Alpakas bringen ein Stück Südamerika nach Neukirch

Neukirch/Lausitz. Eddy ist der neugierigste von allen. Der Alpaka-Hengst ist gerade ein Jahr alt geworden und nimmt alles und jeden rund um sein neues Zuhause in Neukirch genau in Augenschein. Seine drei Kameraden Janus, Bandit und Hölderlin sind zwar etwas vorsichtiger, aber nicht minder neugierig. Vor wenigen Tagen haben sie am Fuße des Valtenbergs ihre neue Heimat gefunden. Für Besitzerin Jana Beck ist damit ein langgehegter Traum in Erfüllung gegangen.
Als sie vor Jahren Urlaub in Österreich machte, begegnete sie erstmals den sanftmütigen Tieren. „Wer einmal einem Alpaka zu tief in die Augen schaut, ist verloren“, ist sie überzeugt. Die 46-Jährige wohnt eigentlich in Fischbach bei Arnsdorf, „aber dort habe ich trotz intensiver Suche keine geeignete Weidefläche für die Tiere gefunden“, sagt sie. Fast hätte sie deshalb ihren Traum begraben. Doch als sie 2021 in Thüringen zur Reha war, kamen die Alpakas erneut in ihr Leben. Sie lernte ein Paar kennen, das die ursprünglich aus den Anden stammenden Tiere hält, und machte ein Alpaka-Wanderung mit.
Ein Sachkunde-Nachweis ist für die Haltung erforderlich
Für Jana Beck war das ein Zeichen, das Projekt wieder in Angriff zu nehmen. Denn just in diesem Augenblick schlug ihre in Neukirch wohnende Mutter vor, die Tiere doch am Valtenberg unterzubringen. Beck knüpfte Kontakte zu einer Züchterin im erzgebirgischen Oederan. „Da wurde mir gleich gesagt, dass eine Herde ab drei Tieren startet“, sagt sie. Um sich bestmöglich auf die Tiere vorzubereiten, hat Jana Beck nicht nur eine gut 2.000 Quadratmeter große Weidefläche für die Alpakas geschaffen, sondern auch ein Praktikum absolviert, einen Sachkundekurs in Pockau belegt und bei einer Schur mitgeholfen.
Bis zu 10.000 Euro kann ein Alpaka kosten, abhängig von Größe, Statur und der Qualität der Wolle. „Für Hobbytiere wie meine zahlt man weniger, aber es sind in jedem Fall wertvolle Tiere“, sagt Jana Beck. In der Haltung sind sie allerdings sehr genügsam. Gras von der Weide, Heu und ein paar Mineralien sowie ein großer Wassertrog - das reicht den vier Junghengsten. Für die Nacht haben sie einen großen Stall bekommen, der von Becks Familie und Freunden direkt an der Weide gebaut wurde.
Noch sind die Tiere jung und entsprechend klein. Dennoch: „Alpakas sind Fluchttiere. Deshalb sollte man ihnen nicht über den Kopf streichen oder sie an den Beinen packen, denn dann sagt ihr Instinkt, dass Gefahr droht“, erklärt die Besitzerin. An Besucher, die auf dem Wanderweg direkt an der Weide vorbeikommen, appelliert sie zudem, die Tiere nicht zu füttern. „Obst, Brot und viele Gemüsesorten vertragen die Tiere nicht.“
Wanderungen, Wollverkauf und Therapieausflüge
Jetzt im Sommer ist das Fell der Alpakas noch kurz, doch wer hineingreift, merkt, wie weich und flauschig die daraus gewonnene Wolle sein muss. Alpakawolle gilt aufgrund bester thermischer Eigenschaften kombiniert mit angenehmem Tragekomfort als eines der edelsten Naturmaterialien. Der Scherer kommt einmal im Jahr. „Aber es ist schwer, dafür jemanden zu bekommen. Deshalb überlege ich, ob ich das nicht auch selbst erlernen könnte“, sagt Jana Beck. Mit ihren vier Jungs, wie sie ihre Jungtiere bezeichnet, hat sie indes noch viel mehr vor.
Bereits ab August möchte sie anderthalbstündige Alpaka-Wanderungen rund um den Valtenberg anbieten. „Wer mit den Tieren unterwegs ist, vergisst schnell den Stress des Alltags“, sagt sie. Obwohl sich die Tiere nicht abrichten lassen, seien sie geduldige Weggefährten. Um fit für die ersten Besucher zu sein, wird nun jeden Tag geübt: Halfter anlegen, sich führen lassen und Halfter wieder ablegen.
Für Kindergeburtstage will die Halterin spezielle Kurse anbieten, an deren Ende der Alpaka-Führerschein steht. Und da die Tiere wegen ihres ruhigen Wesens für Therapiezwecke verwendet werden, hofft sie, dass Eddy, Janus, Bandit und Hölderlin auch bald ein beliebtes Ausflugsziel für therapiebedürftige Menschen sein werden. Wer die kuschligen Tiere live sehen möchte, kann das auch zu den Herbstmärkten im September in Stolpen und Neukirch. Wenn alles wie geplant läuft, kann sich Jana Beck, die hauptberuflich im öffentlichen Dienst arbeitet, später auch einen kleinen Hofladen mit Wolle, aus Alpakadung gewonnenem Dünger und Alpakaseife vorstellen.