Von Birgit Holzer,SZ-Korrespondentin in Paris
Marine Le Pen hat ein Thema gefunden, mit dem sie im französischen Präsidentschaftswahlkampf täglich von sich reden machen kann. Es geht diesmal nicht um Muslime und Einwanderer, vor deren Übermacht die Vorsitzende des rechtsnationalen Front National sonst oft warnt. Auch nicht um den Ausstieg Frankreichs aus dem Euro, den sie längst nicht mehr so laut fordert, seit ihn Ökonomen unisono als wirtschaftspolitischen Wahnsinn bewerten.
Le Pen tritt jetzt als Vorkämpferin der Demokratie auf, die sie in ihrem Land in Gefahr sieht – und die sie selbst verkörpere, als Opfer eines Systems, das sie um die Kandidatur bringen könnte. Denn diese steht noch auf der Kippe, während ihr Umfragen 16 bis 18 Prozent der Stimmen bei der Wahl voraussagen. Bislang hat sie bei regionalen und lokalen Abgeordneten erst 430 „Patenschaften“ gesammelt – sie braucht aber 500, um als Kandidatin akzeptiert zu werden.
Auf der Suche nach „Paten“
Diese Regelung verhindert seit 1976, dass allzu aussichtslose Einzelkämpfer antreten. Sie schreibt zugleich vor, dass die Namen der Unterstützer veröffentlicht werden. Viele Bürgermeister fürchten allerdings Anfeindungen, wenn sie als Le Pens „Paten“ auftreten. Denn dass der damalige Chef des Front National, Jean-Marie Le Pen, im Jahr 2002 in die Stichwahl gegen Jacques Chirac kam, gilt in Frankreich bis heute als Sündenfall.
Zwar ist die Partei unter Le Pens Tochter Marine für viele wählbar und gesellschaftsfähig geworden. Eine Art „Ent-Dämonisierung“ hat ihr ein moderneres Bild verpasst – doch bleiben die Mandatsträger unter Druck. Le Pens Antrag, ihnen Anonymität zu garantieren, hat das Verfassungsgericht abgewiesen.
Streit um das Schächten
Die Notlage bringt ihr nun prominente Hilfe ein: Brigitte Bardot, die sich politisch rechts außen verortet, ruft die Mandatsträger nun in einem Brief auf, „einmal in ihrem Leben ein wenig Mut zu beweisen“. Le Pen habe sich als Verteidigerin der Tiere und eines starken Frankreich, schreibt die Ex-Schauspielerin, die sich inbrünstig für den Tierschutz engagiert. Kurzzeitig erwog die 77-Jährige sogar eine eigene Kandidatur.
Auslöser für ihre Einmischung war wohl ein Streit um das Schächten, das bei Muslimen übliche rituelle Schlachten von Tieren, das Bardot als Tierquälerei kritisiert. Die Aussage in einer Fernsehreportage, im Großraum Paris würde grundsätzlich nur noch geschächtetes Halal-Fleisch verkauft, hat die Branche allerdings längst widerlegt.