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Blaue Kästen sparen Strom

Mit neuer Dimmtechnik bei den Straßenlampen im Gewerbegebiet will die Stadt Kosten reduzieren. Das nützt auch den Bienen.

Von Ines Luft
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Jochen Klaus, Elektro Zentrum Großenhain EZG eG, zeigt, wie die neuen Dimmtechnik für die Straßenbeleuchtung im Gewerbegebiet Radeburg funktioniert.
Jochen Klaus, Elektro Zentrum Großenhain EZG eG, zeigt, wie die neuen Dimmtechnik für die Straßenbeleuchtung im Gewerbegebiet Radeburg funktioniert. © Norbert Millauer

Radeburg. Gegen kalte Füße kann die neue Technik nicht helfen. Wäre zwar angebracht – an diesem späten Dienstagnachmittag wird es empfindlich kühl auf der Wiese im Radeburger Gewerbegebiet. Aber der Zweck der blauen Kästen im neuen Schaltschrank neben der Straße ist ein anderer. Die vier schuhkartongroßen Behälter sind Dimmer, steuern das Licht von 87 Lampen im Nordteil des Gebiets.

Sie sollen die Stadt beim Einsparen von Energiekosten unterstützen, erklärt Bürgermeisterin Michaela Ritter (parteilos) die Neuerung, für die sie nach mehrwöchiger Testphase jetzt das symbolische Startzeichen gibt. Weniger Geld ausgeben und trotzdem ordentlich Licht haben – seit Längerem ein großes Thema im Gewerbegebiet. Das hat sich erfreulich entwickelt, sagt die Bürgermeisterin. 

Etliche produzierende Unternehmen sowie Handwerksbetriebe haben sich angesiedelt, dazu Wäscherei, Druckerei, Großhandel, Logistikunternehmen. Mit der Auslastung der 54 Hektar großen Fläche an der A 13 ist die Stadt recht zufrieden.

Weniger zufriedenstellend entwickelte sich die Beleuchtung. Anfangs nur in den genutzten Bereichen eingeschaltet, kamen mit weiterer Bebauung alle anderen Straßen dazu. Für die Stadt als Eigentümerin der Straßen samt Lampen nicht leicht zu schultern: Energieverbrauch und -kosten stiegen. „Deshalb haben wir zeitweise jede zweite Lampe abgeschaltet – das ging natürlich nur als befristete Notlösung“, sagt Michaela Ritter. 

Seitdem lief die Suche nach einer Lösung. 2017 hörte die Stadtverwaltung eher zufällig von der Dimmlösung des Unternehmens KD Elektroniksysteme aus Zerbst. Die Produzenten kamen zur Info-Veranstaltung ins Rathaus, eine Bauamtsmitarbeiterin informierte sich bei Kollegen in Heidenau, wo es schon mehrjähriger Erfahrung dazu gibt.

Schließlich bauten extra geschulte Mitarbeiter der Elektro Zentrum Großenhain EZG eG vier sogenannte Dimmlight-Geräte in einen Schaltkasten im Gewerbegebiet ein. Die Firma hat die Technik vorgestellt und dazu beraten, ist auch jetzt Kundendienst-Partner, sollte mal was nicht in Ordnung sein. Jürgen Klaus von der Elektro Zentrum Großenhain EZG eG. zeigt beim offiziellen Startschuss gleich mal, wie das mit dem Dimmen funktioniert. 

Der Stromverbrauch kann in den verkehrsarmen tiefen Nachtstunden stufenlos um bis zu 67 Prozent gesenkt werden, über individuell festlegbare Programmierung. Auf dem Bildschirm des kleinen Computers lässt sich verfolgen, wie Dimmung hoch- und Energieleistung herunterfahren. Einige Minuten dauert es, bis die Lampen weniger hell leuchten – für den Betrachter ist das allerdings kaum wahrzunehmen. Er hat keinen Vergleich, denn alle benachbarten Lichtpunkte erscheinen gleich kräftig.

Im Stadthaushalt dagegen wird sich die Dimmtechnik der Bürgermeisterin zufolge deutlich bemerkbar machen. Jährlich sollen so Energiekosten und Kohlendioxid-Ausstoß um rund die Hälfte sinken. Zwar erst mal bei den 87 – von insgesamt 350 – Lampen im Gewerbegebiet, die mit etwa 12.400 Watt in einem Viertel des Gebiets für Licht sorgen. 

Dimmung bedeutet einen um 27.000 Kilowattstunden sinkenden Jahresverbrauch und eine Ersparnis von rund 6.000 Euro für die Stadt. Nach dreieinhalb Jahren dürfte sich die Investition amortisiert haben, sagt Bürgermeisterin Ritter. Und dass die Stadt die übrigen Lampen nach und nach umstellen wolle. Die Gesamtenergiekosten fürs Stadtgebiet belaufen sich auf rund 105.000 Euro jährlich.

Weitere Vorteile der aktuellen Umrüstung: Der Schaltkasten mit den Dimmern hätte sowieso rekonstruiert werden müssen. Außerdem verweist Ralf Picko vom Hersteller KD Elektroniksysteme GmbH Zerbst darauf, dass die Dimmtechnik patentiert ist, für Nachhaltigkeit ausgezeichnet und sich bundesweit in 400 Kommunen bewährt. Und sie lässt sich problemlos mit den in Radeburg vorhandenen Natriumdampflampen verbinden.

Ein Pluspunkt ist die neue Technik nicht zuletzt für Arten- und Umweltschutz, sie soll ein Zeichen gegen das Insektensterben und den Singvogelschwund setzen. So soll eine neue gesetzliche Regelung im Bundesnaturschutzgesetz aufgenommen werden, um lichtempfindliche Tiere, insbesondere Insekten, vor nachteiligen Auswirkungen sogenannter vermeidbarer Lichtemissionen zu schützen, unter anderem durch das Reduzieren von Beleuchtungsstärken auf das erforderliche Maß, heißt es vom Bundesumweltministerium.

Auf die Entwicklung in Radeburg angesprochen, erklärt Professor Dr. Dr. Felix Ekardt, Nachhaltigkeitsforscher und Vorsitzender des BUND Sachsen: „Wir begrüßen dimmbare Lampen, auch im Interesse der Tierwelt. Lampen aller Art sollten allerdings mit 100 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden.“