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Chemnitz sagt Stadtfest 2019 ab

Nach der Messerattacke im Vorjahr sehen die Veranstalter den Sinn und Zweck des Festes nicht mehr gegeben. Jetzt soll es andere Formate für die Innenstadtbelebung geben.

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Das jährliche Chemnitzer Stadtfest findet 2019 nicht statt.
Das jährliche Chemnitzer Stadtfest findet 2019 nicht statt. © Archivbild: PR

Unkalkulierbare Sicherheitsrisiken und fehlende neue Sponsoren - ein Jahr nach der tödlichen Messerattacke auf einen 35-Jährigen findet in diesem Jahr in Chemnitz kein Stadtfest statt. Die Chemnitzer Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH (CWE) sagte am Mittwoch bei einer Pressekonferenz die für den 23. und 24. August geplante Veranstaltung ab. "Die Marke ist nachhaltig beschädigt", sagte CWE-Geschäftsführer Sören Uhle anschließend der Deutschen Presse-Agentur.

Grund für die Absage ist laut Mitteilung, dass das Stadtfest 2018 mit dem Tod des 35-jährigen Deutschen und mit den darauf folgenden Ereignissen verbunden worden sei - und somit "das Image dieses Festes nachhaltig negativ besetzt wurde".

Der Mann war im Vorjahr am Rande des Stadtfestes am 26. August mutmaßlich durch zwei Asylbewerber getötet worden. Das hatte in der Stadt fremdenfeindliche Übergriffe, rechte Demonstrationen mit zahlreichen Straftaten wie dem Zeigen des Hitlergrußes sowie Anschläge auf ausländische Restaurants ausgelöst. Seit vergangenem Montag muss sich ein tatverdächtiger Syrer unter anderem wegen Totschlags vor dem Landgericht Chemnitz verantworten.

Die Veranstalter zogen am Mittwoch nun die Konsequenzen. Bereits 2017 war das Stadtfest am Festival-Samstag wegen Pöbeleien und Rangeleien vorzeitig beendet worden. 2018 dann wurde das Fest nach der Gewalttat aus Sicherheitsgründen abgebrochen. Noch am 26. August waren damals bei einer von Fußball-Hooligans aus dem Umfeld des Chemnitzer FC organisierten Spontan-Demonstrationen Hunderte auch gewaltbereiter Teilnehmer unkontrolliert durch die Innenstadt gezogen. Ihnen stand nur ein kleines Polizeiaufgebot gegenüber.

Weil die Vorfälle 2017 und 2018 nicht miteinander vergleichbar seien, stehe das Stadtfest auch nicht unter einem schlechten Stern, sagte Uhle. Dennoch habe es zur Absage der Veranstaltung für dieses Jahr keine Alternative gegeben. Wegen unkalkulierbarer Risiken hätte man mehr Geld für Sicherheitsmaßnahmen ausgeben müssen. Die dafür notwendigen neuen Sponsoren aber waren nicht zu finden. "Das war aussichtslos", sagte Uhle. "Wir müssen die Konsequenzen ziehen, denn wir werden aus dieser Abwärtsspirale nicht rauskommen." Die Bestandssponsoren hätten aber weitergemacht.

Den Ausschlag für die Absage gab demnach der Beginn des Prozesses am Montag in Dresden gegen einen der mutmaßlichen Gewalttäter vom Vorjahr. "Durch den Prozessauftakt kommen alle Bilder wieder hoch", sagte Uhle. Er sei traurig und zugleich wütend darüber, dass der Tod des 35-Jährigen Chemnitzers immer in einem Atemzug mit dem Stadtfest genannt werde, obwohl es nach seiner Meinung keinen Zusammenhang gebe. "Ich habe keine Zuversicht und Hoffnung, dass sich das bis zum Sommer ändert."

Eine Neuauflage des Stadtfestes 2020 wollte der Stadtmarketing-Chef nicht ausschließen. "Wir knicken nicht ein und geben nicht auf", betonte er. Am 24. August findet in diesem Jahr ohnehin bereits "Classics unter Sternen" statt. Man werde nun versuchen, dies mit "kleinteiligen Formaten" zu ergänzen. Allerdings suche die CWE zusammen mit ihren Partnern auch nach neuen Ideen, die das Stadtfest künftig ersetzen könnten. Ungeachtet dessen gebe es zahlreiche Veranstaltungen wie das Hutfestival, die Konzertreihe "Am Kopp" oder auch das Parkfestival, sodass das Zentrum im Sommer nicht leer bleibe. "Wir sind in den letzten Jahren bunt geworden", betonte Uhle. (dpa)