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Neue Straße nötig?

Die Baupläne für eine Zubringer zur Ortsumfahrung Bischofswerda sind seit Jahren bekannt. Jetzt geht’s auch ums Geld. Und da werden Stadträte plötzlich munter.

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© Steffen Unger

Ingolf Reinsch

Kein Geld für neue Straßenlampen. Zumindest so lange nicht, bis Stadtrat und -verwaltung wissen, wohin die Reise mit den städtischen Finanzen in den kommenden Jahren gehen wird. Erst nachdem Anfang September die Ergebnisse eines Haushaltsstrukturkonzeptes vorliegen, sollen Weichen gestellt werden, wofür Bischofswerda künftig noch Geld ausgeben kann und was gestrichen werden muss, weil es sich die Stadt nicht leisten kann.

© SZ-Grafik: Sylvia Tietze

Im Investitionsplan des noch nicht beschlossenen Stadthaushaltes für dieses (!) Jahr ist ein Ersatz für über 60 gekappte Straßenlampen nicht vorgesehen. Dafür aber das Geld für den Neubau einer Straße, deren Sinn jetzt erstmals von Stadträten infrage gestellt worden ist. Es geht dabei um einen Zubringer zur Ortsumfahrung, der am ehemaligen „Feldschlösschen“ von der Neustädter Straße abzweigen, über das inzwischen beräumte Bäko-Gelände zur Süßmilchstraße und von dort weiter über den Drebnitzer Weg führen soll. Bauherr ist der Landkreis, dem der Drebnitzer Weg gehört. Dass die Straße geplant wurde, ist nach Auskunft der Kreisverwaltung auf einen Wunsch zurückzuführen, den die Stadt Bischofswerda während der Planung der Ortsumfahrung geäußert hatte. Sie will durch diese Trasse den Stadtteil Süd besser mit der Umgehungsstraße verbinden.

Erstmals Zahlen genannt

Bisher war dieses Vorhaben in der Stadt nicht umstritten. Jetzt wurden aber gegenüber dem Stadtrat erstmals Zahlen genannt, die – zumindest aus Sicht einiger Abgeordneter – ein Fragezeichen hinter den Straßenbau setzen. Denn fast die Hälfte der geplanten Baukosten von insgesamt 1,565 Millionen Euro muss die Stadt tragen. Demnach beläuft sich der städtische Anteil auf rund 761 000 Euro. Durch Fördermittel und Beiträge sollen knapp 547 000 Euro gedeckt werden. Damit verbleiben aber immer noch 214 000 Euro bei der Stadt. Die Stadt zahlt anteilig für den Bau eines Kreisverkehrs an der Neustädter Straße, einer Kreuzung an der Süßmilchstraße sowie 100 Prozent für die Fußwege.

Dass Bischofswerda die neue Straße nicht zum Nulltarif bekommt, hätte allerdings allen Stadträten von Anfang an klar sein müssen. Denn Fußwege und Straßenbeleuchtung sind bei jedem Straßenneu- bzw. -ausbau eine kommunale Angelegenheit. Doch jetzt sind Stadträte schockiert. Möglicherweise auch deshalb, weil in der Vergangenheit übers Geld nie gesprochen wurde. Stefan Läsker (BfB): „Im Ausschuss (für Technik und Wirtschaft) ist nie darüber diskutiert worden, wie die neue Straße finanziert wird. Wir sollten das Projekt überdenken. Es ist zurzeit nicht finanzierbar.“ Simone Keimel (Die Linke) sagte: „Der Stadtrat wurde so informiert, dass wir mit null Euro dabei sind. Wo sollen die 200 000 Euro Eigenanteil herkommen?“ Nötig sei ein Finanzierungsplan.

Kosten nach der ersten Berechnung reduziert

Frank Kern (SPD): „Mir persönlich hat sich der Sinn dieser Straße nie erschlossen. Wir bauen eine neue Straße und haben gleichzeitig ganze Straßenzüge, die nachts dunkel sind.“ Dem widersprechen Abgeordnete der CDU/FDP-Fraktion. Gernot Müller: „Es ist schade, dass das Projekt jetzt zerredet wird. Die Bäko-Hallen wurden für die Straße abgerissen. Wenn wir die Möglichkeit haben, die Straße zu bauen, sollten wir das nutzen.“ Steffen Grafe sagt, die Investitionskosten seien auf drei Jahre aufgeteilt. „Wir brauchen die Straße zur Anbindung von Firmen wie Temedia an die Ortsumfahrung.“

Bereits vor über zwei Jahren, im März 2013, hatte das Landratsamt der Stadtverwaltung mit der Genehmigungsplanung auch eine Kostenberechnung übergeben. Demnach lag der städtische Anteil damals bei 732 000 Euro brutto, das heißt ohne Mehrwertsteuer. „Im Mai 2013 wurde das Vorhaben der Stadt Bischofswerda vorgestellt und anschließend schriftlich zugestimmt“, sagte Sabine Rötschke, Sprecherin des Landratsamtes, auf Anfrage der SZ. Anschließend wurden die Planungen weitergeführt und Kosten reduziert. Der überarbeitete Entwurf wurde im Februar 2015 der Stadt Bischofswerda übergeben.

Stadtrat muss entscheiden

Auch gegenüber den Anliegern gibt es offensichtliche Versäumnisse in der Kommunikation. Sie wurden bisher nicht darüber informiert, dass sie über Straßenbaubeiträge an den Baukosten beteiligt werden. Stadtrat Hans-Jürgen Stöber (Die Linke) und ehrenamtlicher stellvertretender Oberbürgermeister forderte denn auch die Verwaltung auf, die Gespräche mit den Anliegern „umgehend“ zu führen.

Ob die Straße gebaut wird, hängt jetzt auch von der Entscheidung des Stadtrates ab. Er muss einer Vereinbarung mit dem Landkreis zustimmen. Erst wenn das Dokument unterschrieben in Bautzen vorliegt, kann die Kreisverwaltung die Fördergelder für den Straßenbau beantragen. Angesichts „vieler Unklarheiten“ (Hans-Jürgen Stöber) setzte der Stadtrat die Entscheidung vorerst aus. Nun soll das Thema am 25. August erneut auf die Tagesordnung kommen, dann bereits unter dem neuen OB Holm Große. Ein Start des Straßenbaus in diesem Jahr, wie es der Landkreis ursprünglich geplant hatte, ist damit unwahrscheinlich. Sprecherin Sabine Rötschke: Wenn es im Juli nicht möglich ist, Fördermittel zu beantragen, fehlt der Vorlauf, um wirksame Bauleistungen für 2015 noch öffentlich auszuschreiben.“