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Brennpunkt Pulsnitz – Rödertal

Die Einbruchserie in der Region reißt nicht ab. Das geht einzelnen Firmen bereits an die Substanz.

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© Rico Löb

Reiner Hanke

Pulsnitz. Die Einbruchserie geht weiter. In Kamenz plündern Diebe ein Büro, in Bretnig Mitte dieser Woche eine Werkshalle mit diversen Spezialwerkzeugen und Maschinen. Allein seit Anfang der Vorwoche vermeldete die SZ 30 Einbrüche im Raum Kamenz/Pulsnitz. So wächst auch der Schaden für die Wirtschaft von Tag zu Tag. Ein Betroffener ist Handwerker Gerd Fischer in Pulsnitz. An der hübsch sanierten Fassade der kleinen Metallbaufirma hängt ein Hufeisen. Edelstahltische, Zäune, Tore und Geländer stellt die Firma unter anderem her.

Bei Handwerker Gerd Fischer entstand bei einem Einbruch erheblicher Schaden.
Bei Handwerker Gerd Fischer entstand bei einem Einbruch erheblicher Schaden. © Reiner Hanke

Doch angesichts der Einbruchswelle in den vergangenen Tagen versagte auch dieser Glücksbringer den Dienst. Durch die Hintertür verschafften sich die Täter Zugang. Ihr Transportfahrzeug hatten sie offenbar An der Hohle geparkt und die Beute über die Bahngleise zum Fluchtfahrzeug geschleppt. Um auf das Grundstück zu gelangen, hängten die Einbrecher sogar ein Zaunfeld aus. „Es müssen mehrere Diebe gewesen sein“, ist sich Fischer sicher. Einer müsse ja auch Schmiere gestanden haben. Denn einen Teil der Beute ließen sie zurück. Ein Hausbewohner kam in der Nacht zurück und störte die Diebe offenbar. Der Schaden ist dennoch groß genug und geht in den fünfstelligen Bereich. Maschinen zur Metallverarbeitung, Schleif- und Poliermaschinen seien verschwunden. Der Chef zeigt einen leeren Geräte-Koffer. Nur einen Bohrer ließen die Diebe in der Kiste zurück.

Merkwürdige Anrufe

So wie das im Moment in der Region laufe, könne es sich nur um gewerbsmäßigen Einbruch, organisiert in großem Stil, handeln. So beobachteten Pulsnitzer auch Tranporter mit polnischen Kennzeichen, die in der Stadt ihre Runden drehen. Die Spionagekommandos sozusagen. Wer hier schlicht auf der Durchreise sei, der biege doch nicht in Nebenstraßen ein. Alarmierend seien auch merkwürdige Anrufe vor dem Einbruch gewesen. Es habe sich aber niemand am anderen Ende gemeldet.

Für die Opfer kann ein solcher Diebeszug sogar die Existenz bedrohen und die lokale Wirtschaft in Bedrängnis bringen. Das sieht auch Gerd Fischer so. Zum Glück sei er versichert und am Computer gerade auf der Suche nach Ersatz. Aber wer nicht ausreichend versichert ist? Es sei nicht selbstverständlich, sagt der Handwerker. Aber ohne gehe es schon gar nicht mehr. Ein Handwerker sei ja auf die Maschinen angewiesen. Er müsse das Geld vorstrecken. Das sei ja auch kein Pappenstiel und alles ziemlich deprimierend.

Aber auch mit Versicherungen kann es Ärger geben, berichtet die Pulsnitzer Kita-Leiterin Birgit Wendt nach dem Einbruch in die Kita Kunterbunt. Den hat sie jetzt wegen des Schadenersatzes für einen Brandmelder. Die Einbrecher hatten das Gerät demoliert und aus der Wand gerissen. Das mache die Wut auf die Diebesbande noch größer. Eher gering ist dagegen ihre Hoffnung, dass die Einbrecherbande gefasst werde. Die Polizei sei überfordert. Das mache vielen Menschen Angst. Und das müsse endlich bei den Verantwortlichen in der Politik erkannt und gegengesteuert werden.

Ein Zentrum der Ermittlungen

Der Pulsnitzer Bürgermeister Peter Graff zeigt sich etwas optimistischer. Er habe angesichts dieser Einbruchswelle das Gespräch mit der Revierleitung in Kamenz gesucht, sagte er auf Nachfrage der SZ: „Die Polizei ist sich der Brisanz der Lage hier bewusst“, schätzt er ein. Das Revier habe reagiert. Pulsnitz und das Rödertal seien zu einer Region erklärt worden, auf die sich die Ermittlungen derzeit konzentrieren, ein Zentrum der Ermittlungen.

Alarmierend sei für ihn auch die Dreistigkeit, mit der die Einbrecher vorgehen würden. Die Hemmschwelle bei den Tätern sei offenbar sehr niedrig. Selbst vor Einbrüchen in Geschäftsräume in der dicht besiedelten Innenstadt würden die Täter nicht mehr zurückschrecken. Gerade diese Überheblichkeit könnte sich aber rächen, hofft der Rathauschef, sodass Täter gestellt werden können. Der Rathauschef spricht von intensiven Ermittlungen. Zugleich appelliert er an die Bürger, wachsam zu sein. Zum Beispiel auf dem Weg zur Frühschicht aufmerksam zu schauen, wo ungewöhnliche Dinge passieren und die 110 zu wählen. Die Polizei sei präsent, könne aber auch nicht überall sein, so Graff.

Personalmangel bei der Polizei sieht aber auch er zumindest als eine Ursache für diese Kriminalität. Die Frage sei, wie jetzt auf eine solche Serie von Straftaten reagiert werde. Wenn die Polizei ihre Kräfte nun an einem Schwerpunkt zusammenziehe und erfolgreich agiere, dann sei das die richtige Reaktion. Unabhängig davon werde die Stadt ihre eigenen Immobilien noch einmal auf Sicherheit überprüfen und gegebenenfalls aufrüsten. Der Rathauschef räumt allerdings ein: So wie die Türen mitunter aufgehebelt würden, sei das nicht so leicht zu verhindern, sondern purer Vandalismus: „Wir können ja nicht überall Stahltüren einbauen und Rollläden an Fenstern montieren.“