Arbeit und Bildung
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Warum nicht Ingenieurin?

Das Projekt „tryIng“ der TU Dresden gibt jungen Frauen die Möglichkeiten, ein Studium in den Ingenieurwissenschaften vorab auszuprobieren. Nachdem die ersten Teilnehmerinnen begeistert waren, beginnt in diesem Jahr der nächste Durchgang.

Von Annett Kschieschan
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Warum nicht an einem Rennwagen schrauben und vielleicht nebenbei ganz praktisch die Weichen für die eigene Zukunft stellen – das Projekt „tryIng“ der TU Dresden macht das jungen Frauen möglich.
Warum nicht an einem Rennwagen schrauben und vielleicht nebenbei ganz praktisch die Weichen für die eigene Zukunft stellen – das Projekt „tryIng“ der TU Dresden macht das jungen Frauen möglich. © TUD/Crispin-Iven Mokry

Die Frage, wie wir künftig leben und arbeiten werden, ist viel mehr als ein Ausflug in Science-Fiction-Welten. Schon heute kommunizieren wir mit Haushaltsgeräten und Alltagsgegenständen, sorgen Roboter für Präzision in der Werkhalle, können wir körperliche Einschränkungen mit technischen Helfern ausgleichen. All das hat auch etwas mit technischem Design zu tun. Schließlich müssen Maschine, Künstliche Intelligenz und Mensch am Ende gut zusammenpassen. An der TU Dresden kann man das studieren. Technisches Design ist ein Vertiefungsstudiengang im Fachbereich Maschinenbau. Überrascht? Das geht auch vielen jungen Frauen so, die sich eigentlich gut vorstellen könnten, später als technische Design-Spezialistinnen zu arbeiten. Aber Maschinenbau? Das hatten die meisten von ihnen noch nie ernsthaft in Erwägung gezogen. „Wir haben oft Klischees im Kopf, wenn es um Studiengänge geht“, weiß Dr. Sylvi Bianchin. Als Referentin für Diversity Management an der TU Dresden betreut sie ein Projekt, das Klischees aufbrechen und Horizonte erweitern will. „tryIng“ verbindet das englische „try“ für „ausprobieren“ und die Abkürzung für Ingenieurwissenschaften.

Genau wie in allen MINT-Fächern, also den Studienrichtungen mit mathematischem beziehungsweise technisch-naturwissenschaftlichem Hintergrund, ist der Frauenanteil hier eher niedrig. Bei 36 Prozent verortete ihn Eurostat, das Statistische Amt der Europäischen Union, zuletzt für den kompletten MINT-Bereich. Und das, obwohl fast 58 Prozent der Hochschulabsolventen oder gleichwertiger beruflicher Ausbildungsgänge weiblich sind.„tryIng“ will das ändern. Und die Chancen stehen nicht schlecht. „Die bisherigen Teilnehmerinnen des Projektes waren vollauf begeistert. Viele haben gestaunt, welche Möglichkeiten die Ingenieurwissenschaften bieten und auch, was sie selbst eigentlich können“, so Sylvi Bianchin.

Denn noch oft trauten sich junge Frauen ein technisches oder naturwissenschaftliches Studium nicht so recht zu – selbst dann, wenn Interesse und gute Schulnoten vorhanden sind. Der Angstgegnerin Mathematik stellen sich die Teilnehmerinnen dementsprechend bei „tryIng“ ganz direkt. Beim Vorkurs Mathematik können oft Unsicherheiten abgebaut, Wissenslücken geschlossen und ein guter Übergang für einen möglichen Studienstart geschaffen werden.

Nächster Kurs im Sommer

In verschiedenen Workshops geht es dann ganz praktisch zur Sache. Einfach mal selber programmieren oder sich in der Elektrotechnik ausprobieren - die Möglichkeit dazu bekommen die jungen Frauen auch durch die Zusammenarbeit der TU mit verschiedenen sächsischen Unternehmen. Bei Exkursionen lernen sie vielfach direkt vor Ort Wissenschaftlerinnen kennen, die erfolgreich einen MINT-Studiengang absolviert haben und ganz praktisch von ihren Erfahrungen in der Arbeitswelt berichten. So entstehen lockere Netzwerke, schon bevor es in den Hörsaal geht. Dabei ist den Organisatorinnen durchaus bewusst, dass nicht jede Teilnehmerin des sechseinhalbwöchigen Projektes am Ende auch tatsächlich Ingenieurwissenschaften studiert. „Oft hilft ihnen die Erfahrung aber, ihre eigenen Studienziele besser definieren zu können“, so Sylvi Bianchin. Denn auch die Erkenntnis, dass eine bestimmte Fachrichtung doch nicht die richtige ist, sei wertvoll.

Der nächste Durchgang von „tryIng“ beginnt Anfang August. Er dauert sechseinhalb Wochen. Wer dabei seine Entscheidung für ein Studienfach festigen konnte, hat so noch direkt die Möglichkeit, sich für das Wintersemester einzuschreiben. Durch die Erfahrungen des Projektes fällt die Umstellung zum Unialltag oft leichter. Die erste Hürde ist für die „Versuchs-Ingenieurinnen“ in spe schon genommen.

Die Teilnehmerinnen probieren sich auch in der Informatik aus.
Die Teilnehmerinnen probieren sich auch in der Informatik aus. © TUD/Crispin-Iven Mokry

Auch das ist ein Ziel der akademischen Schnupperwochen, die sich gut in ähnliche Initiativen einreihen. So will die Girls Day Akademie Dresden Schülerinnen dazu ermutigen, in bisher männerdominierten Branchen Fuß zu fassen. Bei der vom Frauenförderwerk getragenen Initiative treffen sich Mädchen der Klassenstufen 7 bis 9 regelmäßig, um sich in der Informatik sowie technischen und naturwissenschaftlichen Berufen auszuprobieren. Die TU selbst hat mit dem Mathe- und Informatik-Camp in Weißwasser gute Erfahrungen gemacht. So gute, dass nun schon ein Folgeprojekt in Arbeit ist. „Wir wollen dort gern im Herbst ein Camp für den Bereich Ingenieurwissenschaften mit dem Schwerpunkt Klima- und Umweltschutz anbieten“, so Sylvi Bianchin. Erst einmal aber hofft sie auf viele Bewerbungen für den nächsten Durchgang von „tryIng“. „Ich freue mich über jede junge Frau, die auch durch uns ihren Studienweg findet“, sagt die Koordinatorin. Die Kosten für die Teilnahme in Höhe von 340 Euro sollen dabei niemanden abschrecken. „Es gibt dafür zahlreiche Stipendiumsmöglichkeiten, so dass keine Bewerbung an den Kosten scheitern sollte“, erklärt Sylvi Bianchin. Offen ist das Projekt nicht nur für Abiturientinnen, sondern zum Beispiel auch für Frauen, die nach einer Ausbildung oder einem Auslandsjahr nun ein Studium beginnen möchten. Vielleicht ja in den Ingenieurwissenschaften.

Das nächste „tryIng“-Probestudium dauert vom 3. August bis 16. September, Anmeldungen sind bis 15. Juli möglich, Info/Kontakt: [email protected]