SZ + Bischofswerda
Merken

„Großharthau soll einen S-Bahn-Anschluss bekommen"

Zur Bürgermeisterwahl in Großharthau tritt nur Amtsinhaber Jens Krauße an. Er spricht im Interview mit Sächsische.de über seine Wünsche und Visionen für die Gemeinde.

Von Miriam Schönbach
 3 Min.
Teilen
Folgen
Jens Krauße (SPD) tritt am 12. Juni erneut zur Bürgermeister-Wahl in der Gemeinde Großharthau an. Eines seiner Ziele für die nächste Amtszeit ist: „Großharthau soll wieder 3.000 Einwohner zählen.“
Jens Krauße (SPD) tritt am 12. Juni erneut zur Bürgermeister-Wahl in der Gemeinde Großharthau an. Eines seiner Ziele für die nächste Amtszeit ist: „Großharthau soll wieder 3.000 Einwohner zählen.“ © Steffen Unger

Großharthau. Seit über 20 Jahren ist der Sozialdemokrat Jens Krauße Bürgermeister in der Gemeinde Großharthau - und will es auch in den nächsten sieben Jahren bleiben. Der 55-Jährige tritt am 12. Juni als einziger Kandidat zur Bürgermeisterwahl an. Welche Projekte für ihn wichtig sind, sagt er im Interview mit Sächsische.de.

Herr Krauße, Sie gehören zu den dienstältesten Bürgermeistern in Landkreis Bautzen. Woher nehmen Sie die Lust für eine weitere Amtszeit?

Kommunalpolitik macht mir nach wie vor Spaß. Aber ich gebe auch zu, vor 20 Jahren hat es mir noch mehr Spaß gemacht.

Warum?

Die Gesellschaft hat sich verändert, es gibt immer mehr Bürokratie. Als ich angefangen habe, sind wir viel unbedarfter an Projekte herangegangen. Heute denke ich: Wie konntest Du manche Entscheidung treffen, ohne Dich abzusichern? Jeder versucht heute an seinem Platz, die Paragrafen und Gesetze ohne Spielräume einzuhalten, aber als Bürgermeister oder Kommunalpolitiker hast Du nichts mehr, wo Du Dich absichern kannst. Es gibt inzwischen so viele Hürden von Amts wegen, dass sich Veränderungen nur sehr zäh, manchmal gar nicht mehr anschieben lassen.

"Ohne Zuzug wären wir ein aussterbender Ort"

Die Gesellschaft hat sich verändert, sagten Sie. Was macht aus Ihrer Sicht den Menschen in der Gemeinde Großharthau Sorgen?

Neben den globalen Herausforderungen wie Corona oder aktuell der Krieg in der Ukraine sind es vor allem die kleinen „Sorgen“: von der Ausstattung in Kita und Schule über Straßenbau und zuweilen sogar private Streitigkeiten. Im Allgemeinen muss man aber sagen: Die Großharthauer sind sehr dankbare Bürger. Eines ihrer größten Probleme war über lange Jahre die fehlende Einkaufsmöglichkeit. Mit der Eröffnung des Norma-Marktes 2019 hat sich dieses Thema gelöst – und es gibt sogar noch eine gute Nachricht. Der Markt wird im Inneren von 800 auf 1.000 Quadratmeter Verkaufsfläche erweitert. Damit ist aus meiner Sicht der Standort gesichert.

Welche Themen konnten Sie mit dem Gemeinderat noch abschließen?

Wir haben mit dem Kreis die Straße in Seeligstadt über sieben Jahre gebaut. Es ist wohl die größte Straßenbaustelle des Kreises, da mussten wir den Bürgern viel abverlangen. Wir haben den Weg für die Erschließung eines weiteren Wohngebiets durch einen privaten Investor freigemacht, denn der Zuzug junger Menschen ist wichtig. Ohne sie wären wir - wenn ich mir die Altersstruktur anschaue - ein aussterbender Ort. So kommen neue Leute, die sich nach einigen Jahren in der Feuerwehr und Vereinen einbringen, auch neue Ideen und einen neuen Blickwinkel beisteuern. Wir wollen schließlich die Selbstständigkeit der Gemeinde erhalten.

