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Bundestagswahl in Klassenzimmern

Bei der Aktion „Ich bin wählerisch“ lernen Schüler Politik von Gleichaltrigen.

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© Ariane Heinen

Von Ariane Heinen

Was ist ein Überhangmandat? Welchen Sinn hat eine Fünf-Prozent-Klausel? Womit beschäftigen sich Abgeordnete in der sitzungsfreien Zeit? Solche Fragen kann sogar manch Erwachsener nicht richtig beantworten. Schülerinnen wie Sania und Jean vom Gymnasium Bürgerwiese schon.

Im Rahmen der Initiative „Ich bin wählerisch“ sind mehr als 100 sächsische Schüler in Dresden, Leipzig und Chemnitz zu Wahlexperten ausgebildet worden. 2013 fand das Projekt zum ersten Mal in der Region des Osterzgebirges statt. Nun wurde es auf ganz Sachsen ausgeweitet. Die beiden Zehntklässlerinnen waren drei Tage in Chemnitz.

Dort haben sie von anderen jungen Leuten, wie den Studenten Theresa Schramm und Lucas Böhme, in verschiedenen Seminaren nicht nur viel über Politik, sondern auch Lehrmethoden gelernt. Böhme fühlte sich bei seiner ersten Wahl nicht ausreichend vorbereitet. „Ich hatte noch nie einen Stimmzettel gesehen und war überfordert.“ Daraufhin nahm er 2013 am ersten Versuch des Projektes teil. Hier gab es Infomaterialien von Parteien oder auch Stimmzettel. Mittlerweile unterrichtet Böhme die neuen Teilnehmern selbst.

Die sollen jetzt, kurz vor der Wahl, ihr Wissen an ihre Mitschüler weitergeben. Das heißt, es gibt keine erwachsenen Lehrer und keinen Frontalunterricht. Gruppenarbeit und ein Stuhlkreis lockern steifen Politikunterricht auf. Parteien werden zunächst spielerisch erklärt. Das Krümelmonster steht für die AfD, „weil es sich oft egoistisch benimmt“.

Die beiden Mädchen haben mit ihrer eigenen Klasse begonnen. „Wir hatten das ja schon im Unterricht und viele haben einfach gedacht, sie bräuchten es gar nicht mehr“, sagt Sania. Da hätten sich die Klassenkameraden jedoch selbst überschätzt. „Sogar eine siebte Klasse wusste viel mehr.“ Theresa Schramm, eine Koordinatorin des Projektes, hält das für ein großes Problem beim schulischen Politikunterricht. „Nur weil es im Hefter steht, wissen die Schüler es nicht“, sagt sie.

Sie sollen durch das Projekt die politischen Zusammenhänge verstehen und mit eigenen Worten erklären können. Der 20-Jährigen hat das schon an ihrer eigenen Schule gefehlt. „Wir haben die Theorie gelernt, aber nicht, wie man sie erklärt oder begründet.“ Für Fragen blieb kaum Zeit. Sie hofft, dass sich das durch das Projekt ändert und Lehrer sich hier Anregungen für ihren Unterricht holen.