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Boss mit Doppel-S

Thomas I. aus Oberhermsdorf soll ein Shirt mit SS-Runen getragen haben. Es stammt aus dem Versandhandel eines bekannten Neonazis. Nun steht I. vor Gericht.

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© dpa (Symbolfoto)

Von Andrea Schawe

Wilsdruff/Dippoldiswalde. Die Sache mit dem T-Shirt ist kompliziert. Thomas I. wurde im September 2015 mit einem „Bossmodus“-T-Shirt erwischt – das „ss“ war eine Doppelsiegrune, darüber ein Balken: „zensiert“. Der 33-Jährige aus Oberhermsdorf bei Wilsdruff soll es offen vor dem Lokal „Essbar“ an der Dresdner Straße in Freital getragen haben, ein Polizist sah ihn und zeigte ihn an. Das Shirt wurde beschlagnahmt. I. muss sich wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vor dem Amtsgericht Dippoldiswalde verantworten.

„Ein Kumpel hat mir das bestellt“, sagte der Angeklagte am ersten Verhandlungstag Ende März aus. Er habe es bei Fußballspielen von Dynamo Dresden an, weil es schwarz-gelb ist. „Es war mir nicht bewusst, dass es irgendwelche Runen sind. Ich dachte, wenn man etwas im Internet bestellt, kann es nichts Verbotenes sein.“

Das Shirt stamme aus einem Online-Versand, der einem in der Neonazi-Szene bekannten Mann gehöre, sagte Richterin Daniela Höllrich-Wirth kürzlich am zweiten Verhandlungstag. Gegen Patrick S. würden auch mehrere Verfahren laufen, wegen dem, was er im Internet vertreibe.

„Ich habe ihm das T-Shirt besorgt“, sagt ein Freund des Angeklagten als Zeuge aus. „Das mit dem ,SS‘ ist mir nicht aufgefallen.“ Er habe es bestellt, weil es schwarz-gelb ist – wie die Vereinsfarben von Dynamo Dresden. 15 Euro kostete es. Auch als der Staatsanwalt ihn unterbricht, weil er sich nicht selbst belasten muss, redet der Zeuge weiter. „Ist das jetzt verboten oder nicht? Für mich ist das eine Grauzone“, sagt der 37-Jährige.

Ähnliche Zeichen?

Strafbar sind laut Paragraf 86a des Strafgesetzbuches Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen – oder solche, „die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind“, heißt es im Gesetz. Wie das auszulegen sei, ist unter Juristen aber umstritten. Man könnte argumentieren, dass der „zensiert“-Balken über dem SS-Zeichen es so verfremdet, dass es keine Abbildung einer Doppelsiegrune mehr sei, sagt I.s Verteidiger Michael Sturm. Auch das Umfeld sei entscheidend; in diesem Fall gehe es um Fußball.

An dem Tag im September sei auch ein Spiel gewesen. „Wenn wir zum Fußball gehen, trinken wir immer einiges“, sagt der Freund von Thomas I. Er spricht von etwa zehn Bier. Der Angeklagte sei „relativ angetrunken“ gewesen, als es am Abend zu der Feier ging.

Außerdem soll Thomas I. im April 2015 bei einer Demonstration vor der Kneipe „Jux“ in Freital einen Hitlergruß gezeigt haben. Er bestreitet das. „Das hat er auf jeden Fall nicht gemacht“, sagt der Zeuge aus, der auch an diesem Tag dabei war. Ja, es könne sein, dass er seinen Bruder gegrüßt habe. Das hatte I. ausgesagt. Auch er habe dort viele Bekannte in dem Demozug gegrüßt.

Der Prozess wird fortgesetzt. Richterin Daniela Höllrich-Wirth lud weitere Zeugen vor. Beim nächsten Termin sollen weitere Polizisten aussagen. Thomas I. ist vorbestraft und auf Bewährung. Im Falle einer Verurteilung droht dem Mann Gefängnis.