Und was ist noch geworden?

Der Brückenbau als Maßnahme des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr konnte abgeschlossen werden, das Rittergut ist durch einen privaten Investor fertiggestellt worden. Großharthau hat eine neue Feuerwehr bekommen, die Schule wurde mithilfe des Bundesprogramms digitalisiert, um nur einiges zu nennen.

"Unsere Spielräume werden immer mehr beschnitten"

Wo liegen die Herausforderungen in den kommenden Jahren?

Da mache ich mir große Sorgen. Unsere Spielräume werden durch Bürokratie und Gesetze immer mehr beschnitten. Dadurch droht Kommunen die Handlungsunfähigkeit, auch durch die Übertragung von immer mehr Aufgaben, die nicht ausfinanziert sind. Etwa 95 bis 97 Prozent sind gebundene Ausgaben, das legt der Gesetzgeber fest. Nur drei bis fünf Prozent sind verfügbare Mittel, wo wir sagen können: Das sind unsere Wünsche.

Und welche Projekte gibt es für Großharthau?

Es ist schon viel auf dem Weg: Das dritte Wohngebiet wird im Juni fertig. Ich habe mit dem Leiter des Pflegeheims im Ort wegen einer Kapazitätserweiterung gesprochen. Vor sechs Wochen gab es die erste Bauvoranfrage. Das Pflegeheim soll 43 Plätze mehr bekommen plus Tagespflege und Betreutes Wohnen.

Im Flächennutzungsplan ist ein Gewerbegebiet ausgewiesen. Aktuell sprechen wir mit den Eigentümern der Flächen über den Kauf. Ein großer Wunsch ist der Bau der Kreisstraße in Bühlau, sie ist in einem sehr schlechten Zustand. Wir müssen versuchen, die Planung zu forcieren. Dem Thema erneuerbare Energien müssen wir uns stellen. Es gibt die ersten Anfragen von Investoren, vorrangig nach Flächen für Solar. Sollte es dazu kommen, ist unser Ziel, dass wir die Bürger an den Anlagen beteiligen. Und dann gibt es noch unser größtes Projekt.

"Wir wollen ein Hortzentrum mit 100 Plätzen bauen"

Welches?

Wir wollen mit Mitteln aus dem Strukturwandel an der Grundschule ein Hortzentrum für 100 Plätze bauen. Vor über einem halben Jahr lagen die geschätzten Kosten bei 4,2 Millionen Euro. Im Juni ist der Begleitausschuss, wir hoffen, dass wir das positive Votum bekommen.

Wie wichtig sind Vereine für die Arbeit und das Miteinander in Ihrer Gemeinde?

Wir haben in allen Ortsteilen sehr vielfältige Vereine, sie stehen und fallen mit handelnden Personen. Es braucht Menschen mit Enthusiasmus und Energie. Wenn unsere Vereine wegfallen würden, wären alle Gemeinden ärmer. Das ist das Salz in der Suppe.

Wie sieht Ihre Vision für Ihre Gemeinde aus?

Wir haben eine positive Bevölkerungs- und Gewerbeentwicklung. So ist viel in Bewegung in der Gemeinde, aber eine Vision ist, dass Großharthau wieder 3.000 Einwohner zählen soll. Aktuell sind wir bei 2.979. Diese Vision ist so wichtig, weil wir dann mehr Geld vom Freistaat bekommen – und wir als Gemeinde mehr Spielraum haben. Eine zweite Vision ist ein ordentlicher ÖPNV-Anschluss ans Ballungszentrum. Mit Bischofswerda mahnen wir an, dass wir einen S-Bahn-Anschluss und einen einheitlichen Ticketpreis bekommen und die Strecke elektrifiziert wird.