Wieder Kamerateam angegriffen

Berlin. Wieder ist in Berlin ein Kamerateam bei Dreharbeiten über eine Demonstration angegriffen worden. Zu dem Vorfall kam es am Mittwochabend vor dem Reichstagsgebäude. Dort hatten sich nach einem Aufruf in sozialen Netzwerken nach Polizeiangaben bis zu 400 Demonstranten zusammengefunden, die gegen vermeintliche Grundrechtseinschränkungen während der Pandemie protestierten. Das Kamerateam der ARD blieb unverletzt. Journalistenvereinigungen forderten juristische Konsequenzen für die Täter.
Die Polizei löste die Demonstration wegen des Verstoßes gegen die derzeit gültigen Corona-Beschränkungen auf. Ein 46-Jähriger Tatverdächtiger wurde zur erkennungsdienstlichen Behandlung vorübergehend festgenommen. Gegen ihn laufen Ermittlungen wegen möglicher Körperverletzung.
Bereits am 1. Mai war in Berlin ein Team der ZDF-"heute-show" von einer Gruppe angegriffen worden, mehrere Menschen wurden im Krankenhaus behandelt. Ebenfalls am 1. Mai soll ein Berliner Polizist bei Dreharbeiten in Kreuzberg einer Kamera-Assistentin mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Die 22-Jährige wurde dabei verletzt. Auch in diesen beiden Fällen laufen die Ermittlungen noch.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte nach der erneuten Attacke auf ein Kamerateam juristische Konsequenzen. "Jedem muss klar sein, dass Gewalt gegen Journalisten kein Kavaliersdelikt ist, sondern ein Frontalangriff auf die Pressefreiheit", sagte DJV-Pressesprecher Hendrik Zörner dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Drei gewalttätige Übergriffe auf Journalisten in Berlin in nur einer Woche - eine unfassbare Bilanz." Es sei gut, dass die Polizei den Angreifer vor dem Reichstag sofort festgenommen habe. "Alle Täter müssen juristisch zur Verantwortung gezogen werden", erklärte Zörner.
Als "unerträglich" bezeichnete Renate Gensch, Landesvorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in Berlin-Brandenburg, die Attacke auf das ARD-Team. "Körperliche Gewalt und Bedrohungen gegen Journalisten dürfen wir nicht hinnehmen." Glücklicherweise sei bei dem erneuten Angriff niemand verletzt und der Angreifer sofort von Polizisten festgenommen worden. "Medienvertreter sind kein Freiwild", unterstrich Gensch: "Sie stehen für die Presse- und Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik, also auch für die Grundrechte, für die diese Demonstranten vermeintlich protestieren."
Gensch sprach von einem Flashmob vorwiegend rechter Gruppierungen. Vor dem Angriff habe es "Lügenpresse"-Rufe aus der Menge gegeben. Der Tatverdächtige soll laut Polizei versucht haben, den 51-jährigen Tonassistenten der ARD zu treten, habe dabei aber offenbar die Mikrofon-Angel getroffen, die in der Folge gegen den Kopf des 56 Jahre alten Kameramannes schlug. Insgesamt nahm die Polizei von 24 Demonstranten Personalien auf und leitete wegen verschiedener Delikte Ordnungswidrigkeiten- sowie Strafverfahren ein.
ARD-Chefredakteur Rainald Becker schrieb auf Twitter: "Wer Journalisten angreift und an ihrer Arbeit hindert, greift die Demokratie an." Die ARD-Korrespondentin Tina Hassel twitterte: "Unserem Team geht es zum Glück gut, aber solche Angriffe gegen die #Presse sind widerlich!" (dpa)