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Sächsischer Busbauer setzt auf E-Technik

Der sächsische Busbauer MAN in Plauen will künftig auf elektrische Kleintransporter setzen. Es soll der Weg aus der Corona-Krise sein.

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Am Standort Plauen wird bei MAN parallel zur Auslieferung der elektrischen Stadtbusse weiter an Optimierungen bei Software, Verkabelung oder Batterien gearbeitet.
Am Standort Plauen wird bei MAN parallel zur Auslieferung der elektrischen Stadtbusse weiter an Optimierungen bei Software, Verkabelung oder Batterien gearbeitet. © Jan Woitas/dpa-Zentralbild

Von Katrin Mädler, dpa

Plauen.
In den Produktionshallen geht die Arbeit weiter, auf 60.000 Quadratmetern wird lackiert, montiert, gebaut: Nach Umsatzeinbrüchen in der Corona-Krise und drohenden Stellenstreichungen im Unternehmen will der Plauener Busumbauer MAN Bus Modification Center (BMC) nach vorn schauen. 

"Trotz der gegenwärtigen Krise sehen wir uns durch unseren stärkeren Fokus auf die Elektromobilität und auf individuelle Kundenwünsche gut für die Zukunft aufgestellt", sagt Marcus Galle, Betriebsratsvorsitzender von BMC Plauen.

Im März hatte der Lastwagenbauer MAN, der zur VW-Tochter Traton gehört, einen massiven Stellenabbau angekündigt - ohne jedoch Details zu nennen. Laut Berichten stehen rund 6.000 Arbeitsplätzen auf der Kippe. "Über die in der Presse genannten Personalreduzierungen bei MAN können wir in Plauen nichts sagen", so Galle. Auch die Geschäftsleitung verwies zur Lage in Plauen an den Betriebsrat.

Bis 2030 rund 60 Prozent elektrischer ÖPNV

Derzeit geht die IG Metall Zwickau davon aus, dass das Plauener Werk mit 150 Beschäftigten nicht von den Stellenstreichungen bei MAN betroffen ist. 

"Aber die Frage ist, in welche Richtung sich der Standort entwickeln möchte. Um zukunftsfähig zu sein, wird der Schwerpunkt auf Busmodifikationen nicht ausreichend sein. Es braucht Diskussionen, welche Geschäftsbereiche dort zusätzlich angesiedelt werden könnten", sagt der Erste Bevollmächtigte, Thomas Knabel. 

Die Corona-Krise sei nur eine Art Brennglas auf die ohnehin vorhandenen Probleme der Fahrzeughersteller. Rund 100.000 Menschen seien in Sachsen von der Automobilindustrie abhängig.

Bei MAN in Plauen geht man davon aus, dass bis 2030 rund 60 Prozent aller Fahrzeuge im ÖPNV elektrisch fahren. "Auch wir beteiligen uns an dieser Trendwende in der Automobilindustrie", so Galle. Ein Schwerpunkt sei der Ausbau von Elektrobussen und der Elektroshuttle eTGE, ein vollelektrischen Kleintransporter.

Minister Dulig: Plauen ist bedeutender Standort

Im vergangenen Jahr machte das Plauener Werk mit Umbauten für den Bus der deutschen Fußball-Nationalmannschaft auf sich aufmerksam – mit einer Komforttoilette, Schrankelementen, absenkbaren Tischen und vielem mehr. 

"Wir konnten zeigen, zu welch hochwertigen Ausstattungen wir in der Lage sind", sagt Galle. Auch das Frauen-Nationalteam, die U 21-Nationalmannschaft und andere internationale Fußballclubs und Sportmannschaften fahren mittlerweile in maßgeschneiderten Bussen aus dem vogtländischen Werk.

Alle Fahrzeughersteller stünden vor der Frage, wie die Antriebstechnologie in den nächsten Jahrzehnten funktionieren soll, so Knabel. "Geklärt werden muss, wie dieser Strom der neuen Technologien gespeichert werden soll – über Batterien oder einen Wasserstoffantrieb."

