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Bibliothek bietet Fundgrube für Historiker

Der Görlitzer Museumsleiter Ernst-Heinz Lemper hat bis zuletzt gearbeitet. Sein Nachlass ist nun öffentlich zugänglich.

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Professor Ernst-Heinz Lemper als Konfirmant.
Professor Ernst-Heinz Lemper als Konfirmant. © Archiv

Der Görlitzer Historiker Ernst-Heinz Lemper schrieb Biografien über Jacob Böhme, schilderte das Leben von Adolf Traugott von Gersdorf und Paracelsus. Und in seinen letzten Lebensjahrzehnten erforschte er, der Jahrzehnte lang das Görlitzer Museum geleitet hatte, das Leben, Denken und Wirken von Karl Gottlob von Anton. Der gehört nicht nur zu den wichtigsten Protagonisten der Oberlausitzer Spätaufklärung, sondern war auch einer der Initiatoren der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften, die Lemper nach dem politischen Umbruch wieder mitbegründet und der er sich als Präsident auch neun Jahre zur Verfügung gestellt hatte.

Lemper war es aber nicht vergönnt, die Arbeiten daran abzuschließen. Seit er 2007 im Alter von 82 Jahren starb, liegen seine Vorarbeiten zwar vor, aber niemand hat in den vergangenen Jahren an ihnen weiter gearbeitet. Das könnte sich nun ändern. Denn die Auswertungen des erhaltenen Antonschen Briefverkehrs, die Auszüge zeitgenössischer Literatur und die biografischen Notizen zu Antons Weggefährten füllen mehrere Ordner des wissenschaftlichen Nachlasses von Lemper, der nun in der Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften vorliegt und damit auch öffentlich zugänglich ist. Wie Kerstin Gosewisch von den Görlitzer Sammlungen für Geschichte und Kultur berichtet, handelt es sich bei dem Nachlass um Dokumente und Fotografien, die umfänglich die Forschungen Lempers widerspiegeln. Neben der 1950 verfassten kunstgeschichtlichen Dissertation befinden sich darunter auch Untersuchungen zum Kirchenbau, zur Handelsstraße via regia und zu Personen wie Böhme, Paracelsus und von Gersdorf. Der jetzt erschlossene Bestand lagert in 33 Archivkartons. „Wir hoffen, dass dieses Material die Grundlage für weitere Forschungen bildet“, sagt Bibliotheksleiter Steffen Menzel, der als amtierender Präsident der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften zumindest in dieser Funktion ein Teil des Lemperschen Erbes angetreten hat.

Nach dem Studium der Kunstgeschichte und Architektur hatte Ernst-Heinz Lemper im November 1951 die Leitung des Museums übernommen. Über Jahrzehnte prägte Lemper maßgeblich die museale Entwicklung von Kaisertrutz und Barockhaus Neißstraße 30. Zudem stand er im Bemühen um den denkmalpflegerischen Erhalt der Stadt an vorderster Stelle. Mit zahlreichen Publikationen und Vorträgen über Görlitz, die Oberlausitz, die Beziehungen zu Böhmen und Schlesien und zur Religions- und Philosophiegeschichte bereicherte Lemper den wissenschaftlichen Diskurs. Für die Görlitzer Museumsgeschichte ist interessant, dass Lemper jede seiner seit 1952 gehaltenen Eröffnungsreden zu Ausstellungen mit einem Durchschlag archivierte. Von 1970 bis etwa 1985 brachte sich Lemper sehr aktiv in die Diskussion zur Ausrichtung des Museologie-Studiums in der DDR ein. Immer wieder rückte er durch Einzelstudien Gebäude der Görlitzer Altstadt und Kunstwerke des Museums ins Licht der Öffentlichkeit. Damit dürfte Lempers Nachlass eine Fundgrube für Interessierte sein. Und für die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften, so schätzt Steffen Menzel ein, gehört der Nachlass Ernst-Heinz Lempers zu den wichtigsten Überlieferungen.

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