Von Christian Eissner
Sächsische Schweiz. Die Städte Pirna, Heidenau und Dohna wollen entlang des Pirnaer Autobahnzubringers ein Industrie- und Gewerbegebiet entwickeln. Die Stadträte der drei Kommunen haben dazu im Mai mit großer Mehrheit die Gründung des Zweckverbands Industriepark Oberelbe (IPO) beschlossen, der das Vorhaben vorantreibt. In dem Industriepark sollen nach jetzigen Planungen rund 140 Hektar Fläche zur Verfügung stehen, um Betriebe anzusiedeln. Kern des Parks ist eine 50 bis 70 Hektar große zusammenhängende Fläche, auf der sich ein großes Unternehmen ansiedeln kann. Insgesamt, so hoffen die IPO-Manager, könnte der Park bis zu 3 000 neue Arbeitsplätze bringen.

Inzwischen arbeitet der Verband, Studien und Planungen sind auf den Weg gebracht. In der Bevölkerung aber ist das Projekt nicht unumstritten. Zwei Pirnaer wollen jetzt ein Bürgerbegehren auf den Weg bringen, das zum Ziel hat, einen Bürgerentscheid zum Industriepark zu erzwingen. Daniel Szenes und André Liebscher haben dazu die „Bürgerinitiative Oberelbe“ ins Leben gerufen. Sie sind nicht gegen den Industriepark, betonen die beiden. „Aber wir möchten, dass das Vorhaben den Bürgern mit allen Konsequenzen erklärt wird“, sagt André Liebscher. Das sei bisher zu wenig passiert. Denn bezüglich des Projekts haben sich in den vergangenen Monaten drei große Bedenken herauskristallisiert.
Bedenken 1: Der Park zieht Arbeitskräfte aus Unternehmen ab
Die große Sorge von Handwerkern und Mittelständlern in der Region ist, dass neu angesiedelte Industriebetriebe Arbeitskräfte aus bestehenden Unternehmen abziehen. Schon jetzt haben viele Firmen große Probleme, Fachkräfte und Azubis zu finden. Ihre Sorge: Mit den höheren Löhnen, die größere Arbeitgeber zahlen, können sie nicht mithalten. Die Befürworter des Industrieparks halten dagegen: Die neuen Betriebe könnten helfen, das Lohnniveau in der Region allgemein zu heben, was mehr Kaufkraft und mehr Wohlstand bringt. Zudem soll der Park Arbeitskräfte aus anderen Regionen Deutschlands locken – die ihre Familien, also wiederum zusätzliche Arbeitskräfte, mitbringen.
Bedenken 2: Die Kommunen verheben sich finanziell
Der IPO-Zweckverband rechnet aktuell mit Erschließungskosten von rund 110 Millionen Euro für den Industriepark. Wenn er das Projekt ohne Zeitverzug zur Genehmigung vorlegen kann, dann steht eine Förderung von 80 Prozent von Bund und Land in Aussicht.
Das heißt, der Verband muss noch reichlich 20 Millionen Euro selbst aufbringen. Da es sich um Investitionen handelt, kann er sie über Kredite finanzieren – für die allerdings die drei Städte Pirna, Heidenau und Dohna bürgen müssen. Ist dieses Risiko zu hoch? Die Kommunen jedenfalls halten es für kalkulierbar. Wenn die Flächen vermarktet sind – man geht von einer sehr hohen Nachfrage aus –, wird der Park Steuern in die Stadtkassen spülen, so ihre Argumentation.
„Die finanziellen Risiken sind immens“, sagt hingegen Daniel Szenes von der Bürgerinitiative Oberelbe. Es werde „ins Blaue geplant und schlimmstenfalls gebaut“, da es derzeit noch keine Vorverträge oder Absichtserklärungen mit Unternehmen gebe, die sich in dem Industriepark ansiedeln wollen.
Bedenken 3: Anwohner und Umwelt werden vergessen
Das Gebiet für den Industriepark liegt auf einer Anhöhe zwischen Pirna, Heidenau und Dohna. Heute werden die Flächen großteils landwirtschaftlich genutzt. Die Industriegebäude wären weithin sichtbar, sagen die Kritiker. Neben der befürchteten Veränderung des Landschaftsbildes gibt es Bedenken wegen des zusätzlichen Verkehrs, den die Betriebe verursachen werden und wegen der komplizierten Wasserhaltung auf dem abschüssigen Gelände. Auch werde die Rolle des Gebiets als Frischluftschneise für Pirna vernachlässigt.
Für Verkehr, Frischluft-Zirkulation und Wasserhaltung seien Studien und konkrete Planungen in Auftrag gegeben, entgegnen die IPO-Verantwortlichen. „Dafür gibt es gute Lösungen“, sagt Christian Flörke. Der Chef der Pirnaer Stadtentwicklungsgesellschaft kümmert sich federführend mit um das Industriepark-Projekt. Den Eingriff in die Landschaft kann er nicht wegdiskutieren, aber: Die Planer arbeiten mit der Vorgabe, einen „Industriepark 4.0“ zu entwickeln, sagt Flörke. Dahinter steckt der Gedanke, im Gebiet viel Wert auf Ökologie zu legen. Dazu gehören unter anderem Alleen, Fahrradwege und Grünflächen-Vorgaben, die die Unternehmen auf ihren Grundstücken erfüllen müssen.
Man arbeite transparent und sei jederzeit bereit, das IPO-Projekt auf Bürgerforen und Veranstaltungen vorzustellen und Fragen zu beantworten, so Flörke.
Projektentwickler Christian Flörke erläutert die Planungen zum Industriepark das nächste Mal öffentlich am
19. September, 19 Uhr. Eingeladen hat ihn der Uniwerk-Verein Pirna in die alte Feuerwache, Obere Burgstraße.