Der Plauener Busumbauer MAN schaut nach Umsatzeinbrüchen in der Corona-Krise und drohenden Stellenstreichungen im Unternehmen positiv auf die nächsten Monate.
Der Plauener Busumbauer MAN schaut nach Umsatzeinbrüchen in der Corona-Krise und drohenden Stellenstreichungen im Unternehmen positiv auf die nächsten Monate. © Jan Woitas/dpa-Zentralbild

Gerade Unternehmen wie MAN in Plauen zeigten, dass die Automobilindustrie auch außerhalb von Zwickau wichtige Standbeine im Freistaat Sachsen hat, sagte Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD). 

Inzwischen hätten sich die Plauener durch Einzel- und Spezialaufträge einen sehr guten Ruf erarbeitet und seien ein bedeutender Standort für MAN geworden. "MAN sichert in Plauen gute Arbeitsplätze und bindet weitere Zulieferer an sich. Das MAN Bus Modification Center ist ein Aushängeschild und stärkt den traditionsreichen Industriestandort Sachsen", so Dulig.

Umbau von Fahrzeugen stark angestiegen

Beim Busumbau in Plauen bilden individuelle Kundenwünsche zunehmend ein eigenes Geschäftsfeld. "Die Nachfrage nach Modifizierungen nimmt generell zu und insbesondere die Umbauten von Vans, also Transportern, erfahren bei uns ein starkes Wachstum. Dazu zählen beispielsweise Veränderungen im Innenraum hin zu Personenfahrzeugen etwa für Schülertransporte, ergänzende Spezialfunktionen, Klimatisierung oder Lichteffekte", so Marcus Galle. 

Auch der E-Van spiele eine immer größere Rolle. "Wir sehen als Hersteller einen Trend, dass Kommunen im ÖPNV zunehmend auf kleinere, individuell angepasste Ruftaxis und Personentransporte setzen", ergänzt er.

Zwei Mitarbeiter des MAN Bus Modification Centers (BMC) bauen eine Elektro-Kleinbus eTGE mit einer besonderen Innenverkleidung für den Personentransport aus. Rote bzw. blaue Ambientebeleuchtung erzeugen warme oder kühle Stimmung und helfen so, den Klimati
Zwei Mitarbeiter des MAN Bus Modification Centers (BMC) bauen eine Elektro-Kleinbus eTGE mit einer besonderen Innenverkleidung für den Personentransport aus. Rote bzw. blaue Ambientebeleuchtung erzeugen warme oder kühle Stimmung und helfen so, den Klimati © dpa-Zentralbild

Der Umbau von Fahrzeugen ist seit der Eröffnung stark angestiegen: Von 170 Fahrzeugen 2015 auf geplante 900 Fahrzeuge in diesem Jahr. Diese Stückzahl habe man sich laut Galle trotz Corona-Krise vorgenommen. "Durch die Krise sind die Aufträge für Fahrzeugmodifikationen bei uns um 70 Prozent eingebrochen. Inzwischen normalisiert sich die Nachfrage wieder."

"Ausdünnen der Belegschaft vor Ort wäre eine Katastrophe"

Laut Knabel ist die Automobil-Branche in Sachsen unterschiedlich von der Corona-Krise betroffen: "Einigen geht es sehr gut. In anderen Werken sieht es sehr schlecht aus, besonders bei denen, die mit der Produktion von Verbrennungsmotoren zu tun haben." Das betreffe die Maschinenbauer im Chemnitzer Raum, Gießereien in der Zwickauer Region und ebenso die Continental-Tochter Vitesco Technologies GmbH in Limbach-Oberfrohna.

Seit 100 Jahren ist der Busbau in Plauen etabliert. Los ging es 1919 durch die Vogtländische Maschinenfabrik AG (VOMAG). Später folgte die Marke Neoplan und nach deren Schließung 2015 übernahm das MAN Bus Modification Center die Führung. 

"Nach dem Aus von Neoplan vor fünf Jahren waren wir froh, dass wir den Industriestandort erhalten konnten. Und wir werden alles tun, dass es so bleibt. Jedes weitere Ausdünnen der Belegschaft wäre vor Ort eine Katastrophe", findet IG-Metall-Bevollmächtigter Knabel. Mittlerweile gehört der Lastwagenbauer zur VW-Tochter Traton.