Merken

Bürgerschenke hat zugemacht

Der Großenhainer Wirt Enrico Hildebrandt musste aufgeben. Doch traurig ist er darüber nicht mehr.

Teilen
Folgen
© Klaus-Dieter Brühl

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. „Es ist wirklich alles gut“, sagt Enrico Hildebrandt über das Aus seiner Gaststätte. Man nimmt ihm das zufriedene Lächeln ab. Der Mann scheint eine finanzielle Bürde losgeworden zu sein. Er hat es geschafft, nahtlos in einen neuen Job zu wechseln. Der ist auch ganz in der Nähe.

Zu Himmelfahrt in den 90er Jahren war Hildebrandts Bürgerschenke im Wohngebiet Kleinraschütz noch die Nummer eins. „In unserem Festzelt saßen bis zu 700 Mann – das gab es nirgendwo“, blickt der 51-jährige Großenhainer zurück. Das 1993 eröffnete Lokal, aus einem Getränkestützpunkt hervorgegangen, hatte seine Kundschaft. Und die kam zum Großteil auch aus dem nahe gelegenen Schulungszentrum der Handwerkskammer. Viele Lehrgangsteilnehmer verbrachten hier den Abend.

Doch die Direktlehrgänge sind seit fünf, sechs Jahren immer mehr weggefallen. Zum Abendessen kam von dort zuletzt kaum noch jemand. „Bis dahin war freitags bei mir alles voll, ich hatte viele Vorbestellungen“, sagt Enrico Hildebrandt. Weggebrochen sind ihm auch die Stammgäste aus der Stadt. Seit der Schließung des Berliner Bahnübergangs war die Schenke zum Beispiel von der Berliner- und der Herrmannstraße mit dem Auto nicht mehr gut zu erreichen. Damit brachen vor allem Familienfeiern weg. Der Wirt: „Von dort habe ich 90 Prozent der Kundschaft verloren“. Schon damals, 2008, ahnte der Großenhainer, dass es für ihn nicht gut ausgehen wird.

Vieles möglich gemacht

Hildebrandt suchte nach Alternativen. Er hatte ein Billard in seiner Schenke, und regelmäßig kamen junge Männer, um hier zu spielen. „Doch die Kerle haben jetzt Familie, sind zum Teil weggezogen“, so der Großenhainer. Er verkaufte das Billard wieder und stellte stattdessen eine Musikanlage für Familienfeiern auf. Das lief recht gut, auch die günstigen Preise brachten so manchen Hungrigen und Durstigen nach Kleinraschütz. In der Küche half Hildebrandts Mutter Beate. Doch die geht nun auf die 70 zu und war über das Aus nach gut 20 Jahren nicht wirklich traurig. „Jetzt hat sie endlich Zeit für den Garten“, sagt ihr Sohn.

Hildebrandts haben die Entscheidung lange abgewogen. Die monatlichen Ausgaben für Strom, Wasser oder Krankenkasse von weit über 1.000 Euro kamen zwar noch rein. Aber es blieb nichts mehr übrig, gibt Enrico Hildebrandt zu. So suchte der gelernte Instandhaltungsmechaniker langfristig einen neuen Job. Und seit die Nachricht raus ist, „geht es mir besser als vorher“. Nun ist das Gewerbe abgemeldet.

Künftig nur noch Vermietung

Zwar stehen noch die Hinweisschilder an den Zufahrtsstraßen. Doch im Schaukasten kann jeder lesen, dass der reguläre Gaststättenbetrieb eingestellt ist. Daran ändern auch die großen Sonnenschirme nichts, die weiterhin an den Terrassentischen stehen. Selbst im Gastraum liegen die weißen Tücher noch auf den Tischen.

Künftig will Enrico Hildebrandt seinen Gastraum nur noch für private Familienfeiern anbieten – ohne Gastronomie. Die Kundenparkplätze werden ab Juni vermietet.