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Bier auf Wein, Wein auf Bier?

Wer bei Alkohol auf die Reihenfolge der Getränke achtet, leidet angeblich am nächsten Morgen weniger. Nun ziehen Forscher ein ernüchterndes Fazit.

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Was ist dran am „Wein auf Bier, das rat’ ich dir“? Forscher der Universität Witten/Herdecke haben den Spruch wissenschaftlich überprüft.
Was ist dran am „Wein auf Bier, das rat’ ich dir“? Forscher der Universität Witten/Herdecke haben den Spruch wissenschaftlich überprüft. © Achivfoto: Verein

Von Larissa Schwedes

Einen Kater will niemand, trotzdem betrinken sich viele Menschen. Etliche Ratschläge kursieren, wie der Kater nach einem Alkoholrausch erträglicher wird. Einer der prominentesten Tipps: „Bier auf Wein, das lass’ sein. Wein auf Bier, das rat’ ich dir.“ Nun haben Forscher der Universität Witten/Herdecke den Spruch, den es auch in anderen Sprachen gibt, wissenschaftlich überprüft – mit einem feuchtfröhlichen Experiment im Partykeller der Hochschule.

Die Erkenntnis: Für den Kater spielt es keine Rolle, in welcher Reihenfolge man Bier und Wein in sich hineingeschüttet hat. Zu viel Alkohol sei zu viel Alkohol, schreibt das Team im American Journal of Clinical Nutrition. „Wir haben eindeutig gezeigt: Das Sprichwort stimmt nicht – zumindest für Weißwein und Lagerbier“, sagt der Mediziner Kai Hensel, der das Experiment in Witten geleitet hat.

Bei dem Versuch teilte Hensels Forscherteam rund 90 Freiwillige im Alter von 19 bis 40 Jahren in drei Gruppen ein. Die Aufgabe war für alle die gleiche: ein ordentliches Besäufnis. Ziel waren 1,1 Promille Alkohol im Blut.

Die Menschen der ersten Gruppe tranken zunächst nur Bier, die Probanden aus Gruppe zwei nur Wein. Wer bei rund 0,5 Promille angelangt war, wechselte auf das jeweils andere Getränk – durchschnittlich nach knapp anderthalb Litern Bier oder vier großen Gläsern Wein. Die Menschen in der dritten Gruppe blieben den ganzen Abend beim gleichen Getränk, entweder Bier oder Wein. An einem zweiten Abend wechselten die Trinker dann die Gruppen.

Nach dem wissenschaftlich kontrollierten Gelage gaben die Teilnehmer noch am Abend an, wie betrunken sie sich auf einer Skala von 1 bis 10 fühlten. Dann mussten sie sich schlafen legen – unter ärztlicher Aufsicht. „Es ist gar nicht so leicht, um ein Uhr nachts eine betrunkene Meute ins Bett zu kriegen“, sagt Hensel. Einige wollten lieber weiterfeiern, manche mussten sich übergeben.

Am Morgen danach stuften die Trinker acht typische Katersymptome auf einer Skala von 0 bis 7 ein – Durst, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Bauchschmerzen, Herzrasen und Appetitlosigkeit. Aus der Summe dieser Werte ermittelten die Forscher dann für jeden Probanden den „Hangover Score“ – also das Ausmaß des Katers. Die Auswertung zeigt: Die Reihenfolge der Getränke spielte für den Kater keine Rolle – genauso wenig wie Geschlecht, Gewicht oder generelle Trinkgewohnheiten. Wie schlimm die Folgen des Rausches waren, hing ausschließlich davon ab, wie stark sich jemand am Abend zuvor betrunken fühlte und ob er sich übergeben musste.

Für die Forscher sind diese Erkenntnisse so simpel wie ernüchternd. „Tatsächlich muss man sich nur fragen: Wie betrunken bin ich?“, sagt Hensel. „Das ist auch die Message: Hör darauf, wie du dich fühlst.“

Das viel zitierte Sprichwort sei vermutlich dadurch entstanden, dass Bier in früheren Zeiten eher als Arbeitergetränk galt, während Wein einer höheren Klasse vorbehalten war, mutmaßt der Forscher. Vor diesem Hintergrund sei es eher als Rat zum sozialen Aufstieg zu verstehen – und nicht als akuter Tipp gegen einen Kater. (dpa)