Merken

Blindenverein warnt vor Betrug

Ein dubioser Anbieter sammelt Altkleider und Elektroschrott – angeblich für die Blindenhilfe. Doch diese distanziert sich klar.

Teilen
Folgen
© Steffen Unger

Von Franziska Springer

Bautzen/Kamenz. Es ist ein nur unscheinbarer Zettel, den Gabriele Tschanter kürzlich in ihrem Briefkasten fand: In Postkartengröße bittet ein unbekannter Absender in roten Buchstaben um Altkleider- und Altgerätespenden. „Früher habe ich solche Handzettel gar nicht beachtet und weggeschmissen,“ sagt die 55-Jährige. Seit etwa einem Jahr ist das anders. Aus gutem Grund: Damals wurde Gabriele Tschanter erstmals auf einen Flyer aufmerksam, der mit dem sozialen Vorwand der Blindenhilfe für eine Sammelaktion warb. Jetzt ist das erneut passiert. Das ist bitter für die stellvertretende Vorsitzende der Bautzener Kreisorganisation des Sächsischen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (BSVS).

„Es ärgert uns sehr, wenn aufrichtige Menschen auf solche Weise für dumm verkauft werden und vielleicht tatsächlich denken, dass sie unsere Arbeit unterstützen – in Wirklichkeit aber einem Betrüger auf den Leim gehen“, findet auch Ingrid Kretschmar. Gemeinnützige Vereine finanziell am Leben zu erhalten, ist keine leichte Aufgabe. Das weiß die 71-Jährige, die lange Zeit Vorsitzende der Kreisorganisation war und noch immer als Ehrenmitglied im Vorstand tatkräftig die Arbeit des BSVS vorantreibt, nur zu gut. Dubiose Geschäftemacher erschweren das Werben um Spenden dabei noch zusätzlich.

Natürlich sei der Verein auf Spenden angewiesen, bekräftigt sie, aber auf etwaige Spender gehe man in aller Regel direkt zu – wie es sich gehört per Anschreiben mit Briefkopf und Ansprechpartner. Bei dem Inhalt der Schreiben handele es sich allerdings in erster Linie um Bitten um Geldspenden. Nach ausgewählten Sachspenden wie Alltagsgeräten zur Unterstützung und Förderung der selbstständigen Lebensweise von Blinden und Sehbehinderten wird seltener gefragt. „Mit Altkleidern oder Altgeräten können wir rein gar nichts anfangen,“ betont Ingrid Kretschmar: „Wir können sie weder abholen, noch sortieren oder weiterverteilen. Mit solchen Aktionen hätten wir noch zusätzliche Ausgaben, weil wir den Auftrag dazu vergeben müssten.“

Verbraucherschützer raten zu gesunder Skepsis

Unseriöse Spendensammler erkennen

Vertrauenswürdige Spendensammler geben sich mit Name und Adresse zu erkennen. Bei Kontaktaufnahme geben sie Auskunft über die Verwendung von Geldern und Sachspenden.

Altkleidersammlungen, die sozialen Zwecken dienen, erkennt man an einem offiziellen Siegel – etwa dem DZI-Spendensiegel, dem Logo FairWertung oder dem BSVE Qualitätssiegel Alttextilsammlung.

.Das deutsche Sozialinstitut für soziale Fragen prüft und bewertet Hilfsorganisationen auf Glaubwürdigkeit und Transparenz. Eine aktuelle Liste findet man unter: www.dzi.de

Welche sozialen Einrichtungen Sachspenden entgegennehmen, darüber informiert auch die Online-Plattform: www.wohindamit.org

1 / 4

Eigentlich sollte jedem klar sein, dass man von solch zweifelhaften Spendenaufrufen eher die Finger lassen sollte, findet Gabriele Tschanter. Dennoch scheint es gängige und erfolgreich praktizierte Methode zu sein, sich unter dem Siegel vermeintlicher Wohltätigkeit Leistungen zu erschleichen, sagt Michael Hummel, Referatsleiter Recht bei der Verbraucherzentrale Sachsen. Doch dubiose Geschäftemacher lassen sich mit gesundem Menschenverstand leicht identifizieren: „Die Lüge versteckt sich immer hinter fehlender Substanz. Wenn etwa schon der Absender fehlt, ist das ein deutlicher Hinweis auf einen Mangel an aufrichten Absichten. Darüber hinaus sollte man nie vergessen, dass Altkleider und -geräte durchaus profitable Handelsgüter sind,“ rät der Jurist.

Gewerbliche Sammlungen müssen bei der Landesdirektion angezeigt und von dieser genehmigt werden. Geschieht das, wie im vorliegenden Fall, nicht, ist das zuallererst ein Ärgernis für Verbände und öffentliche Entsorgungsträger. Darüber hinaus gilt es aber außerdem als Ordnungswidrigkeit und kann für den Verursacher rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen – sofern dieser zu ermitteln ist. Möglich ist das nur durch tatkräftige Mithilfe aus der Bevölkerung: „Dort, wo der Verdacht auf illegale Sammlungen besteht, sollte dies unbedingt angezeigt werden, entweder bei der Landesdirektion oder bei der Kreisverwaltung,“ empfiehlt Sabine Rötschke aus dem Bautzener Landratsamt. „Der Erfolg hängt dabei immer von der Faktenlage ab – je konkreter die Anzeige, desto höher die Erfolgsaussichten.“ Im besten Fall lassen sich die Täter auf frischer Tat ertappen und direkt überführen. Der ist aber selten.

Blindenverband sucht Helfer und Begleiter

Um unseriösen Geschäftemachern zuvorzukommen sei es empfehlenswert, dubiose Flyer und Anzeigen grundsätzlich zu ignorieren und stattdessen auf ebenso bequeme, aber legale Alternativen zurückzugreifen: „Für Altkleider gibt es in nahezu allen Gemeinden seriös aufgestellte Container. Über diese können Altkleider jederzeit kostenfrei entsorgt werden. Elektroaltgeräte werden kostenlos im Rahmen der Sperrmüllsammlung am Grundstück abgeholt, können aber auch an entsprechenden Annahmestellen abgegeben werden.“

Wer nicht nur seinen Müll entsorgen, sondern gemeinnützige Vereine im Kreis unterstützen will, für den bieten sich viele Möglichkeiten. Diese sind nicht grundsätzlich materieller Art. Gabriele Tschanter und die anderen Mitglieder des BSVS etwa suchen stets Helfer als Begleiter für Blinde und Sehbehinderte. Wer sich für ein Ehrenamt interessiert oder mehr über sonstige Unterstützungsmöglichkeiten wissen will, wendet sich am besten direkt an die Vereine. So kommt die Hilfe ganz sicher an.