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Chinesischer Granit für die Grüne Straße?

Kamenzer verstehen nicht, warum nicht mit einheimischen Werkstoffen gebaut wird.

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© René Plaul

Von Ina Förster

Kamenz. Da waren sie wieder – die gleichen Probleme, die Kamenzer Bürger bereits vor sieben Jahren mannigfaltig beim Bau des Schulplatzes hatten. Chinesischer Granit wurde damals vor Ort verbaut. Und polnischer. „Muss so etwas denn sein? Und darf so etwas sein“, fragten sich damals nicht wenige. Denn die Stadt am Stein liegt nicht nur auf einem riesigen Grauwackefelsen, sondern hat auch reichlich Lausitzer Granit in der Umgebung zu bieten. Trägt man hier Eulen nach Athen?

Das findet zumindest ganz aktuell Familie Schneider aus Kamenz und machte ihren Unmut Luft. Den Lesern fiel auf ihren regelmäßigen Touren durch die Stadt auf, dass die Grüne Straße derzeit mit chinesischem Granit gepflastert wird. Zumindest der Mittelstreifen. Am Rand wird erfreulicherweise der alte Bestand verarbeitet. „Warum also muss man Granitpflaster aus China exportieren, um eine Kamenzer Straße zu pflastern?“, fragt Familie Schneider. Nachhaltigkeit sähe anders aus. Man könne sich auch nicht vorstellen, dass das Material viel günstiger zu haben sei, wenn man es aus Xiamen in China anliefern lassen muss. Die entsprechenden Paletten mit entsprechenden Ausführungen und dem Herkunftsort sind derzeit noch auf dem Saumarkt geparkt. Weiß die Stadt vorher, was für Material verwendet wird? Ist das überhaupt relevant bei der Ausschreibung? Und ist der Granit, der von soweit her angeliefert wird, wirklich preiswerter? Fragen über Fragen, auf welche die Stadtverwaltung nun reagierte: „Zunächst möchten wir voranschicken, dass sich die Stadt Kamenz stets nach Kräften bemüht, auch die einheimische Wirtschaft durch Aufträge zu fördern“, sagt Rathaussprecher Thomas Käppler auf Nachfrage. „Was nun die Verwendung von chinesischem Granitmaterial betrifft, so ist die Stadt bei der Angebotseinholung an eine produktneutrale Beschreibung des erforderlichen Materials gebunden. Werden die damit verbunden physikalischen Eigenschaften eingehalten, ist das wirtschaftlichste Angebot zu nehmen.“ Es scheint also vorher nicht ersichtlich, woher das Material später geliefert wird.

Dies sehen im Übrigen auch die Bestimmungen des Fördermittelgebers vor, an die sich die Stadt halten muss. Tut sie es nicht, riskiert sie möglicherweise die Rückgabe von Fördermitteln, was nicht im Sinne einer sparsamen Finanzverwendung sein kann, heißt es. „Wir sehen den Umstand zwar ebenfalls kritisch, können aber angesichts der gegenwärtigen Bestimmungen nicht anders handeln. Trotz dieses Wermutstropfens freuen wir uns, dass das Gesamtbauvorhaben Wallstraße/Grüne Straße nun bald seinen Abschluss findet und insbesondere die Grüne Straße mit einer neuen und angemessenen Gestaltung aufwartet“, so Thomas Käppler.

Die bausausführende Firma HEF Flottmann Tiefbau GmbH & Co. KG kommt übrigens aus Wachau. Wenigstens damit bleibt das Geld in der Region. Einheimische Produzenten können leider in der Realität nicht mit den Preisen aus China mithalten. Unter welchen Bedingungen der Naturstein mitunter abgebaut wird, ist allerdings auch hinlänglich aus Fernsehreportagen und Medienberichten bekannt. In China gibt es nicht nur keine vergleichbaren Umweltvorschriften wie in Deutschland, dort herrschen auch zum Teil menschunwürdige Arbeitsbedingungen. Vielleicht könnte Kamenz künftig diese Überlegungen in Ausschreibungsanforderungen hineinpacken. Damit wäre man zumindest Vorbild.