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Blechernes Bahn-Relikt

Durch die Sanierung der S 31 bei Strehla verschwindet ein Stück lokale Eisenbahn-Historie. Daran erinnert ein Fundstück.

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© Reiner Scheffler

Von Eric Weser

Strehla. Noch rumpelt es, wenn man mit dem Auto von Borna in Richtung Strehla fährt. Denn momentan liegen sie noch in der Staatsstraße 31, die Gleise der einstigen Bahnverbindung zwischen den Städten Strehla und Oschatz. Bald aber wird das Rumpeln ein Ende haben. Denn mit der Sanierung der S 31 in diesem Herbst wird auch die Gleisquerung beseitigt. Es ist auch ein Stück lokale Eisenbahn-Geschichte, das verschwindet.

Daran erinnert jetzt der Oschatzer Reiner Scheffler mit einem Relikt aus der Geschichte der früheren Schmalspurbahn, einem sogenannten Zuglaufschild. Die Blechtafeln wurden außen an den Personenwaggons unterhalb der Fenster eingehängt und gab den Reisenden Orientierung. Mit schwarzen Buchstaben auf weißem Grund zeigten sie an, in welche Richtung der Zug unterwegs war. „Die besseren Exemplare hatten einen Emaille-Überzug“, sagt Reiner Scheffler.

Aber waren Richtungsschilder eigentlich nötig bei gerade mal zwölf Kilometer Entfernung zwischen Strehla und Oschatz? „In Oschatz gab es ja noch eine andere Schmalspur-Strecke, die nach Mügeln führte. Da brauchte man das schon, um die Züge im Bahnhof unterscheiden zu können“, sagt Reiner Scheffler, der in den 1950er-Jahren selbst als Eisenbahner auf der Strecke gearbeitet hat. An die Schilder erinnert er sich noch genau. „Sie waren beidseitig bedruckt, damit man sie nur umzudrehen brauchte, wenn der Zug in die andere Richtung fuhr“, so der Bahn-Fachmann.

Verantwortlich fürs Umdrehen war das Bahnpersonal, das auch dafür Sorge tragen sollte, dass die Hinweistafel mindestens in jedem zweiten Waggon zu sehen war. „Aber das hat nicht immer geklappt“, erinnert sich Reiner Scheffler. Ein Grund: Die etwa 45 mal 12 Zentimeter großen Tafeln waren schon damals rostig – und schwer, da sie aus Metall bestanden. Gerade beim weiblichen Bahnpersonal seien die Schilder nicht sonderlich beliebt gewesen. Was dazu führte, dass zwischen Strehla und Oschatz meist nur an einem der drei Personenwaggons eine Tafel hing. Noch während seines Einsatzes wurde das Zuglaufschild zum blechernen Dino: Denn schon in den 1960ern begannen Hinweistafeln aus Kunststoff, die alten Exemplare aus Metall abzulösen. „Allerdings zunächst bei den Hauptbahnen. Auf den Neben- und Schmalspurstrecken kamen die alten Schilder noch zum Einsatz“, erzählt Reiner Scheffler. Nun aber nicht mehr außen am Waggon, sondern im Inneren, an den Fenstern.

Mit dem Aus der Schmalspurstrecke zwischen Oschatz und Strehla im Jahr 1972 verloren auch die Schilder ihre Funktion und wurden ausrangiert. Zumindest die, die noch da waren. „Es wurde schon zu Zeiten, als die Bahn noch fuhr, geklaut“, sagt Reiner Scheffler. Und auch heute sind sie trotz – oder wegen der Rostflecken, die von der Geschichte der Gegenstände künden – unter Sammlern begehrte Stücke.

Wenn also demnächst kein Rumpeln mehr auf der Staatsstraße an die alte Bahnlinie erinnert, dann tut es zumindest das alte Zuglaufschild.