Sport
Merken

Bundestrainerin spricht über Turnaffäre

Erstmals meldet sich die deutsche Cheftrainerin in der Chemnitzer Turnaffäre zu Wort und spricht von Generalverdacht. Eigene Fehler schließt sie nicht aus.

 2 Min.
Teilen
Folgen
Bei der WM 2014 turnt Lisa Katharina Hill am Sprung, beobachtet von Bundestrainerin Ulla Koch (links) und ihrer Chemnitzer Kollegin Gabriele Frehse.
Bei der WM 2014 turnt Lisa Katharina Hill am Sprung, beobachtet von Bundestrainerin Ulla Koch (links) und ihrer Chemnitzer Kollegin Gabriele Frehse. © Archiv: dpa picture alliance

Chemnitz. Ulla Koch, Teamchefin der deutschen Kunstturnerinnen, hat erstmals zur Affäre um die Chemnitzer Trainerin Gabriele Frehse Stellung genommen. "Diese Vorfälle belasten die anderen Trainer. Der Generalverdacht ist schlimm, die Verallgemeinerung trifft uns hart", sagte die 65-Jährige.

Die ehemalige Schwebebalken-Weltmeisterin Pauline Schäfer und weitere Athletinnen werfen Frehse unter anderem Beschimpfungen und die Verabreichung von Medikamenten ohne ärztliche Absprache vor. Der Deutsche Turner-Bund (DTB) fordert daher vom Olympiastützpunkt Chemnitz die Entlassung der derzeit beurlaubten Trainerin und will seine Kaderathletinnen nicht mehr von der 60-Jährigen betreuen lassen. Koch, seit 2005 DTB-Cheftrainerin, schließt eigene Fehler nicht vollständig aus: "Ich bin bereit, mich Kritik zu stellen. Aber ich denke, wir haben in der Nationalmannschaft immer eine gute Kultur gelebt."

Erst vor einer Woche erneuerte indes Lisa Katharina Hill, die im Alter von 13 Jahren von Hannover nach Chemnitz wechselte, die Vorwürfe - auch in Richtung Nationalmannschaft. In der NDR-Sendung Sportclub berichtet die mittlerweile 28-Jährige von grenzüberschreitenden Praktiken, die es demnach nicht nur in Chemnitz gegeben habe. "Dann wurde im Spagat am Schritt mit dem Maßband angesetzt und der Abstand zum Boden gemessen", sagte Hill.

Sie betonte, dass man die Beweglichkeit auch anders hätte messen können. Hill: "Oder wir saßen mit dem Rücken zur Wand, haben die Arme an die Wand nehmen müssen und dann die Beine so weit spreizen, wie es geht." Und das alles im Turnanzug, der im Prinzip wie ein Badeanzug sei. "Dass sich anscheinend kein Trainer in der Nationalmannschaft überlegt hat, ob das vielleicht beschämend ist, wenn man dort am Schritt anfasst oder die Beine so weit spreizt, wie man kann, und jeder dabei zusehen kann", mache sie im Nachhinein vor allem wütend.

Mit den Vorfällen in Chemnitz wird sich der Sportausschuss des Deutschen Bundestages am 5. Mai in Berlin erneut beschäftigen. Dann ist eine öffentliche Anhörung zum Thema "Physische, psychische oder sexualisierte Gewalt gegen Sportlerinnen und Sportler" geplant.