen Neonazis protestiert hatten, die dort zu einem Gedenkmarsch aufgerufen hatten, waren sie zurück nach Pirna gefahren. Auf dem Weg vom Bahnhof kamen sie am NPD-Büro vorbei. Das Zellstoffpapier, das sie dann anzündeten, hatten sie aus dem Zug. „Zum Naseschnäuzen“, versichert M.

Die wichtigste Frage, die das Gericht beschäftigte, war: Ist es tatsächlich versuchte Brandstiftung gewesen? Oder war es „nur“ Sachbeschädigung – für das Strafmaß keine unwichtige Frage. Der Experte der Polizei konnte nicht sicher feststellen, dass die Flammen vom brennenden Papier aus auf die Fassade hätten übergreifen können. M. soll zwar im Vorfeld angeblich gegenüber einem Zeugen zum Haus Montag gesagt haben, dass „das Ding nicht mehr lange stehen“ werde. Einen Vorsatz, dass er und H. das Leben anderer gefährden oder das Haus abfackeln wollten, erkannte das Gericht indes nicht. Dazu hätten die Brandsätze offenbar auch nicht ausgereicht.

Allerdings waren beide Männer vorbestraft. Während sich M. bisher mit Gelegenheitsjobs durch das Leben schlug, holt Steven H. seinen Realschulabschluss nach, hat eine günstige Sozialprognose. Das Gericht verurteilte den Pirnaer daher zu zwei Monaten Haft auf Bewährung und zu 100 Sozialstunden – wegen Sachbeschädigung. M. wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, ebenfalls auf Bewährung. Als Auflage muss er 200 Sozialstunden ableisten und regelmäßig einen Suchtberater aufsuchen.