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Die ganze Familie unter einem Zeltdach

Frische Luft, in Familie sein und Spielkameraden direkt nebenan: Das schätzen Familien am Campingurlaub. Für den Anfang tut es ein Kurztrip:

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Alle unter einem Zeltdach: Für Neulinge sollte es nicht gleich eine mehrwöchige Reise sein.
Alle unter einem Zeltdach: Für Neulinge sollte es nicht gleich eine mehrwöchige Reise sein. © AdobeStock/Robert Kneschke (Symbolfoto)

Der Alltag ist durchgetaktet: Job, Schule, Kita, Sportverein und Musikschule, dazwischen noch das bisschen Haushalt. Ein Campingurlaub mit der ganzen Familie klingt da wie der perfekte Gegenentwurf: Sich einen Platz suchen, an dem es schön ist, endlich Zeit haben füreinander, den Tag gemeinsam erleben. Und obendrauf gibt es noch eine Portion Freiheit und Abenteuer. Oder ist das nur eine romantische Idealvorstellung?

"Mit dem Zelt oder Camper unterwegs zu sein, gibt uns tatsächlich dieses Gefühl von Freiheit: Man ist viel an der frischen Luft, rückt enger zusammen und kann spontan reagieren, wenn es irgendwo so schön ist, dass man bleiben möchte", sagt Andreas Arnold. Zusammen mit seiner Frau Jenny Krämer berichter er im Blog "Travelisto" von den Familienreisen mit den beiden Söhnen, elf und sieben Jahren alt.

Einige ausgedehnte Campingtouren waren dabei: mit dem Zelt nach Korsika, mit dem Wohnmobil durch Japan, mit dem Dachzelt-Jeep durch Namibia, mit dem Camper die französische und spanische Atlantikküste entlang. "Beim Camping erlebt man eine andere Gemeinschaft als beispielsweise in einem Familienhotel", sagt Arnold: "Man lernt sich schneller kennen, hat gemeinsame Interessen, hilft sich." Das gilt nicht nur für die Erwachsenen: "Die Kinder finden immer schnell Kontakt", sagt Jenny Krämer.

Neue Kumpels sind meist nur ein, zwei Zelte entfernt

Nicht nur die Tatsache, dass neue Ferienfreunde meist nur ein, zwei Zelte weiter wohnen, mache den Campingurlaub für Familien interessant, sagt Viktoria Groß vom Deutschen Camping-Club. Er ist mit 188 Ortsvereinen der größte Verein für Camper in Deutschland: "Viele Plätze bieten Betreuung und Programm für Kinder an, vor allem
während der Sommerferien."

Der Camping- und Ferienpark Teichmann am hessischen Edersee ist so ein familienfreundlicher Platz, gerade erst wurde er mit einem "Campsite-Award" für seine Kinder-Animation ausgezeichnet. "Die Kinder wollen herumlaufen, sie wollen aber auch beschäftigt werden", sagt Platzbetreiber Ernst-Rudolf Müller. Deshalb gibt es einen Mini-Club und Kinderkino, Bogenschießen und Beachvolleyball, Goldwaschen, Geocaching und gemeinsames Singen am Lagerfeuer.

"Manche Eltern sind anfangs ein wenig ängstlich, wenn ihre Kinder nicht ständig in ihrem Blickfeld, sondern mit ihren Freunden auf dem Platz unterwegs sind", erzählt Müller. Aber das lege sich schnell: "Und dann wissen sie den Freiraum zu schätzen.".

In den Schulferien nicht spontan losdüsen

In den meisten Campingführern lässt sich gezielt nach Plätzen mit Familienprogramm suchen. Sich dann in den Schulferien spontan auf den Weg zu machen, ist allerdings keine gute Idee: "Man sollte unbedingt vorher reservieren", sagt Viktoria Groß. Beliebte Plätze an der Küste oder an Badeseen seien in der Hauptsaison oft ausgebucht. Und: Das Zusatzangebot macht sich der Regel auch im Preis bemerkbar.

Vor allem im Juli und August sind auf deutschen Campingplätzen mehr als die Hälfte der Gäste Familien, schätzt Christian Günther, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Campingwirtschaft in Deutschland: "Viele Eltern wollen ihren Kindern einen Gegenalltag zum Leben in der Stadt bieten." Camping im eigenen Land boome schon seit einigen Jahren: "Wir haben die Qualitätslücke zu anderen Ländern geschlossen", sagt Günther. Belohnt worden sei das mit einem Zuwachs bei den Übernachtungszahlen um 50 Prozent innerhalb von zehn Jahren.

Der nächste Campingplatz sei oft nur wenige Kilometer entfernt - und ein guter Einstieg für Neulinge. Ohne viel Aufwand lässt sich dort übers Wochenende ausprobieren, ob der Rücken eine Nacht auf der Luftmatratze verträgt und die Kinder überhaupt Spaß am Campen haben. Es muss auch nicht unbedingt das Zelt sein: Auf vielen Plätzen können Hütten oder Wohnwagen bezogen werden.

Vor der Abfahrt mit Mietwohnmobil vertraut machen

Das gemietete Wohnmobil ist eine weitere Möglichkeit, Campingatmosphäre in vergleichsweise komfortabler Form zu erleben. "Oft gibt es allerdings bei der Einweisung durch den Vermieter so viele Informationen auf einmal, dass man sich vor der Abfahrt auf jeden Fall noch mal in Ruhe mit dem Fahrzeug vertraut machen muss", sagt Christian Günther.

Auch den Wetterbericht sollte man vorher gelesen haben: "Bei Dauerregen ist man als Anfänger schnell überfordert", warnt Günther. Wer sich erfahrenen Campern anschließt, profitiert von deren Wissen. Ein gut ausgestatteter Platz erleichtert ebenfalls den Einstieg. Gibt es einen Supermarkt oder sogar ein kleines Restaurant, braucht niemand zu hungern, wenn in der Aufregung des Aufbruchs Kocher und Plastikteller vergessen wurden. Einsteigern helfen oft Checklisten für das Equipment weiter.

"Wir haben mit Kindern schon deutlich mehr dabei als bei unseren Campingreisen als Paar", sagen die Reiseblogger Andreas Arnold und Jenny Krämer. Taschen und Kisten in verschiedenen Größen helfen, Ordnung zu halten: "Das klappt fast besser als zu Hause."

Campen mit Baby? Toleranz oft größer als gedacht

Und ab wann sind die Kinder alt genug für den Campingurlaub? Das ist vor allem eine Frage der individuellen Erfahrung - und der Nerven der Eltern. Wenn das Baby die Nacht durchschreit, kommt zum eigenen Schlafmangel die Sorge um die Nachtruhe der Nachbarn. Deren Toleranz sei aber oft viel größer als gedacht, beruhigt Platzbetreiber Ernst-Rudolf Müller: "Bei uns gibt es eigentlich nie Beschwerden über zu viel Kinderlärm."

Andreas Arnold und Jenny Krämer sind, als ihre Söhne noch kleiner waren, ganz bewusst zusammen mit einer anderen Familie auf Campingtour gegangen: "Man kann sich die Aufgaben dann besser aufteilen: Einer kauft ein, einer kocht, einer wäscht ab und einer hat ein Auge auf die Kinder." Oder man bezieht sie gleich mit ein ins Kochen, Spülen und Aufräumen, rät Viktoria Groß: "Dabei können schon die Kleinsten mithelfen: Das Plastikgeschirr geht ja nicht kaputt." (dpa/tmn)