Bischofswerda. Rund 900 Personen sind Mitglied der Facebook-Gruppe "Bischofswerda: Aktuelles und Geschichte(n)". In letzter Zeit werden dort immer häufiger historische Ansichten der Stadt gezeigt, und es wird darüber diskutiert. "Ich mache den Leuten im Internet gerne eine Freude", erzählt Johannes Haase gegenüber Sächsische.de. Der 70-Jährige veröffentlicht fast jeden Tag historische Aufnahmen, die er gesammelt hat.
"Insgesamt habe ich um die 400 Postkarten, bei manchen muss man auch mal raten, was man da sieht", erzählt er. Bei Trödelmärkten, Sammlerbörsen und im Internet schaut sich Haase um und sucht ständig Nachschub. Rein aus geschichtlichem Interesse, wie er erzählt. Besonders eine Postkarte erreichte auf Facebook eine große Reichweite. Darauf zu sehen ist das ehemalige Schützenhaus der Stadt.
Vom Schützenhaus zum Kulturhaus
"Unten links war ein Fernsehraum. Da konnte man damals Sonntagvormittag das Kinderprogramm anschauen, weil es hatte ja kaum einer einen Fernsehapparat", erinnert sich Johannes Haase an seine Kindheit. Nachdem dann immer mehr Familien einen eigenen Fernseher hatten, sei der Billardclub eingezogen. Heute trägt das Gebäude, das sich mit der Zeit komplett verändert hat, den Namen "Kulturhaus".
Auch Bernhard Plewnia, heute Vorsitzender des Unternehmerclubs Oberlausitz, kann sich an alte Zeiten in dem Gebäude noch sehr gut erinnern. Er selbst habe sieben Jahre dort gearbeitet. "Jeder renommierte Handwerker hat einen Raum bekommen, den er gestalten durfte", erzählt er.
Doch seit dem Mauerfall sei es mit dem Haus stetig bergab gegangen. "Zu meiner Zeit durfte niemand einen Nagel in die Wand schlagen, heute sieht es dort ganz anders aus", sagt er. Doch soll es in Zukunft wieder bergauf gehen - und ein Kultur- und Kommunalzentrum entstehen.
Vom Armenhaus zum Wohnhaus
Plewnia selbst hat auch schon historische Aufnahmen aus Bischofswerda in besagter Facebook-Gruppe veröffentlicht. Eines zeigt ein Gemälde, welches bei ihm zu Hause an der Wand hängt. "Da gibt es zig Bilder von dem Motiv. Das hier ist von Zeichenlehrer Kurt Kassner", erzählt er.
Früher sei in dem Gebäude auf der rechten Seite des Bildes ein Armenhaus gewesen. Im Vordergrund zu sehen ist der sogenannte Kress-Sack. "Dieser Name hatte sich eingebürgert, da im Mittelalter die Stadtmauer den Ausgang versperrte. Es war also eine Sackgasse", erklärt Johannes Haase. Der erste Teil des Namens soll von den zahlreichen Sonnenfischen kommen, die sich im Gewässer an dieser Stelle früher aufhielten. Denn Gründlinge werden auch Kressen genannt.
Bernhard Plewnias Interesse an den alten Stadtansichten ist nachvollziehbar. "Ich bin ein alter Ober-Schiebocker und hier aufgewachsen", sagt er. Auf dem Dachboden habe er noch ein paar tausende Ansichtskarten liegen. Sollte er mal Zeit dafür finden, werden sicherlich einige in der Facebook-Gruppe landen.
Das hat Kurt Kassners Gemälde mit dem Blick in die Pfarrgasse bereits geschafft. Doch hat sich hier mittlerweile vieles verändert. Heute fließt nur noch selten Wasser entlang des Schillerparks, das Armenhaus wurde längst zu einem Wohnhaus. Die Parallelen zu der alten Ansicht sind aber weiterhin deutlich zu erkennen.
Der alte Altmarkt
Auch der Schiebocker Altmarkt sieht heute deutlich anders aus als vor 50 Jahren. "Eine weiße Maus, also ein Verkehrspolizist, regelt den Verkehr. Das war immer so ein bisschen schwierig mit der manuellen Regelung. Wenn der Polizist schlechte Laune hatte und man als Fahranfänger einen kleinen Fehler gemacht hatte, gab's dann schon mal einen Stempel", erinnert sich Andreas Mikus.
Der Teamchef des Netzwerks für Kinder- und Jugendarbeit hat hier selbst auch einige Zeit seines Lebens verbracht. "Am Markt hat man sich manchmal mit Kumpels getroffen zum Quatschen, deswegen kenne ich das noch sehr gut", erzählt er. Damals gab es noch den alten Bus-Parkplatz und viel mehr Verkehr als heute. Seitdem die Busse am Bahnhof halten, sei es deutlich ruhiger geworden.
Mikus interessiert sich so sehr für die Geschichte der Stadt, dass er mit drei weiteren Männern einen historischen Stammtisch gegründet hat. "Der ist aus der 600-Jahr-Feier 2012 entstanden, denn da haben wir ein kleines Büchlein über den Ortsteil Pickau rausgebracht", erzählt er. Auch heute noch trifft sich die kleine Gruppe regelmäßig, um sich auszutauschen.
Anderen eine Freude machen
Als der Trend zum Austausch alter Stadtansichten in der Facebook-Gruppe aufkam, wollte sich Andreas Mikus auch gleich beteiligen. "Ich finde das interessant, wenn Leute alte Stadtansichten und Postkarten teilen, wie zum Beispiel Johannes Haase. Sowas bekommt man ja sonst nicht mit", erzählt er.

Von Haase selbst werden auch in Zukunft noch viele Beiträge kommen. "Ich habe meine ganzen Karten auch digitalisiert, da kann ich schnell was veröffentlichen", erzählt er. Dass er damit anderen Leuten eine Freude macht, ist ihm sehr wohl bewusst. "Vieles, was die Leute nicht wissen, kann ich erklären. Das macht mir Spaß", sagt er.
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