Merken

Briten setzen auf harte Hand gegen Flüchtlinge

Großbritanniens Lösung für die Flüchtlingsfrage in Europa ist eine einfache - Isolation. Mit Zäunen und Spürhunden sollen Eindringlinge von der Insel abgehalten werden. Die Politik ähnelt verblüffend der Ungarns.

Teilen
Folgen
© dpa

Von Florian Schmidt und Michael Donhauser

London/Folkestone. Wenn David Cameron in den vergangenen Jahren über seine Syrien-Politik sprach, beschrieb er häufig die Not und das Elend der Betroffenen in dem jahrelangen Bürgerkrieg. „Man wird nie die Bilder vergessen, von auf Eis gelagerten Kinderleichen und jungen Männern und Frauen, die nach Luft ringen und die schlimmsten Tode sterben“, sagte Cameron 2013, als es um die Frage ging, ob die britische Armee gegen das Regime von Bashar al-Assad vorgehen soll.

Zwei Jahre später sind Cameron und seine Regierung nicht mehr so besorgt um das Wohlergehen der vom Bürgerkrieg betroffenen Menschen. Mit Zäunen und harschen Worten versucht Großbritannien alles, um Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern von der Insel fernzuhalten - und nimmt damit auch in der Flüchtlingspolitik gemeinsam mit Ungarn eine Sonderrolle in der EU ein.

Man spricht bereits von „herummarodierenden Flüchtlingen“

Cameron nahm vor kurzem das Wort von „Flüchtlingsschwärmen“ in den Mund. Sein Außenminister Philip Hammond durfte kürzlich weitgehend ungestraft von „herummarodierenden Flüchtlingen“ sprechen, die den „Lebensstandard“ in der Europäischen Union bedrohten. Die Briten, die direkt am Eurotunnel leben, können die Sichtweise ihrer Regierung nicht bestätigen. „Obwohl wir direkt am Ausgang des Tunnels leben, spielt sich das Flüchtlingsdrama hier nur im Fernsehen ab“, berichtet Anya Goldsack von der örtlichen Methodisten-Kirche in Folkestone.

Während in Deutschland Politiker Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit setzen und Migranten bei sich zu Hause aufnehmen, macht Großbritannien die Schotten dicht. Auf der französischen Seite des Ärmelkanals wurden Spürhunde eingesetzt und Zäune errichtet, um Migranten die illegale Einreise auf die Insel unmöglich zu machen. Das Motto: „Wir müssen unsere Grenze schützen.“ Priorität Nummer eins sei, „Möchtegern-Asylbewerber“ in ihre Herkunftsländer zurückzuschicken, sagte Hammond.

Die internationale Gemeinschaft schüttelt den Kopf über das Land, das sich gern als liberal und offen sehen lässt. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verurteilte die Bemerkungen des Außenministers scharf. „Herr Hammond sollte nicht die Zugbrücke hochziehen und darüber philosophieren wie Europa sich vor Migranten schützen könne, sondern lieber mit den EU-Partnern zusammenarbeiten um sicherzustellen, dass Menschen nicht im Mittelmeer ertrinken oder unter Lastwagen in Calais erdrückt werden.“

„Zäune lösen das Problem nicht“

Auch die Vereinten Nationen hatten ob der Situation in Calais Frankreich und Großbritannien dazu aufgerufen, nach vernünftigen Lösungen zu suchen. „Zäune lösen das Problem nicht“, sagte der Europadirektor des UN-Flüchtlingsprogramms UNHCR, Vincent Cochetel.

Die Regierung von David Cameron macht seit Jahren mit Migration Politik. Zuletzt waren es die EU-Einwanderer, die zu einer Gefahr hochgeredet wurden. Cameron will die Zuwanderung auf 100 000 Menschen pro Jahr begrenzen - und damit vor allem der ausländerfeindlichen Partei UKIP um den Europakritiker Nigel Farage den Wind aus den Segeln nehmen. In der Praxis scheitert er an diesem Ziel - im vergangenen Jahr kamen 300 000 Zuwanderer nach Großbritannien - meist aus EU- und Commonwealth-Ländern.

Die Aufnahme von Flüchtlingen würde die konservative Regierung noch weiter von ihren selbstgesteckten Zielen wegbringen. Bei der Unterbringung von Asylbewerbern hinkt Großbritannien deshalb weit hinter anderen EU-Ländern zurück. Im vergangenen Jahr wurden auf der Insel 25 000 Asylanträge gestellt, weniger als halb soviele wie etwa in Frankreich. Längst nicht alle wurden bewilligt. (dpa)