Dippoldiswalde
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Böhmische Autos „Marke Eigenbau“

Blick ins Nachbarland: In Smrzovka im Isergebirge macht die kleine Firma Kaipan aus alten Fahrzeugen neue Modelle. Manche stehen unter Strom.

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Michal Hradsky (64), Direktor und Besitzer der Autofabrik Kaipan, baut seit 1992 im Isergebirge Sportwagen.
Michal Hradsky (64), Direktor und Besitzer der Autofabrik Kaipan, baut seit 1992 im Isergebirge Sportwagen. © Petra Laurinova

Drei Ziffern – Vier, Eins, Fünf. Sie geben einem Auto den Namen. Kaipan 415 heißt das Elektrofahrzeug, das künftig wohl auch 15-Jährige steuern dürfen. Teilweise wird es als Fertigprodukt angeboten, teilweise als Bausatz. Genau daran arbeitet das Team einer Autofabrik in Smrzovka (Morchenstern) im tschechischen Isergebirge.

Innerhalb eines Jahres soll das Modell auf die Straße kommen. „Wir reagieren damit auf die Nachfrage von technischen Fachschulen und Studenten. Den jungen Leuten macht es Spaß, etwas selbst zusammenzubauen und zu konstruieren“, erzählt Firmenbesitzer Michal Hradsky.

Ursprünglich wollte er einen echten Elektro-Sportwagen bauen, ein Roadster-Cabrio, aber die Anforderungen an die Leistung waren zu hoch. Mit einem Elektroantrieb funktionierte das nicht. Also plante der Unternehmer um.

Es geht auch elektrisch

Das nun erdachte kleine Studentenauto soll nicht nur als Verkehrsmittel dienen, sondern könne auch als Lehrmittel in Schulen eingesetzt werden. Dort können die Schüler das Auto teilweise selbst zusammenschrauben. Allerdings mit einer Einschränkung: Die Elektromotoren müssen komplett vorgefertigt sein. „Niemand kann sie so einfach selber bauen oder reparieren“, ist Michal Hradsky überzeugt. Die Motoren müssen sich Kunden allerdings von anderen Herstellern besorgen. Die baut auch Hradsky nicht. Der 64-Jährige entwickelt und fertigt seit 1992 individuelle Sportfahrzeuge; normalerweise mit Kraftstoffantrieb. Sein erstes Auto baute er für sich selbst. Ein neues konnte er sich damals nicht leisten. Mit weiteren Pkws machte er Freunden eine Freude. Als sich immer mehr Menschen an ihn wandten, die einen Wagen „Marke Eigenbau“ haben wollten, verließ der Prager die Hauptstadt und seine Baufirma und ging ins Isergebirge. Er widmete sich seiner Leidenschaft.

Zum Domizil ist ihm eine ehemalige Verpackungsfabrik für Blechdosen direkt an der Hauptstraße geworden. Dort befindet sich seit 2003 seine Autoschmiede – Hradskys neues Zuhause und auch eine Unterkunft für weitere Mitarbeiter. Heute ist die Kaipan-Autofabrik die viertgrößte in Böhmen. Sie produziert jährlich allerdings nur ein paar Dutzend Fahrzeuge. „Die Automobilmarke Kaipan wurde mit dem Ziel gegründet, Fans mit individuellen Autos zu versorgen“, erzählt Hradsky. Das sei kein Massengeschäft.

Schon ein Jahr nach der Firmengründung stellte er den ersten Prototyp vor, der aber bis zur Serienreife noch fünf Jahre brauchte. Das Schwierigste sei anfangs gewesen, alle Bewilligungen von den Behörden und vom Verkehrsministerium zu besorgen. „Der erste Kaipan 47 orientierte sich an der britischen Automobilmarke Lotus, er war gewissermaßen eine verbesserte Replik“, erzählt Hradsky. Die inzwischen modernisierte Version hat 150 Pferdestärken unter der Haube. Sie erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von 180 Kilometern pro Stunde und erfüllt auch die EU-Abgasnorm Euro 6.

100 Stunden fürs Selberbauen

Nach dem 47er-Auto kamen drei weitere Modellreihen. Für den Kaipan 14 wurde ein alter Skoda Favorit genutzt. „Wir nahmen das Auto auseinander, bauten ein paar unserer Teile ein und die Karosserie dazu. Schon war dieser Typ auf der Welt“, erklärt der Chef und Fabrikinhaber die Vorgehensweise. Von so einem alten Favorit werden viele Teile wiederverwertet, zum Beispiel der Motor, die Radachsen oder der Getriebekasten.

Der Neubau sei schneller als das Original-Skoda-Fahrzeug. Kunden können sich auch Cabrios bauen lassen – zum Beispiel eins mit zwei Sitzplätzen für fast eine halbe Million Kronen (rund 20 000 Euro). Machbar ist es aber auch, den Wagen als Baukasten zu erwerben und ihn selbst nach einer Videoanleitung zusammensetzen. Die Anschaffung kostet dann die Hälfte; je nach Ausstattung steigt der Preis. Im Bausatz aus Smrzovka befinden sich der Rahmen des Wagens, die Karosserie, Bremsen und Zubehör. Motor und Getriebe besorgt sich der Kunde meist selbst.

Der Zusammenbau des Sportwagens durch Laien dauere an die 100 Stunden. Zwei technikbegabte Leute sollten das innerhalb eines Monats schaffen. Das schätzt das Team von Kaipan. Mit dem selbstgebauten Wagen fährt man zum Originalhersteller, der macht die technische Überprüfung und stellt alle Dokumente bereit. Das kostet weitere 1 000 Euro – eventuell auch mehr.

Bis heute hat Kaipan rund 450 Wagen verkauft. Die Fahrzeuge der ersten Zeit sind auch nach den 26 Jahren noch in Betrieb. Rund 15 Prozent davon fahren im Ausland. „An manche Familien haben wir schon mehrere unserer Autos geliefert“, sagt Michal Hradsky stolz. Der Kaipan-Besitzer hat mittlerweile auch einen Kaipan-Klub für Fans der Marke gegründet.

Spannungsgeladene Zukunftspläne

In der Isergebirgsautomanufaktur, die man durch eine Karosserie an der Hausfassade leicht erkennen kann, arbeiten zehn Kollegen. Jeder ist auf etwas anderes spezialisiert. In der Firma laufe es aber grundsätzlich so, dass alle Männer jede Aufgabe bewältigen können. In der Fabrik steht dabei keine automatische Produktionslinie, alles wird von Hand gemacht.

Für die Zukunft hat Chef Michal Hradsky so einige Pläne. Innerhalb der nächsten zwei Jahre will er einen Elektro-Citywagen auf den Markt bringen. Dieses Mal keinen Sportroadster, sondern ein Auto mit festem Dach für tägliche Fahrten, zum Beispiel zur Arbeit, von bis zu 100 Kilometern. (Petra Laurinova)

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