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Wirbel um Produkte-Boykott

Ein Biomarkt in Leipzig hat Produkte eines Herstellers aus dem Sortiment genommen, weil dessen Geschäftsführer bei der AfD aktiv ist. 

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© Flickr/Marco Verch

Leipzig. Die Leipziger Biomarktkette Biomare hat Produkte der Marke Spreewälder Hirsemühle aus dem Sortiment genommen. Geschäftsführer Malte Reupert begründet diesen Schritt mit dem politischen Engagement des Herstellers Jan Plessow für die AfD. Das geht aus einem Schreiben an die Spreewälder Hirsemühle mit Sitz in Brandenburg hervor, das Biomare auf seiner Internetseite veröffentlicht hat.

Reupert zählt in dieser Mail Gründe auf, warum bei Biomare die Hirsemühle-Produkte nicht mehr verkauft werden. Da die AfD den Klimawandel leugne und eine aktive Klimaschutzpolitik bekämpfe, trage sie nichts zum Thema Nachhaltigkeit bei. Jan Plessow, Mitglied des AfD-Kreisverbands Spree-Neiße, mache sich damit als ökologischer Unternehmer unglaubwürdig. „Dies macht uns eine weitere Zusammenarbeit mit Ihnen unmöglich. Wir listen daher Ihre Produkte aus unserem Sortiment aus“, heißt es weiter in dem Schreiben, das Mitte Juli versandt wurde.

Auch die Antwort Plessows wurde veröffentlicht. Er sehe in dem Schreiben des Biomarkts einen Fall für den öffentlichen Pranger und den Verfassungsschutz. „Wenn sie privat an den menschengemachten Klimawandel glauben, ist das ihre persönliche Ansicht. Menschen die das nicht tun, sind deshalb keine Verbrecher oder schlechte Menschen!“ [sic] Er fordert Reupert auf, Andersdenkende nicht moralisch unter Druck zu setzen. Weitere Absätze befassen sich mit der Notwendigkeit von Kohlestrom, der Kriminalität von Flüchtlingen und der politischen Wende 1989. Zum Schluss schreibt er: „Was ein Engagement eines Menschen in einer Partei mit dem Produkt zu tun hat, das in seinem Unternehmen hergestellt wird, hätte ich gerne nochmal näher erklärt bekommen.“

Laut dem Redaktionsnetzwerk Deutschland hängt noch heute, zwei Monate nach dem Schriftwechsel, ein Schild mit einer entsprechenden Erklärung im Biomarkt in Leipzig, warum Kunden die Produkte der Hirsemühle nicht bei Biomare kaufen können. Der Konflikt kocht jetzt wieder hoch, nachdem der Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Christian Lüth, ein Fotos des Aushangs twitterte mit den Worten: „Ökos! Wehrt Euch! Kauft nicht bei AfDlern!“

Die Reaktionen bei Twitter sind durchmischt. Unterstützer von Biomare sehen den Boykott als legitimes und notwendiges Mittel, Anhänger der AfD sehen darin einen Einschnitt in die Meinungsfreiheit und vergleichen das Vorgehen mit der Ausgrenzung von Juden unter Hitler.

Biomare-Geschäftsführer Malte Reupert meldete sich am Dienstag mit einer Pressemitteilung zu Wort, in der er die Sortimentsausweisung erneut verteidigt. „In der Sache ist die Empörung durch nichts gerechtfertigt, denn transparente Listungsentscheidungen nach den Kriterien einer nachhaltigen Unternehmensführung unserer Lieferanten sind Kern unserer Aufgabe.“

Die AfD wiederum wolle nun Jan Plessow finanziell unterstützen, denn nicht nur Biomare boykottiert dessen Produkte, sondern auch die Supermarktkette Bio Company und der Bio-Lebensmittel-Konzern Alnatura, berichtet der RND. „Ist ihnen in ihrem totalitären Furor klar, dass außer meiner Existenz auch die meiner Kinder und die Existenzen meiner Mitarbeiter mit ihren Kindern zur Disposition stehen?“, schreibt der AfD-Politiker in einer weiteren E-Mail an Biomare. (SZ/nr)