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Freiwillig zu neuen Ufern

Sogenannte Freiwilligendienste ermöglichen vor allem jungen Leuten Einblicke in einzelne Berufsfelder.

Von Annett Kschieschan
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Umwelt, Landwirtschaft und Gartenbau gehören zu den Berufsfeldern, die auch in Sachsen sehr gut über Freiwilligendienste erkundet werden können.
Umwelt, Landwirtschaft und Gartenbau gehören zu den Berufsfeldern, die auch in Sachsen sehr gut über Freiwilligendienste erkundet werden können. © AdobeStock

Nikolai hat auf einem Bauernhof in der Westlausitz gearbeitet, auf dem Landwirtschaft nach ökologischen Kriterien betrieben wird. Dafür zog er direkt auf dem Hof ein. „Eine der prägendsten Zeiten überhaupt für mich“, sagt er heute, gut zehn Jahre später.

Öko-Landwirt ist Nikolai zwar nicht geworden. „Aber die Arbeit, das Miteinander haben meinen Blick auf die Dinge, die wichtig sind, verändert. Ich hatte nach den Monaten dort plötzlich mehr Mut, Entscheidungen zu treffen. Etwas, das mir vorher eher schwerfiel. Ich konnte mir viele Berufe vorstellen, war aber von nichts so richtig überzeugt. Im Freiwilligen Jahr habe ich gelernt, dass ich trotzdem einfach anfangen kann – verändern kann man sich ja eigentlich immer im Leben“, erzählt Nikolai, der in der Werbebranche arbeitet und bis heute darauf achtet, hauptsächlich ökologisch erzeugte Lebensmittel und Produkte zu kaufen. „Ich weiß, wie viel Arbeit drinsteckt“, sagt er.Das Beispiel des jungen Mannes aus Dresden zeigt gut, warum Freiwilligendienste wichtig sind. Sie können, müssen aber nicht direkt zu einem bestimmten Beruf führen. In jedem Fall schärfen sie das Gefühl für eigene Stärken und Schwächen, für das, was Menschen für sich selbst als motivierend erleben.

Junge Leute können heute aus so vielen Berufsbildern wählen wie vielleicht noch nie. Allein in Ostsachsen sind hunderte Lehrstellen frei, staatliche und private Hochschulen werben um Studierende. Da das Passende zu finden, ist oft gar nicht leicht. Freiwilligendienste können den Entscheidungsdruck lindern, indem sie niedrigschwellig Türen öffnen. Die Bandbreite ist groß. So können Dienste in der Kinder- und Jugendarbeit, der Gesundheits- und Altenpflege, in Kultureinrichtungen, bei Umwelt- und Naturschutzvereinen oder in der Landschafts- und Denkmalpflege absolviert werden. Unter den Kürzeln FSJ für Freiwilliges Soziales Jahr und FÖJ für Freiwilliges Ökologisches Jahr sind die Einsätze in diesen Bereichen schon seit der Nachwendezeit bekannt.

Orientierung und Sozialkontakte

Darüber hinaus gibt es den Bundesfreiwilligendienst. Die sogenannten Bufdis kommen ebenfalls im sozialen, ökologischen und kulturellen Bereich, aber zum Beispiel auch im Zivil- und Katastrophenschutz zum Einsatz. So bietet etwa das Technische Hilfswerk zahlreiche Möglichkeiten für den Bundesfreiwilligendienst, allein für Sachsen werden sieben potenzielle Einsatzstellen von Chemnitz bis Zittau angeboten.Die Landesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (LKJ) freut sich indes auf neue Bewerber für Freiwilligendienste in Dresden, Zittau, Leipzig und Torgau. „Freie Plätze stehen unter anderem im Kulturhaus Torgau, im Jugendkulturhaus „Heizhaus“ in Leipzig oder beim Kinder- und Jugendzirkus Applaudino in Zittau zur Verfügung“, heißt es bei der LKJ. Los geht es hier jeweils am 1. März.

Der größte Unterschied zwischen den Freiwilligen-Jahren und dem Bundesfreiwilligendienst ist die Altersbegrenzung. Wer ein FÖJ oder ein FSJ absolvieren möchte, darf nicht älter als 27 sein. Damit eignen sich beide Angebote vor allem für die Berufsorientierung. Der Bundesfreiwilligendienst ist offen für Bewerberinnen und Bewerber jeden Alters. In Sachsen können sie sich auch beim Freiwilligendienst aller Generationen (FdaG) bewerben.Interessierte verpflichten sich üblicherweise jeweils für ein Jahr, sie können bei Bedarf aber auch um sechs Monate verkürzen oder verlängern.Ein Gehalt gibt es für die Arbeit nicht, allerdings können Freiwilligendienstler mit einem Taschengeld rechnen. Für Bufids darf das maximal 402 Euro betragen. Zusätzliche Vergünstigungen gibt es über einen Freiwilligenausweis. Je nach Einsatzort kommen weitere Geld- oder Sachleistungen für Unterkunft, Arbeitskleidung und Verpflegung hinzu. Wichtig ist außerdem: Die Beiträge für Renten-, Unfall-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung werden übernommen.

Das gemeinsame Lernen macht die Freiwilligendienste besonders wertvoll.
Das gemeinsame Lernen macht die Freiwilligendienste besonders wertvoll. © AdobeStock

Viele Dienste starten entweder im März oder im September. Interessierte sollten sich rechtzeitig bei ihrem Wunsch-Einsatzort erkundigen. Aufwändige Bewerbungen sind meist unnötig. Eine kurze Begründung für den eigenen Wunsch nach dem Freiwilligendienst und ein Lebenslauf sollten dennoch immer eingereicht werden.Egal ob Öko- oder Soziales Jahr, ob Bufdi oder Freiwilligendienst aller Generationen - die Möglichkeiten, sich einzubringen, sind vielfältig. Sie bringen soziale Kontakte und helfen bei der Orientierung für die weitere Berufsplanung. „Außerdem tut es dem Selbstvertrauen gut. Gerade, wenn man vielleicht in einer Lebensphase ist, in der man nicht so recht weiß, wie es weitergehen soll“, sagt Nikolai. Er hat „seinen“ Einsatz-Hof schon mehrfach weiterempfohlen.

Viele Einsatzstellen informieren selbst über freie Plätze im Freiwilligendienst. Einen Überblick über die Möglichkeiten gibt es unter anderem hier:www.ehrenamt.sachsen.de, www.freiwillig-jetzt.de, www.bundesfreiwilligendienst.de, www.arbeitsagentur.de