Bischofswerda. „Winnetou ist kein Apache.“ Unter diesem Titel fragt eine neue Podcast-Serie im MDR, ob Karl-May-Spiele noch zeitgemäß sind. Ihr Autor ist Ben Hänchen. Den Journalisten kennt das Publikum von seinen zahlreichen Produktionen um Winnetou und Old Shatterhand in Bischofswerda.
„Ich stehe seit meinem fünften Lebensjahr auf einer Karl-May-Bühne – und jetzt stelle ich ,plötzlich' ziemlich unbequeme Fragen: Ist es in Ordnung eine andere Kultur so klischeehaft darzustellen, wie es in Stücken nach Karl May getan wird? Ist das vielleicht sogar rassistisch, was wir da machen?“, sagt er über die Idee zum Podcast. Mit diesen unangenehmen Fragen müssten sich Karl-May-Fans und vor allem Karl-May-Spiele kritisch auseinandersetzen.
Auf der Suche nach Antworten kommen nun in der sechsteiligen Serie unter anderem der Schauspieler Alexander Klaws, der aktuell bei Deutschlands bekanntesten Karl-May-Spielen in Bad Segeberg die Rolle des Winnetous spielt, sowie die Kulturwissenschaftlerin Dana Weber zu Wort. Sie hat zu dem Phänomen „Karl-May-Spiele in Deutschland“ promoviert und dafür viele Bühnen besucht.
Auch der in Deutschland lebende Native American Kendall Old Elk und der Direktor des Karl-May-Museums in Radebeul, Robin Leipold, sind mit ihrer Sicht in dem MDR-Format zu hören. Leipold sagt: „Wenn Karl-May-Spiele weiter eine Daseinsberechtigung haben wollen, müssen sie sich genauso wie wir Museen weiterentwickeln. Sie sollten stärker aufklären.“
Karl-May-Spiele schon lange in der Kritik
Karl-May-Spiele sind schon länger in der Kritik. Unter anderem lautet ein Vorwurf, dass die Darstellung des fiktiven Häuptlings der Apachen „kolonialistisch, klischeehaft und wirklichkeitsfern“ sei. Ben Hänchen sei mit der Beschäftigung mit dem Thema „ein bisschen die Naivität und die Leichtigkeit verloren gegangen", sagt er. Es sei ihm wichtig, das Thema künftig reflektierter und sensibler anzugehen. „Außerdem habe ich Kontakte mit Native Americans knüpfen können, mit denen wir zum Beispiel bei den Karl-May-Spielen Bischofswerda weiter zusammenarbeiten“, sagt der Autor.
Ben Hänchen ist der Sohn des Initiators der Karl-May-Produktionen, Uwe Hänchen. Deutschlands kleinste Karl-May-Festspiele sind 1993 als Schulprojekt
entstanden, seit 1994 sind die Abenteuer auf der Waldbühne Bischofswerda zu
erleben. Die diesjährigen 22 Vorstellungen sind schon komplett ausverkauft. Premiere feiert "Old Surehand" am 3. Juli auf der Waldbühne. Die Podcast-Serie „Winnetou ist kein Apache“ ist ab 20. Juni in der ARD-Audiothek und im Programm von MDR Kultur zu hören.