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BUND kritisiert Lommatzscher Landwirt

In einem Interview hatte Wolfgang Grübler die Agrarpolitik der Bundesregierung kritisiert und von Populismus statt Sachverstand gesprochen.

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Dass Glyphosat in der Landwirtschaft zum Einsatz kommt, bestreitet Wolfgang Grübler nicht. Doch 95 Prozent der Bauern setzten dieses korrekt ein, so der Landwirt. Die Kritik an Landwirtschaft und Massentierhaltung hält er für populistisch.
Dass Glyphosat in der Landwirtschaft zum Einsatz kommt, bestreitet Wolfgang Grübler nicht. Doch 95 Prozent der Bauern setzten dieses korrekt ein, so der Landwirt. Die Kritik an Landwirtschaft und Massentierhaltung hält er für populistisch. © Archiv/Patrick Pleul/dpa-Zentralbild

Nach dem Interview mit Landwirt Wolfgang Grübler, Chef des Agrarunternehmens Lommatzscher Pflege, meldete sich Christiane Bense von der BUND-Regionalgruppe Meißen mit einer kritischen Stellungnahme bei Sächsische.de. Diese lesen Sie im originalen Wortlaut hier: 

Lieber Wolfgang Grübler,

ich stamme nicht wie Sie aus der Lommatzscher Pflege, aber auch mir ist diese Landschaft mittlerweile ans Herz gewachsen: Sanfte Hügel, idyllischen Bachtäler, Steilhänge (ehemals) voller Obstbäume und stattliche Dörfer und Höfe künden von einer jahrhundertealten Ackerbaukultur, die eine vielfältige Kulturlandschaft geschaffen hat. Diese Kulturlandschaft ist heute aber in Gefahr - nicht nur was ihre Schönheit und Vielfalt betrifft, sondern es geht mittlerweile um ihre Substanz und ich verstehe nicht, warum Sie das nicht sehen wollen.

Sie können nicht verstehen, warum die Nitratbelastung in unserer Region so hoch ist? Die Düngung mit mineralischem Stickstoff lässt sich messtechnisch sicher sehr gut entsprechend des Pflanzenbedarfes regeln, was mit dem zugeführten Stickstoff im Boden passiert hängt aber von wesentlich mehr Faktoren (z.B. Wetter, Bodenleben etc.) ab, die nicht so leicht regulierbar sind, so dass am Ende doch zuviel davon im Grundwasser landet. Nitrat im Grundwasser gefährdet aber unsere Trinkwasserversorgung, es daraus zu entfernen ist ein sehr aufwändiger Prozess. Man kann übrigens auch ohne mineralischen Stickstoff gutes Brotgetreide produzieren wie die ökologische Landwirtschaft beweist.

Sie setzen Glyphosat nur ein, „um einen unkrautfreien Boden zur Verfügung zu stellen“. Was bedeutet das aber für das Bodenleben, all die Klein- und Mikrolebewesen, die Biomasse in Humus umwandeln? Wieviel Regenwürmer überleben den regelmäßigen Glyphosateinsatz? Was bedeutet Glyphosat für die Bodenchemie? Was wird aus dem „Gold der Lommatzscher Pflege“- den tiefgründigen Lößböden, wenn der Humusgehalt abnimmt und die Bodenstruktur instabil wird: Sie werden von Wind und Wasser abgetragen und dagegen hilft auch die pfluglose Bodenbearbeitung nur bedingt.

Sie meinen, dass nur die „schwarzen Schafe“ unter den Landwirten für das Bienensterben verantwortlich sind, der Pestizideinsatz generell aber akkurat erfolge. Dabei ist es doch eine ganz einfache Logik: Das was sich für die Landwirtschaft als Schädling darstellt, spielt im Naturhaushalt eine wichtige Rolle - es ist die Nahrungsgrundlage für Kleintiere und Vögel. Wenn auf großen Schlägen Pestizide eingesetzt werden, können eben auch weniger „Nützlinge“ überleben, was den Schädlingsdruck erhöht. Auf Grund dieser Spirale ist der Schädlingsdruck seit Einsatz der Pestizide eher größer als kleiner geworden, verstärkt wird diese Rückkopplung noch durch die Ausbildung von Resistenzen gegen die Pestizide.

Sie sind der Ansicht, dass die Population der Vögel natürlichen Schwankungen unterliegt und führen die Schwalben als Beispiel an. Was ist aber mit den Vögeln der Feldflur, die - abgesehen vom Futtermangel - keine Lebensräume mehr finden, weil die Feldhecken und -raine ausgeräumt wurden, weil die Schläge auf Grund der satellitengesteuerten Einmessung bis zum letzten Zentimeter bearbeitet werden? Wann haben Sie zuletzt eine Lerche singen hören?

Schließlich noch zur Massentierhaltung. Sie haben Recht, dieser Begriff ist unscharf. Wo ist das Maß für eine artgerechte Haltung? Wenn ich richtig informiert bin, werden in Ihrem Betrieb ca. 1000 Milchkühe in modernen Ställen gehalten, die bestimmt allen Regeln der guten fachlichen Praxis entsprechen. Aber ist es noch artgerecht, wenn Kühe 10.000 Liter Milch im Jahr produzieren und nach spätestens 5 Jahren geschlachtet werden, obwohl sie eigentlich 20 Jahre alt werden könnten? Ist es artgerecht, wenn sie dafür mit Kraftfutter aus Übersee gefüttert werden und so gut wie nie eine grüne Wiese sehen? Bei Ihnen wird ein Teil des notwendigen Kraftfutters im eigenen Betrieb erzeugt, das ist sinnvoll, löst aber das grundlegende Problem nicht: Den Zwang aus den vorhandenen biologischen Ressourcen immer mehr Leistung mit immer weniger Aufwand herauszuholen. Dieser Zwang führt einerseits dazu, dass die Landwirtschaft ohne Subventionen nicht mehr leben kann, weil die Preise für ihre Produkte oftmals die Produktionskosten nicht decken. Andererseits werden die Kosten für diese Produktionsweise auf die Gesellschaft in Form von Umweltbelastungen immer größeren Ausmaßes verlagert. Dass sich die Gesellschaft dagegen wehrt hat nichts mit Unkenntnis oder Populismus zu tun, sondern wir sollten uns gemeinsam der Frage stellen, wie die Landwirtschaft der Zukunft aussehen soll.

Am 18. Januar demonstrieren Landwirte, Verbraucherschützer, Umweltorganisationen u.v.a gemeinsam in Berlin unter dem Motto „Wir haben die fatale Agrarpolitik satt! – Agrarwende anpacken, Klima schützen!“. Dort geht es um eine nachhaltige Agrarpolitik - lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen.

Mit freundlichen Grüßen

Christiane Bense, BUND-Regionalgruppe Meißen