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Sachsens ältestes Unternehmen ist insolvent

Die Historie des Eisenwerks Erla im Erzgebirge reicht zurück bis ins 14. Jahrhundert. Nun hofft der Autozulieferer mit indischen Eigentümern auf einen Neuanfang.

Von Ulrich Wolf
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Im Schmelzbetrieb einer Gießerei bei Leipzig füllt ein Mechaniker geschmolzenes Metall in vorgefertigte Formen. Die Branche leidet unter hohen Stromkosten.
Im Schmelzbetrieb einer Gießerei bei Leipzig füllt ein Mechaniker geschmolzenes Metall in vorgefertigte Formen. Die Branche leidet unter hohen Stromkosten. © Symbolfoto: dpa-Zentralbild

Schwarzenberg/Chemnitz. Das älteste Unternehmen Sachsens ist pleite. Über das Vermögen der Eisenwerk Erla GmbH in Schwarzenberg sei das Insolvenzverfahren eröffnet worden, gab das zuständige Amtsgericht Chemnitz bekannt. Es ordnete Eigenverwaltung an. Das amtierende Management wird nun gemeinsam mit dem gerichtlich eingesetzten Sachverwalter versuchen, das Unternehmen zu sanieren.

Dem Gericht zufolge treffen sich die Gläubiger des Unternehmens Ende Mai. Darunter sind Vertreter der Agentur für Arbeit, der Stadtwerke Schwarzenberg, der Breitenbrunner Schmiederei Jungnickel, des Kreditversicherer Euler-Hermes sowie des Betriebsrats.

Das Eisenwerk ist aus einem der ältesten Hammerwerke im oberen Erzgebirge hervorgegangen, dem 1380 erstmals urkundlich erwähnten Hammer in der Erl. In der DDR produzierte der VEB Eisenwerk Erla unter anderem Zylinder für Kraftfahrzeugmotoren. 1994 übernahm es das Ingolstädter Familienunternehmen Schubert & Salzer. Seit Juni 2011 gehört es der indischen Dynamatic-Gruppe. Auf der eigenen Homepage bezeichnet sich das Eisenwerk mit seinen rund 300 Beschäftigten als eine "der leistungsfähigsten und modernsten Kundengießereien Deutschlands". Die Firmennachrichten im Internetauftritt sind jedoch seit 2019 nicht mehr aktualisiert worden.

Der Umsatz war im zuletzt veröffentlichten Geschäftsbericht für das Jahr 2020/21 um gut vier Millionen auf 51,3 Millionen Euro gesunken. Der Verlust betrug zwei Millionen Euro, ein Jahr zuvor waren es sogar 3,6 Millionen Euro. Das Eisenwerk, dessen wichtigste Kunden aus der Automobilindustrie kommen, befand sich bereits vor der nun erfolgten Insolvenzeröffnung in einem Schutzschirmverfahren. Die Zeitung Freie Presse zitierte seinerzeit Betriebsratschef Harry Rosen mit der Aussage, das Verfahren sehe er als "Chance für einen Schuldenschnitt". Eisenwerk-Geschäftsführer Enrico Fischer sagte dem Blatt, es gebe eine solide Ausgangsbasis und "gute Aussichten auf Erfolg". Der Umsatz im Ende März endenden Geschäftsjahr 2022/23 werde bei etwa 50 Millionen Euro liegen, das Ergebnis aber negativ sein.

Grund für die finanziellen Schwierigkeiten des Erlaer Eisenwerks sind offensichtlich die hohen Rohstoff- und Energiekosten. Von einem jährlich 40 Millionen Kilowattstunden Verbrauch für Strom und Gast ist die Rede. Wegen der aus Sicht der Industriegewerkschaft Metall kaum mehr finanzierbaren Industriestrompreise hatten erst am Donnerstag rund 400 Stahlbearbeiter aus sechs Betrieben in Riesa demonstriert, darunter aus dem Elbe-Feralpi-Stahlwerk in Riesa und der Walzengießerei Coswig. In Leipzig hatten am Freitagmorgen die Abrissarbeiten der Gusswerke begonnen, nachdem nach der 2019 eröffneten Insolvenz kein neuer Arbeitgeber für die einst 400 Beschäftigten gefunden worden war. Damit ging eine 130-jährige Firmengeschichte zu Ende.