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CDU verliert die letzte Großstadt

Markus Ulbig gibt noch am Wahlabend auf. Am 5. Juli fällt im zweiten Wahlgang die endgültige Entscheidung.

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© Jürgen Lösel

Von Juliane Richter, Andreas Weller und Tobias Wolf

Dresden. Diese Niederlage ist zu deutlich. CDU-Kandidat Markus UIbig hat bei der gestrigen Oberbürgermeisterwahl nur 15,4 Prozent der Stimmen geholt. Die Auszählungen sind noch nicht beendet, als er bereits bekannt gibt, dass er im zweiten Wahlgang am 5. Juli nicht noch einmal antreten wird. Damit verliert die CDU die letzte deutsche Großstadt, die sie zuvor mit Helma Orosz noch fest in ihrer Hand hatte. Nun läuft somit alles auf eine Stichwahl zwischen der SPD-Frau Eva-Maria Stange und dem FDP-Mann Dirk Hilbert heraus. Beide treten jedoch als unabhängige Kandidaten an. Im zweiten Wahlgang reicht einem von ihnen die einfache Mehrheit.

Das Endergebnis aus Dresden finden Sie hier

Am Sonntag lag die amtierende Wissenschaftsministerin Stange mit 36 Prozent gut vier Prozentpunkte vor Hilbert. Erst um 19.45 Uhr betritt sie die Wahlparty im Restaurant Maximus auf der Maxstraße. Die Fraktionschefs von Linken, Grünen und SPD begleiten sie auf dem Weg zu der kleinen Bühne, auf der das Wort „Gemeinsam“ steht. Die 58-Jährige ist für die Wählervereinigung „Gemeinsam für Dresden“ angetreten. Getreu diesem Motto ruft sie deren Sprecher Professor Karl-Siegbert Rehberg und die Vertreter der Parteien samt Piraten mit auf die Bühne. Rechts von ihr steht ihr Mann Bernd und beklatscht ihren Sieg, wenn auch etwas zurückhaltender als die Partygäste. Eva-Maria Stange, im schwarzen Rock, mit beige-schwarzem Oberteil und cremefarbenem Blazer, spricht mit fester Stimme. Nur die roten Wangen verraten ihre Aufregung.

„Wir wissen, dass es noch nicht ganz geschafft ist. Wir haben gut vorgelegt. Das ist ein gutes Ergebnis mit einem deutlichen Vorsprung“, sagt sie. Stange gibt sich zuversichtlich, nun auch Stimmen der bisherigen CDU-Wähler für sich zu gewinnen. Besonders positiv bewertet sie die Wahlbeteiligung von 51,4 Prozent. Insgesamt haben somit von den knapp 436 000 Wahlberechtigten rund 221 000 ihre Stimme abgegeben. Laut Dresdens Wahlleiterin Ingrid van Kaldenkerken hätten sich gegenüber der letzten OB-Wahl mit 60 109 Dresdnern gut doppelt so viel Wähler für die Briefwahl entschieden. „Es ist einfacher geworden, per Brief zu wählen, weil das heute online von der Couch möglich ist“, sagt sie auf der zentralen Wahlveranstaltung im Stadtmuseum.

Die Wahl in Dresden

Dort taucht später auch Dirk Hilbert auf. Seine Stimmung und die seiner Anhänger ist euphorisch. Auch er hat sich fest vorgenommen, nun die CDU-Wähler auf seine Seite zu ziehen. Hilbert hat bisher mit vier Herzensangelegenheiten Wahlkampf gemacht und ist vor allem auch dadurch aufgefallen, dass er sich mit seiner Frau und seinem Sohn auf einem Wahlplakat hat ablichten lassen. Nach dem Wahlsonntag ist er so entspannt, dass es ihn auch nicht stört, dass die Anhänger der Satirepartei Die Partei rund um Lara Liqueur seine Wahlparty gesprengt haben. Schon vorher hat die rund 20 Mann starke Gruppe im Festsaal des Stadtmuseums für ordentlich Trubel gesorgt.

Wie ein mittelalterlicher Herald ruft einer ihrer Begleiter beim Eintreten: „Begrüßen Sie mit mir die künftige Oberbürgermeisterin von Dresden– Lara Liqueur.“ Dafür wird es nicht ganz reichen. Aber immerhin hat die von Lars Stosch verkörperte Kunstfigur 2,5 Prozent der Stimmen erhalten. Das ist knapp die Hälfte des Ergebnisses, das AfD-Spitzenkandidat Stefan Vogel geschafft hat. Er kommt auf 4,8 Prozent. Der 58-Jährige ist wegen des schlechten Abschneidens ein wenig gereizt, gibt sich aber selbstbewusst. „Das ist erst ein Zwischenergebnis“, sagt er. Das werde jetzt mit dem Kreisvorstand ausgewertet, bevor er entscheidet, ob er noch einmal im zweiten Wahlgang antreten will. Trotz der etwas höheren Beteiligung als noch vor sieben Jahren, sei es ernüchternd. Denn mit der AfD und Pegida seien neue Mitspieler auf dem Markt der Wählerstimmen hinzugekommen, die Nichtwähler mobilisieren wollten. Mit Blick auf das doppelt so hohe Ergebnis von Ex-Afd-Mitglied und Pegida-Kandidatin Tatjana Festerling sagte Vogel: „Das ärgert mich nicht.“

Festerling selbst erklärt noch am Abend, dass sie nun erst einmal „unseren Riesenerfolg“ genießt. Ob sie im zweiten Wahlgang noch einmal antritt, soll heute Abend beim nächsten Spaziergang bekannt geben werden.

CDU gesteht klare Niederlage ein

Der Verlierer des Abends, Markus Ulbig, zeigt sich sichtlich geknickt. Der 51-Jährige war mit dem Slogan angetreten „Damit Dresden gewinnt“. Ulbig hofft, dass er nach der deutlichen Schlappe seinen Posten als Innenminister weiter ausführen kann. Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hatte ihm bereits ein positives Signal gesendet. CDU-Chef Christian Hartmann spricht in Bezug auf den OB-Wahlkampf von einer ganz klaren Niederlage. Ulbig und Dirk Hilbert wollen sich heute zusammensetzen und beraten, wie die nächsten Wochen bis zur Stichwahl verlaufen sollen.

Dirk Hilbert geht weiterhin davon aus zu gewinnen, weil das Ergebnis eindeutig zeige, dass Rot-Grün-Rot in Dresden keine Mehrheit hat. Anders als bei der Stadtratswahl im vergangenen Jahr liege das bürgerliche Lager von CDU und FDP insgesamt deutlich vorne. Der Kandidat, der in gut einem Monat die Wahl für sich entscheiden kann, muss allerdings mit der rot-grün-roten Mehrheit im Stadtrat klarkommen. Die CDU hat dort noch 21 Sitze, die FDP nur noch drei.