Klare Ansage an die Disziplin der Fußballer

Frankfurt/Main. Die unzähligen Telefonate, Videokonferenzen, Gespräche und E-Mails in den vergangenen Wochen sind auch an Christian Seifert nicht spurlos vorübergegangen. Mit enormer, spürbarer Erleichterung, aber auch mit mahnendem Unterton verkündete der Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL) die neuen Rahmendaten der am 13. März unterbrochenen Bundesligasaison.
Am Samstag, den 16. Mai, wird der Ball wieder rollen, am Wochenende, 27./28. Juni, die Spielzeiten in erster und zweiter Liga beendet sein. „Für manche Klubs bedeutet die Entscheidung das wirtschaftliche Überleben“, sagte der Chefstratege des deutschen Profifußballs. Und keiner dürfe deshalb den Vertrauensvorschuss verspielen. „Jedem in der Liga muss klar sein, dass wir auf Bewährung spielen.“ Jeden Spieltag müsste man sich neu verdienen. Die Umsetzung des mühsam modellierten Hygiene- und Sicherheitskonzepts sei, sagte Seifert mit Nachdruck, in jedem Verein bitteschön „Chefsache“.
Untergebracht sind im neuen Terminplan zwei Spieltage in der Woche (26./27. Mai und 16./17. Juni). Die DFB-Pokal-Halbfinals werden zudem noch vom Deutschen Fußball-Bund terminiert, das Nachholspiel zwischen Werder Bremen und Eintracht Frankfurt soll Anfang Juni stattfinden. Die Bremer sind es auch, die wegen ihres verspäteten Trainingseinstiegs mit einem Montagsspiel gegen Leverkusen beginnen.Dass kein Freitagsspiel vorgesehen ist, erklärte Seifert damit, dass die Politik einen Wiederbeginn in der zweiten Mai-Hälfte erlaubt habe. Es habe unter den Klubs ohnehin „keine kontroversen Diskussionen zu dem Starttermin“ gegeben.
Nicht alle haben es so gut wie RB Leipzig
Fakt ist: „Die Spiele werden sich anders anfühlen und anders sein“, erläuterte Seifert. Und der Vorlauf für die Akteure ist enorm eng. Weil vor der Wiederaufnahme gemäß des DFL-Konzepts auch noch ein siebentägiges Quarantäne-Trainingslager abzuhalten ist, sind viele Teams gerade auf Hotelsuche. Denn nicht alle Klubs können wie RB Leipzig einfach das eigene Trainingszentrum nutzen.
„Warum warten wir nicht noch ein bisschen?“, sagte Seifert und bedankte sich für die Frage. Er führte sportliche, rechtliche und organisatorische Gründe ins Feld. „Es laufen am 30. Juni über 100 Spielerverträge aus. In der 2. Liga sind es mehr als ein Drittel.“ Diese Rechtsunsicherheit könnte das Saisonende gefährden, wobei es Relegation geben soll und die dann auf jeden Fall im Juli gespielt werden muss. Das DFL-Präsidium wisse, „dass wir Spieler und Trainer einiges zumuten.“
Nationalmannschaftsarzt Tim Meyer hatte schließlich sogar drei Wochen Vorbereitung ins Spiel gebracht.Eine womöglich erhöhte Verletzungsgefahr wird dem reduzierten Ansteckungsrisiko untergeordnet. Die Liga-Entscheider scheinen die Phase der mittlerweile stark abgeschwächten Pandemie in Deutschland lieber heute als morgen nutzen zu wollen.
Erster Bewährungstest: Dortmund gegen Schalke
Da die Saison mit dem 26. Spieltag fortgesetzt wird, steht mit dem Revierderby Borussia Dortmund gegen Schalke 04 gleich der Bewährungstest an, ob auch die Fans die Vorgaben befolgen. Seifert glaubt nicht, dass es zu Ansammlungen in Pilsstuben oder Parzellen, in Wohnzimmern oder im Stadionumfeld kommt. „Nach all den Gesprächen, die ich mit Fanorganisationen geführt habe, wird das nicht so sein“, meint er. Der 50-Jährige setzt darauf, dass sich jeder der Verantwortung bewusst sei, stellt allerdings ebenfalls klar: „Da endet aber auch die Verantwortung der DFL.“
Ansonsten hatte der Verantwortungsbegriff Hochkonjunktur. „Ich wünsche mir nicht, ich erwarte, dass jeder Einzelne seiner Verantwortung gerecht wird“, sagte Seifert. Fußballer müssten einen Beruf ausüben, in dem sie „weder die Abstandsregeln halten noch Masken tragen können“. Doch man habe Voraussetzungen geschaffen, „dass wir nicht diejenigen sind, die die zweite Pandemiewelle auslösen.“ Jetzt gelte, dass sich „junge Männer sehr diszipliniert verhalten“.
Das Qualitätssiegel "Made in Germany" neu definieren
Die Vorbildrolle steht so stark wie nie unter Beobachtung. Der Profifußball besitzt ja nicht nur die Kraft und das Geld, sich eine klinische reine Sonderzone zu errichten, sondern verfügt auch über das Netzwerk in die Politik, um nun sogar eine weltweite Vorreiterrolle zu übernehmen. „Wir merken, dass wir ganz schön dankbar sein können, weil wir alle in einem der modernsten Gesundheitssysteme der Welt leben“, erklärte Seifert. Wenn es gelingt, zwar stimmungsarm, aber störungsfrei die Saison zu Ende zu bringen, hätte die Bundesliga das Qualitätssiegel „Made in Germany“ neu definiert.
Der Vorlauf mit rund 1.700 Testungen an vermeintlich kerngesunden Leistungssportlern habe gezeigt, erläutert der Liga-Boss, „dass wir ohne Tests nicht zurückkehren können“. Daher könne der Fußball sogar eine Blaupause weit über den Sport hinaus für jene liefern, „die die Kontaktbeschränkungen nicht einhalten können“. Vom Feldhockey bis Wasserball, Orchester, Theater und andere Branchen könnten, so sagte es Seifert, vom für Profifußballer konzipierten Papier lernen.