Von Heiko Engel und Romy Kühr
Bautzen - Nach fast einem Jahr ist die juristische Aufarbeitung des schweren Busunfalls an der Autobahnausfahrt Bautzen-Ost abgeschlossen. Das Bautzener Amtsgericht verhängte gestern gegen den 65-jährigen Busfahrer Herbert S. eine Gefängnisstrafe von einem Jahr auf Bewährung wegen fahrlässiger Tötung. Zudem muss der Mann eine Geldstrafe von 1 000 Euro bezahlen – sie kommt der Kreisverkehrswacht zugute – und darf zwei Monate nicht mehr fahren. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Staatsanwaltschaft und Angeklagter können Berufung einlegen.
Bei dem Unglück im Juni 2008 kam ein Fahrgast um Leben, einer überlebte querschnittsgelähmt. 13 weitere wurden zum Teil schwer verletzt, erlitten Knochenbrüche, Verstauchungen und Prellungen. Die Gruppe war von einem Slowenien-Urlaub unterwegs nach Hause, Reiseveranstalter war die Eibauer Firma „Komm-Mit“. – Während des Prozesses brach Busfahrer Herbert S. immer wieder in Tränen aus. Es tue ihm leid, er entschuldige sich bei den Opfern. Wenn er könnte, würde er das Geschehene rückgängig machen, gab Verteidiger Thomas Baumann die Gefühle des Angeklagten wider.
Spuren am Unfallort ausgewertet
Richter Ralf Nimphius stützte seine Entscheidung auf die umfangreichen Test und Fahrversuche mit einem baugleichen Bus sowie die Auswertung der Spuren am Unfallort. Danach ist menschliches Versagen die Unglücksursache. Nach Angaben von Staatsanwalt Rainer Schneider sei der verunglückte Bus technisch in Ordnung gewesen. Fahrer Herbert S. hatte in der polizeilichen Vernehmung angegeben, die Fußbremse des Busses habe nicht reagiert. Laut Staatsanwalt Schneider sei der Bus mit 59 Stundenkilometer auf die Autobahnausfahrt gefahren und habe noch weiter beschleunigt. Herbert S. habe mehrere Möglichkeiten gehabt, den Bus zu stoppen. Er hätte etwa die Kupplung treten, die Wirbelstrombremse betätigen oder eine Vollbremsung machen können. All dies passierte nicht, so Schneider.
Aus Sicht von Richter Nimphius ist das Urteil „tat- und schuldangemessen“, so der Jurist zur SZ. Herbert S. habe die Möglichkeit gehabt den Unfall zu vermeiden, sagte Nimphius in der Urteilsbegründung. Er habe sich mit dem Bus bereits in einer gefährlichen Situation befunden und das Fahrzeug nicht im Griff gehabt. Für den Angeklagten spreche, dass er strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten sei und Reue zeige, Ralf Nimphius: „Ein schreckliches Geschehen macht aus einem Menschen noch keinen schrecklichen Menschen.“
„Komm-Mit“-Chef Ulf Künzelmann will den Vorfall und den Prozess nicht weiter kommentieren. Er hat das Urteil im Gerichtssaal mit angehört. „Wir müssen das so akzeptieren.“ In so eine Situation könne jeder kommen. Künzelmann ist froh, dass das Verfahren vorbei sei und die Kunden der Eibauer Firma seit dem Unfall die Treue gehalten hätten.