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Maskenpflicht: "Noch keine einzige Kontrolle erlebt"

Was einen 85-jährigen Dresdner bewegt, wenn er Menschen ohne Mund-Nase-Schutz in Bussen und Straßenbahnen sieht.

Von Christoph Springer
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In Bus und Bahn nur mit Maske: So wollen es die DVB und so wünscht sich das auch Gerhard Schmidt.
In Bus und Bahn nur mit Maske: So wollen es die DVB und so wünscht sich das auch Gerhard Schmidt. © René Meinig

Dresden. Gerhard Schmidt fühlt sich unwohl. Er ist 85 Jahre alt, und wenn er derzeit Bus und Bahn fährt, hat er kein gutes Gefühl. Vor zwölf Jahren hatte er einen Herzinfarkt und auch jetzt, so sagt er, fühlt ich sich nicht ganz gesund. Irgendwas drückt in dem Alter immer, weiß der Dresdner, der auf der Hepkestraße in Seidnitz wohnt. Ähnlich geht es seiner 76-jährigen Frau. "Auch sie hat Schwierigkeiten." Deshalb fahren die Eheleute zurzeit ungern mit der Buslinie 85, die gleich vor dem Haus hält. Ähnlich ist es mit der Straßenbahn in Richtung Innenstadt. Denn nie tragen alle Fahrgäste Maske. Irgendeiner ist immer dabei, der die Pflicht, eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, ignoriert. "Ich habe mal erlebt, dass sechs Leute in der Bahn waren. Nur eine Frau und ich haben Maske getragen."

Bei sechs Leuten in einer ganzen Straßenbahn könnte man theoretisch vielleicht sogar auf die Maske verzichten und Abstand halten. Doch im öffentlichen Personennahverkehr gilt  Maskenpflicht. Einzige Ausnahme: Gesundheitliche Probleme, die per Attest bestätigt sind. "Ansonsten bleibt nix anderes übrig, als das Ding über zu ziehen und zu hoffen, dass die Viren nicht durchkommen." So beschreibt der 85-Jährige die Maskenpflicht und zeigt sogleich: Es reicht nicht nur, sie über dem Mund zu tragen, auch die Nase muss bedeckt sein.

Doch das ist sie oft nicht, wenigstens bei 30 Prozent aller Frauen in den Bussen und Straßenbahnen, hat Gerhard Schmidt beobachtet. Überhaupt werde die Maskenpflicht viel zu oft ignoriert. Deshalb meidet er das Angebote der Verkehrsbetriebe, wann immer es geht, und fährt lieber mit seinem Golf. "Im eigenen Auto passiert mir nichts." Schmidt weiß, dass die Fahrscheinkontrolleure dafür sorgen sollen, dass die Maskenpflicht eingehalten wird, aber: "Ich habe noch keine einzige Kontrolle erlebt." Überhaupt sei das jetzt wahrscheinlich eine sehr schwere Arbeit, "vielleicht werden sie ja noch dafür verprügelt, wenn sie an die Maske erinnern."

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Nur unter Einsatz der Polizei

Schmidt hat deshalb an die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) geschrieben. Die Antwort des Unternehmens stellte ihn nicht zufrieden. Der Kernsatz im Brief des Unternehmens an ihn: Seine Bedenken seien nachvollziehbar, "dennoch ist grundsätzlich jede mitfahrende Person selbst für das Umsetzen der geltenden Verfügung verantwortlich". Umgekehrt heißt das: Die DVB sind es nicht.  

Christian Schlemper, Sprecher des Verkehrsverbundes Oberelbe (VVO), zu dem auch die DVB gehören, springt dem Unternehmen bei. Zunächst stellt er aber wie sein DVB-Kollege Falk Lösch fest: "Der deutlich überwiegende Teil der Fahrgäste hält sich an die Maskenpflicht." Das bestätigt auch Gerhard Schmidt. Das Problem für ihn sind aber die anderen, die, die sich nicht daran halten. Zahlen dazu nennen Verkehrsverbund und DVB nicht. Schlempers Position, die auch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) vertritt: Die Polizei müsste gerufen werden, wenn es um renitente Fahrgäste geht. Die Mitarbeiter der Verkehrsunternehmen seien in solchen Situationen nicht gefragt, weil es anders als beim Schwarzfahren nicht um einer Straftat geht. 

Auch ein Bußgeld, wie es jetzt unter anderem in Nordrhein-Westfalen und Hessen fällig ist, sofern ein Fahrgast "vergessen" hat, die Maske aufzusetzen, würde nicht helfen, erklärt Schlemper. Denn auch dann ist eher die Polizei gefragt als die Mitarbeiter der Unternehmen oder als Fahrscheinkontrolleure. Man könne aber vermuten, dass ein Bußgeld dazu beiträgt, "die grundsätzliche Verweigerungshaltung gegenüber einer Mund-Nase-Bedeckung etwas zu reduzieren". Trotzdem habe der VVO nicht von der sächsischen Politik gefordert, ein solches Bußgeld einzuführen. Lösch sagt aber: "Wir würden es begrüßen."

Der VDV hat dazu am Freitag Stellung genommen. "Für diejenigen, die sich partout weigern eine Maske zu tragen und damit sich und andere gefährden, ist eine entsprechende Sanktionierung durch Bußgelder ein richtiger und notwendiger Schritt“, sagte Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff.

"Sie haben die Schnauze voll"

Dass eine Strafe für Maskenmuffel eingeführt wird ist längst überfällig, findet Gerhard Schmidt. Das könnte helfen, ist er überzeugt. "Ich fühle mich sicherer, wenn ich viele Leute mit Masken um mich herum sehe."

Und er hat eine Botschaft für alle, die den Mund-Nase-Schutz ablehnen oder wenigstens nicht ernst nehmen. "Je länger Corona dauert, um so leichtsinniger werden die Leute", ist er überzeugt. "Sie haben die Schnauze voll und das nehme ich ihnen nicht mal übel." Trotzdem sei der Gesichtsschutz wichtig und sicher auch ein guter Beitrag im Kampf gegen die Virusverbreitung. "Wenn es nicht gelingt, die Ausbreitung entscheidend einzudämmen..." An dieser Stelle spricht Gerhard Schmidt nicht weiter. Diesen Gedanken mag er nicht zu Ende denken. Dann schon lieber Maske. In jedem Bus, in jeder Bahn und in jedem Geschäft.

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