Bischofswerdaer baut deutschlandweit Spielplätze

Bischofswerda. Michael Sticht streicht über die glatt geschliffenen Bohlenbretter seines Tischs im Büro. „Dieses Holz stammt vom Abbau eines alten Spielplatzes. Es war in meinen Augen zu schade zum Wegwerfen“, sagt der Inhaber des ASS-Spielplatzservice in Bischofswerda.
Mit seinem Unternehmen baut und wartet der Selbstständige deutschlandweit Wohlfühlorte für kleine Entdecker genauso wie für große Abenteurer. Ein nächster Auftrag führt ihn unter anderem ins kleine Dorf Gingst auf der Insel Rügen. Seine berufliche Heimat aber sieht er in Bischofswerda. Hier will er sich nun mit einem Hallen-Neubau in der Friedrich-List-Straße erweitern.
Die Bürofenster in der zwei Kilometer entfernten Bahnhofsstraße geben den Blick auf den Hintereingang des Polizeireviers frei. Michael Sticht sitzt Sohn Thomas am Tisch gegenüber. Er ist der Grund, warum der Selbstständige die Liebe zu Spielplätzen entdeckte. Obwohl: Das Spielen liegt dem 52-Jährigen schon immer im Blut.
Gleich nach der Wende eröffnet er in Bischofswerda einen Spielzeugladen mit Scherzartikeln, Furzkissen inklusive. Mit einem solchen Papa kann der Sprössling in der Schulzeit punkten. „Wir sind auf dem Nachhauseweg oft im Laden vorbeigegangen. Manchmal gab es Rabatt“, sagt der Junior schmunzelnd.
Mit einer Elterninitiative fing alles an
Das Lachen vergeht Familie Sticht allerdings 2008 beim Anblick des geliebten Spielplatzes im Lutherpark. „Betreten verboten“ heißt es seinerzeit, die Spielgeräte sind in die Jahre gekommen. Die Stadt signalisiert: Die Kasse ist leer, kein Geld da für eine neue Spiellandschaft.
Doch mit der Aussage gibt sich Michael Sticht nicht zufrieden. Stattdessen sagt er: „Wir nehmen es in die eigene Hand.“ Er gründet eine Elterninitiative, sammelt Spenden, bespielt mit seinen Kindern die Spielplätze in der näheren Umgebung. Zugleich beschäftigt er sich mit Spielplatzbau, dessen Finanzierung und DIN-Normen für Freizeitanlagen.
Die jüngste Rechtssammlung liegt als Buch immer griffbereit auf dem Schreibtisch. Vom Büro bis zur ersten selbst geplanten Spiellandschaft braucht es mit dem Auto gerade einmal fünf Minuten. 36.000 Euro kostet die Errichtung damals. Die Freude der Kinder dagegen ist unbezahlbar, wie bei Vater und Sohn immer noch.
Mit Leichtigkeit hüpfen sie für das Foto auf ihre Holzburg, die sie im vergangenen Jahr erst wieder auf Vordermann gebracht haben. „Ich dachte, mit allem angehäuften Wissen muss ich doch was anfangen können“, sagt der studierte Elektrotechniker. Dazu kommt eine solide Handwerksausbildung als Landmaschinenschlosser beim Kreisbetrieb Landtechnik in Schmölln.
Unternehmer kontrolliert auch Spielplätze in Berlin
Das Handy klingelt. Michael Sticht sagt mehr zu sich selbst als zu seinem Sohn: „Wir müssen noch das Angebot für die Schaukel in Chemnitz fertigmachen.“ 2009 hat er seinen ASS-Spielplatzservice gegründet. Inzwischen baut er deutschlandweit Spielplätze, schätzungsweise 20 bis 30 seiner Großanlagen ab 50.000 Euro sind landesweit zu finden.
In der näheren Umgebung hat er unter anderem den Pfefferkuchen-Spielplatz in Pulsnitz und das Spielgelände in Oybin mit der Eisenbahn entworfen. Bei individuellen Wünschen arbeiten die Schiebocker mit der „Spielplatzwelt“ in Königstein zusammen. Die Kreativspezialisten fertigen unter anderem Spielgeräte aus Robinie.
Doch Gestaltung, Planung und Bau der Freizeitanlagen ist nur ein Spielplatzservice-Standbein. Michael Sticht kontrolliert auch Spielplätze. In Berlin wartet er städtische Anlagen, in Dresden ist er für die Sicherheit von 200 kommunalen und nochmals 160 Spielplätzen einer Wohnungsgesellschaft zuständig. Nach Velpke in Niedersachsen reist er mit seinem Werkzeug- und Reparaturkoffer genauso wie nach Pirna.
Der Selbstständige lacht. „Das Schönste an unserem Beruf ist, dass wir die Spielplätze ja auch immer testen müssen. Ich bin deshalb ein Kind geblieben.“ Obwohl er sich in jüngster Zeit oft mit seinem Sohn einigen muss, wer bei einem neugebauten Spielgerät den ultimativen Sticht-Test machen darf, bevor dann der Tüv kommt.
Wegzug aus Bischofswerda ist vom Tisch
Der Junior als ausgebildeter Bürokaufmann ist seit einem Jahr im Unternehmen. Es ist der Traum des Zwei-Mann-Teams, dass Thomas Sticht mal gänzlich in die Fußstapfen des Vaters steigen wird. Schon jetzt sind beide häufig gemeinsam auf den Spielplatz-Baustellen. Für Neubauten beauftragt Michael Sticht zudem selbstständige Spielplatzbauer.
„Wir sind in den vergangenen Jahren als Unternehmen gewachsen. Bis jetzt war unser Außenlager für die Spielgeräte in Königstein. Das wollen wir in die Stadt holen“, sagt Michael Sticht. Für die Investition habe er sich gut überlegt, ob er mit seiner Firma Richtung Mitteldeutschland umzieht, auch um Wege in alle Himmelsrichtungen zu verkürzen. Doch der Bau der Halle in der List-Straße sei für ihn nun eine Entscheidung für den Standort Bischofswerda.
Der städtische Ausschuss für Technik und Wirtschaft hat dem Kauf des Grundstücks schon zugestimmt. Im nächsten Jahr soll dann die Halle stehen, doch jetzt muss sich Michael Sticht erstmal um das Angebot für die Schaukel in Chemnitz kümmern - und für Gingst müssen auch noch einige Vorarbeiten erledigt werden.