Pirna
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Clowns am Höllenhund

Beim Klettern geht’s um Kraft, Können und das Naturerlebnis. Einer kleinen Gaudi sind Bergsteiger aber nicht abgeneigt.

Von Mike Jäger
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Zwei Clowns haben’s drauf: Silas Flöter (vorn) und André Lüdtke durchsteigen am Höllenhund eine der höchsten Wände des Elbsandsteingebirges.
Zwei Clowns haben’s drauf: Silas Flöter (vorn) und André Lüdtke durchsteigen am Höllenhund eine der höchsten Wände des Elbsandsteingebirges. © Mike Jäger

Im Rathener Klettergebiet bleibt ein Wanderer fassungslos unterm Gipfel Höllenhund stehen. Wegen seiner drei Gipfelköpfe hatte Erstbesteiger Rudolf Fehrmann den Felsen 1905 nach dem dreiköpfigen Höllenhund Zerberus aus der griechischen Mythologie benannt. Doch mehr als von der majestätisch aufragenden 80 Meter hohen Talseite des Kletterfelsens ist der Wandersmann verblüfft von zwei jungen Burschen, die sich für einen Aufstieg auf den Turm bereitmachen. Seile, Schlingen und Kletterkarabiner liegen bereit – sowie Clownskostüme mit zwei grellfarbigen Perücken in Lila und Rot.

„Ist Fasching?“, fragt der Wanderer. Nein, weder Fasching, noch der 11.11., und auch keine Zirkusvorstellung. Die Kletterer Silas Flöter und André Lüdtke kostümieren sich für eine Art Wetteinlösung. Bei manchen Bergsteigergruppen ist es Brauch, untereinander sogenannte Zettelwege festzulegen. Die Kletterfreunde bestimmen Routen, die einerseits Empfehlungen sind, aufgrund ihrer Schönheit und guten Sicherungen, andererseits aber trotzdem fordernd. Die Wege sollen für den Kletterer Ansporn und Motivation sein, sich übers Jahr zu steigern und sich an schwierigere Anstiege zu wagen. Wer es nicht schafft, die Wege auf der Liste zu durchsteigen, muss später eine Art Strafe ableisten.

Die Kletterfreunde, zu denen Silas und André gehören, legten fest, dass im Kostüm an den Felsen direkt an der Basteibrücke geklettert werden sollte, womit der verkleidete Kletterer dem Gespött und den Kommentaren der vielen Touristen dort ausgesetzt wäre – eine wahre Strafe, die so gar nicht nach dem Geschmack der meisten Bergsteiger ist, die eher Ruhe und Beschaulichkeit schätzen. In seinem Kletterführer aus dem Jahre 1908 beschrieb schon Rudolf Fehrmann das Klettern am Basteiweg als lästig.

Silas Flöter hat seine sechs geforderten Kletterwege für diese Saison so gut wie in der Tasche. Also kommt er um das Klettern an der Bastei herum. André Lüdtke hatte den Gedanken, trotzdem als Clowns verkleidet klettern zu gehen, auf den Höllenhundgipfel. „Die Gaudi wollten wir machen“, beschreibt er die skurrile Situation. Die beiden geübten Kletterer haben die „Violette Verschneidung“ am Höllenhund gewählt – ein Weg mit dem Schwierigkeitsgrad VIIIa.

Mit lachendem Gesicht, typisch für einen Clown, steigt Silas die Verschneidung empor, die wegen ihrer violetten Felsfärbung ihren Namen bekam. André sichert seinen Freund. Gemeinsam steigen sie zum Gipfel. Es ist eine herrliche Kletterei durch die atemberaubend hohe Sandsteinwand, die den Kletterern große Freude bereitet.